Geschichte
Ekphrasis im Mittelalter
Forschungstendenzen - Grundfunktionen - Beispiele - Besonderheiten - Vorkommen - Verhältnis zur Antike - Textfunktionen - Textauszüge
Forschungstendenzen
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Suche nach "Vor-Bildern im Bereich der bildenden Künste" (S. 3): Ekphrasen als Hinweis auf verlorne Kunstwerke der Antike.
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Ekphrasis als Beschreibung von imaginären Kunstwerken, zu denen sie in Konkurrenz treten.
Grundfunktionen der Ekphrasis
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Rhetorische Funktion: Interpolation in die Erzählung, die die Spannung zu erhöhen mag;
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Intermedialität: Ekphrasen sind Stellungnahmen im Paragone, im Streit der Künste, die auf die Verschmelzung von Bild und Text oder auf die Überlegenheit des Sprachlichen gegenüber dem Bildlichen zielen
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Narratologie: Ekphrasen spiegeln den Erzählgang
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Repräsentationstheorie: Mimesis in zweiter Instanz
Antike
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Die Eikones des älteren Philostrat
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Der Schild des Achill aus der Ilias Homers; erwähnt auch in Ovids Metamorphosen. Mittelalterliche Versionen: Göttweiger Trojanerkrieg (1280) (19971 ff.) und in Konrad von Würzburgs Trojanerkrieg, dort aber als Schild des Patroclus (1281-1287) (30889), Albrecht von Halberstadt: Übersetzung der Metamorphosen (1210-1217), Jörg Wickram: Übertragung der mittelhochdeutschen Metamorphosen-Übersetzung Albrecht von Halberstadts (1545) (XIII, 165)
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Sechs Ekphrasen aus der Aeneis Vergils (besonders: Mauern des Juno-Tempels, Schild des Aeneas): 1. der Trojanerkrieg auf den Mauern des karthagischen Junotempels (I, 453 ff.), 2. das Gewand des Aeneas mit einer Darstellung der Ganymedsage (V, 250 ff.), 3. der Apollo-Tempel des Dädalus mit Darstellungen aus der kretischen Sage (VI, 20 ff.), 4. der Schild des Turnus mit Darstellungen aus dem Geschlecht der Io (VII, 798 ff.), 5. der Schild des Aeneas mit der zukünftigen Geschichte Roms (VIII, 626) und 6. der Schwertgürtel des Aeneas mit weinem Freiermord (X, 497).
Mittelalter
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Bei Ulrich von Eschenbach malt Alexander seine Taten an die Wand (24299), als ihn die Königin Roxane um Auskunft von seinen Erlebnissen bittet.
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Der Helm des heidnischen Riesen Mentwin aus dem Orendel und sein Schild (1195); trotz des wie der kuntsvolle Jäger der Kandacis durch Blasebälge betriebene Helmzier, eine goldene Linde darstellend, unterliegt er dem Grauen Rock, der durch die Spuren der Marter gezeichnet ist.
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Das Waffenkleid des Zwerges Walberan im Laurin, das durch eine Kosmosdarstellung veredelt ist (770 ff.): seine Rüstung trägt leuchtende Edelsteine
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Der Krönungsmantel Erecs aus dem Erec Chrétien de Troyes` und die Kosmosdecke des Pferds der Enite aus Hartmann von Aues Erec (1185) (7462-7757).
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Die Grabmalbeschreibungen in den Eneasromanen (Camille, Pallas)
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Meier Helmbrechts ritterliche Ausrüstung und Haube
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Pleiers Meleranz: das Troja-Bett der Tydomie ( 428 ff.)
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Der Gralstempel im Jüngeren Titurel (339 ff.)
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Die goldene Schüssel der Amurfina in Heinrich von dem Türlins Crône (8853 ff.), auf der sich Gawein selbst verewigt sieht
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Der Minnewagen in Johann von Konstanz' Minnelehre, der den Erzähler selbst zeigt
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Die Elfenbeintafel des Gregorius im Gregorius Hartmanns von Aue, die dem ausgesetzten Titelhelden eine Herkunft verleiht.
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Der von Vulcan gefertigte Trojapokal in Konrad Flecks Flore und Blanscheflur (1563 ff.), das Scheingrab der Blanscheflur, Kinderstandbilder und Wunderapparat
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Die Wandbilder, mit denen Lancelot im Prosa-Lancelot (II, 478 ff.) seine Gefägniszelle ausmalt
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Der Helm Wilhelm von Österreichs mit einer Cupdo-Darstellung (3948 ff.)
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Das Schwert Beowulfs mit einem Namenszug und kosmologischen Andeutungen (1688)
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Die Säule des Neptanabus aus schwarzem Marmor, vor der sich Alexander im Großen Alexander verneigt.
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Die umgestürzte Säule des Xerxes, die Darios im Wernigeroder Alexander seine Niederlage ansagt.
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Die Säulen des Herakles, eine silberne und eine goldene, je zwölf Ellen hoch, die im Wernigeroder Alexander (3905) den Makedonen darüber staunen lassen, dass noch ein Grieche so weit kam wie er. Zwei goldene Säulen findet Alexander bei Ulrich von Eschenbach (21733); sie sind mit Münzen gefüllt.
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Die goldene Säule, auf der Alexander sich im Wernigeroder Alexander von Dindimus und seinen Brangamani dreisprachig (griechisch, lateinisch, indisch) verewigt sehen will (4441)., zwei solcher Säulen erwähnt Ulrich von Etzenbach (23579) knapp vor den Vorausdeutungen auf Alexanders Tod (Traum von der eigenen Ermordung, Geburt des monströsen Kindes in Babylon).
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Die vier Erinnerungssäulen, auf denen Alexander im Wernigeroder Alexander kurz vor seiner Umkehr seine Taten in erhabenen Lettern anbringen lässt (4857).
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Der Palast in Yndia, den der Erzähler des Wernigeroder Alexanders nicht beschreiben mag (3309).
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Im Wernigeroder Alexander lässt Königin Candacis Alexander von einem Maler abbilden und findet an dem Bild so sehr Gefallen, worauf sie den Feldherrn hereinbittet (4957).
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Der Palast der Candacis im Wernigeroder Alexander (5191 ff.), schön und hell vom Licht von Smaragd, Saphir und Diamant, Rubin und Amethyst; an jedem Eck des Betts ist ein vorzüglich gefertigter Elefant angebracht.
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Die Höhle des hundertäugigen Gottes, hell wie das Firmament, die Alexander im Wernigeroder Alexander antrifft - der Gott, Sinthys heißt er, verübelt dem Makedonen, dass er ihm in Alexandria keinen Tempel errichtet hat (5388).
Besonderheiten in mittelalterlichen Ekphrasis-Auffassungen
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Bild-Text-Dichotomie lässt nicht aufrecht halten, weil Bilder im Mittelalter als Zeitformen konzipiert seien
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schrîben und mâlen sind noch nicht kategorial geschieden (S. 17); Begriffe lesen, schrîben und mâlen sind gelegentlich mehrdeutig
Vorkommen von Ekphrasen
Beschreibungen von Gebäuden
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Tempel
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Burgen, insbesondere der Palas. Dazu zählt etwa der Palast, den Alexander im Wernigeroder Alexander erblickt. Von einem Berg aufragend besteht er aus lauterem Gold, fünfhundert Stufen aus reinem Saphir führen hinauf. Der Palast hat zwölf Türen aus Gold und Edelsteinen sowie siebzig Fenster. Der Weingarten bietet Trauben aus Edelstein (4267 ff.).
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Grabmäler, um so eigenartiger, da aus der relevanten Zeit keine allzu pompösen Gräber überliefert sind
Beschreibungen von Gegenständen
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Waffen, davon vor allem Schilde, Sättel, Helme – also heraldisch relevante Objekte, Schmuck
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Automaten
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Tafel- und Wandbilder, Skulpturen und skulpturale Reliefs
Verhältnis der mittelalterlichen zur antiken Ekphrasis
Gegensätze zur antiken Ekphrasis
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Im Gegensatz zum antiken Epos sind es insbesondere die (oft heidnischen) Gegner der Protagonisten, deren Rüstung, Bauten und Gräber besonders eindringlich beschrieben werden!
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Aufteilung und Ordnung sind wichtiger als Bildhaftigkeit!
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Bei Waffen und Rüstungen: heraldische Funktion!
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Qualitäten der Materialien werden eigens herausgestellt: Glanz, Heilkraft"¦
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Weniger erzählend als darstellend, eher Momentaufnahme als Schaffensbericht
Parallelen zur antiken Ekphrasis
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Keine explizite Wiederaufnahme des beschriebenen Gegenstands, Beschreibung bleibt einmalig
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Vergleichbarkeit hinsichtlich der beschriebenen Gegenstände (Grabmäler, Waffen, Rüstungen)
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Ekphrasis übersteigt die Grenzen des praktisch Sinnvollen (Schild des Achill), zielt in einen Bereich jenseits der Praxis
Denkbare Funktionen
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"Aufrüsten" einer Figur über die bloße Panzerung hinaus mit magischen Bildern, insbesondere bei Heiden?
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Blasonieren, Angaben zu Herkunft, Rang und weiterem Schicksal der Figuren und Gegenstände?
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Allusion: Anspielung auf Adressaten, Stifter oder potentielle Abnehmer einer Handschrift?
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Vorwegnahme von künftigem Geschehen, Einholen von Geschehenem, Spiegelung der Gesamtstruktur?
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Gedächtnisstütze?
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Bau- und Bastelanleitung? Literarisches Vor-Bild für Bild-Werke?
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Rhetorische Kunstübung, Beleg für dichterische Kunstfertigkeit?
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Dehnung des Erzählumfangs?
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Atempause für den Zuhörer?
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Ekphrasis als sprachliches Eingangsbild zur Orientierung des Lesers?
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Memorialbilder, die den Vortragenden und den Hörenden gleichermaßen über den Fortgang der Handlung unterrichten?
Textauszüge
Navigatio Sancti Brendani Abbatis (11. Jh.): Umfassungsmauer der Insel der Seligen
Homer: Ilias (8. Jh. v. u. Z.), XVIII. Gesang: Schild des Achill (478-605)
Italicus: Homerus latinus (65 n. u. Z.): Schild des Achill (XVIII, 854)
Publius Ovidius Naso: Metamorphoseion livri XV (1. n. u. Z.): Schild des Achill (III, 291-294)
Konrad von Würzburg: Der Trojanerkrieg (1281-1287): Schild des Patroclus (30889-20916)
Hartmann von Aue, Erec (1185): Sattel und Pferdecke der Enite (7462-7757)
Pfaffe Lamprecht: Alexanderlied (Straßburger Alexander, 1170): Palast der Candacis (5883-5923)
Pfaffe Lamprecht: Alexanderlied (Straßburger Alexander, 1170): Kronleuchter der Candacis (5973-5996)
Pfaffe Lamprecht: Alexanderlied (Straßburger Alexander, 1170): Wunderautomat der Candacis (6001-6029)
Pfaffe Lamprecht: Alexanderlied (Straßburger Alexander, 1170): zweite und dritte Kammer der Candacis (6079-6113)
Pfaffe Lamprecht: Alexanderlied (Straßburger Alexander, 1170): Wandteppich der Candacis (5939-5968)
Rudolf von Ems: Der Große Alexander (13. Jh.): Zelt des Darios (5361-5382)
Rudolf von Ems: Der Große Alexander (13. Jh.): Streitwagen des Darios (5442-5486)
Rudolf von Ems: Der Große Alexander (13. Jh.): Das Grab des Ninus (13189-13206)
Ulrich von Eschenbach: Alexander (13. Jh.): Schild des Darios (7006-7798)
Ulrich von Eschenbach: Alexander (13. Jh.): Tempel des Âmon (9858-9870)
Ulrich von Eschenbach: Alexander (13. Jh.): Grabmal und Sarkophag der persischen Königin (11821-11952)
Ulrich von Eschenbach: Alexander (13. Jh.): Grabmal und Sarkophag des Darios (16923-17066)
Ulrich von Eschenbach: Alexander (13. Jh.): Grabmal und Sarkophag des Ninus (21165-21177) Ulrich von Eschenbach: Alexander (13. Jh.): Das Sonnenhaus (2264-22672)
Ulrich von Eschenbach: Alexander (13. Jh.): Die prophetischen Standbilder (25234-25256)
Heinrich von Veldeke: Eneasroman (1280): Bett und Gemach des Eneas bei Dido (1262-1292)
Heinrich von Veldeke: Eneasroman (1280): Vulkansrüstung des Eneas (5671-5799)
Konrad von Würzburg: Trojanerkrieg (1281-1287): Wiederaufbau Trojas (17341-17695)
Konrad von Würzburg: Trojanerkrieg (1281-1287): Der Zauberring der Discordia (1302-1313)
Konrad von Würzburg: Trojanerkrieg (1281-1287): Der Apfel der Discordia (1390-1485)
Navigatio Sancti Brendani Abbatis (11. Jh.): Umfassungsmauer der Insel der Seligen
Es war heller und weißer als Schnee und diente als Zeugnis jenes Architekten, der alles aus dem Nichts geschaffen hat. Sie war nicht durch Plastiken verschönert, aber an allen Seiten mit Edelsteinen besetzt. Chrysolithe, in Gold gefaßt, strahlten mit großem Glanz. Topase und Chrysoprase, Jacinthe und Chalkedone, Smaragd und Sardonyx, Jaspis und Amethyst, Onyx und Kristall mit Beryllen und andere kostbare Steine glänzten überall an der Mauer, als ob die Steine mit großer Kunstfertigkeit dort angebracht worden seien. Die Umfassungsmauer des Paradieses befand sich auf einem hohen berg, dessen Spitze aus Gold und dessen Fuß aus Marmor bestand.
Homer: Ilias (8. Jh. v. u. Z.), XVIII. Gesang, Verse 478-605 (Übersetzung J. H. Voss): Schild des Achill
Erst nun formt' er den Schild, den ungeheuren und starken,
Ganz ausschmückend mit Kunst. Ihn umzog er mit schimmerndem Rande,
Dreifach und blank, und fügte das silberne schöne Gehenk an.
Aus fünf Schichten gedrängt war der Schild selbst; oben darauf nun
Bildet' er mancherlei Kunst mit erfindungsreichem Verstande.
Drauf nun schuf er die Erd', und das wogende Meer, und den Himmel,
Auch den vollen Mond, und die rastlos laufende Sonne;
Drauf auch alle Gestirne, die rings den Himmel umleuchten,
Drauf Plejad' und Hyad', und die große Kraft des Orion,
Auch die Bärin, die sonst der Himmelwagen genannt wird,
Welche sich dort umdreht, und stets den Orion bemerket,
Und allein niemals in Okeanos' Bad sich hinabtaucht.
Drauf zwo Städt' auch schuf er der vielfach redenden Menschen,
Blühende: voll war die ein' hochzeitlicher Fest' und Gelage.
Junge Bräut' aus den Kammern, geführt beim Scheine der Fackeln,
Gingen einher durch die Stadt; und hell erhub sich das Brautlied:
Tanzende Jünglinge drehten behende sich unter dem Klange,
Der von Flöten und Harfen ertönete; aber die Weiber
Stauden bewunderungsvoll, vor den Wohnungen jede betrachtend.
Auch war dort auf dem Markte gedrängt des Volkes Versammlung:
Denn zween Männer zankten, und haderten wegen der Sühnung
Um den erschlagenen Mann. Es beteuerte dieser dem Volke,
Alles hab' er bezahlt; ihm leugnete jener die Zahlung.
Jeder drang, den Streit durch des Kundigen Zeugnis zu enden.
Diesem schrien und jenem begünstigend eifrige Helfer;
Doch Herolde bezähmten die Schreienden. Aber die Greise
Saßen umher im heiligen Kreis' auf gehauenen Steinen;
Und in die Hände den Stab dumpfrufender Herolde nehmend,
Stauden sie auf nacheinander, und redeten wechselnd ihr Urteil.
Mitten lagen im Kreis' auch zwei Talente des Goldes,
Dem bestimmt, der vor ihnen das Recht am gradesten spräche.
Jene Stadt umsaßen mit Krieg zwei Heere der Völker,
Leuchtend im Waffenglanz. Die Belagerer droheten zwiefach:
Auszutilgen die Stadt der Verteidiger, oder zu teilen
Alles Gut, das die liebliche Stadt in den Mauern verschlösse.
Jene verwarfen es stolz, zum Hinterhalte sich rüstend.
Ihre Mauer indes bewahreten liebende Weiber,
Und unmündige Kinder, gesellt zu wankenden Greisen.
Jen' enteilten, von Ares geführt und Pallas Athene:
Beide sie waren von Gold, und in goldene Kleider gehüllet,
Beide schön in den Waffen und groß, wie unsterbliche Götter,
Weit umher vorstrahlend; denn kleiner an Wuchs war die Heerschar.
Als sie den Ort nun erreicht, den zum Hinterhalt sie gewählet,
Nahe dem Bach, wo zur Tränke das Vieh von der Weide geführt ward;
Dort nun setzten sich jene, geschirmt mit blendendem Erze.
Abwärts saßen indes zween spähende Wächter des Volkes,
Harrend, wann sie erblickten die Schaf' und gehörneten Rinder.
Bald erschienen die Herden, von zween Feldhirten begleitet,
Welche, den Trug nicht ahndend, mit Flötenklang sich ergötzten.
Schnell auf die Kommenden stürzt' aus dem Hinterhalte die Heerschar,
Raubt' und trieb die Herden hinweg, der gehörneten Rinder
Und weißwolligen Schaf', und erschlug die begleitenden Hirten.
Jene, sobald sie vernahmen das laute Getös' um die Rinder,
Welche die heiligen Tore belagerten; schnell auf die Wagen
Sprangen sie, stürmten in fliegendem Lauf, und erreichten sie plötzlich.
Alle gestellt nun schlugen sie Schlacht um die Ufer des Baches,
Und hin flogen und her die ehernen Kriegeslanzen.
Zwietracht tobt' und Tumult ringsum, und des Jammergeschicks Ker,
Die dort lebend erhielt den Verwundeten, jenen vor Wunden
Sicherte, jenen entseelt durch die Schlacht hinzog an den Füßen;
Und ihr Gewand um die Schulter war rot vom Blute der Männer.
Gleich wie lebende Menschen durchschalteten diese die Feldschlacht,
Und entzogen einander die Leichname toter Helden.
Weiter schuf er darauf ein Brachfeld, locker und fruchtbar,
Breit, zum Dritten gepflügt; und viel der ackernden Männer
Trieben die Joch' umher, und lenketen hiehin und dorthin.
Aber so oft sie kehrend des Ackers Ende gewannen,
Reicht' ein Mann den Becher des herzerfreuenden Weines
Jeglichem dar nach der Ordnung; sie wandten sich dann zu den Furchen,
Freudiges Muts, das Ende der tiefen Flur zu erreichen.
Aber es dunkelte hinten das Land, und geackertem ähnlich
Schien es, obgleich von Gold: so wunderbar hatt' er's bereitet.
Darauf auch schuf er ein Feld tiefwallender Saat, wo die Schnitter
Mäheten, jeder die Hand mit schneidender Sichel bewaffnet.
Längs dem Schwad' hinsanken die häufigen Griffe zur Erde;
Andere banden die Binder mit strohernen Seilen in Garben;
Denn drei Garbenbinder verfolgeten. Hinter den Mähern
Sammelten Knaben die Griff'; und trugen sie unter den Armen
Rastlos jener daher. Der Herr stillschweigend bei ihnen
Stand, den Stab in den Händen, am Schwad', und freute sich herzlich.
Abwärts unter der Eiche bereiteten Diener die Mahlzeit,
Rasch um den großen Stier, den sie schlachteten; Weiber indessen
Streueten weißes Mehl zum labenden Mus für die Ernter.
Drauf auch ein Rebengefilde, von schwellendem Weine belastet,
Bildet' er schön aus Gold; doch schwärzlich glänzten die Trauben;
Und es standen die Pfähle gereiht ans lauterem Silber.
Rings dann zog er den Graben von dunkeler Bläue des Stahles,
Samt dem Gehege von Zinn. Ein Pfand nur führte zum Rebhain,
Für die Träger zu gehn, in der Zeit der fröhlichen Lese.
Jünglinge nun, aufjauchzend vor Lust, und rosige Jungfrauen
Trugen die süße Frucht in schöngeflochtenen Körben.
Mitten auch ging ein Knab' in der Schar; aus klingender Leier
Lockt' er gefällige Tön', und sang den Reigen von Linos
Mit hellgellender Stimm'; und ringsum tanzten die andern,
Froh mit Gesang und Jauchzen und hüpfendem Sprung ihn begleitend.
Eine Herd' auch schuf er darauf hochhauptiger Rinder;
Einige waren aus Golde geformt, ans Zinne die andern.
Laut mit Gebrüll vom Hof' enteilten sie dort auf die Weide,
Längs dem rauschenden Fluß, der hinabschoß, wankend von Schilfrohr.
Aber goldene Hirten begleiteten emsig die Rinder,
Vier an der Zahl, auch folgeten neun schnellfüßige Hunde.
Zween entsetzliche Löwen, gestürzt in die vordersten Rinder,
Faßten den dumpf aufbrummenden Stier; und mit lautem Gebrüll nun
Ward er geschleift; doch Hund' und Jünglinge folgten ihm schleunig.
Jene, nachdem sie zerrissen die Haut des gewaltigen Stieres,
Schlürften die Eingeweid' und das schwarze Blut; und vergebens
Scheuchten die Hirten daher, die hurtigen Hund' anhetzend.
Sie dort zuckten zurück, mit Gebiß zu fassen die Löwen,
Standen genaht, und bellten sie an, doch immer vermeidend.
Eine Trift auch erschuf der hinkende Feuerbeherrscher,
Im anmutigen Tal, durchschwärmt von silbernen Schafen,
Hirtengeheg' und Hütten zugleich, und schirmende Ställe.
Einen Reigen auch schlang der hinkende Feuerbeherrscher,
Jenem gleich, wie vordem in der weitbewohnten Knossos
Dädalos künstlich ersann der lockigen Ariadne.
Blühende Jünglinge dort und vielgefeierte Jungfraun
Tanzten den Ringeltanz, an der Hand einander sich haltend.
Schöne Gewand' umschlossen die Jünglinge, hell wie des Öles
Sanfter Glanz, und die Mädchen verhüllete zarte Leinwand.
Jegliche Tänzerin schmückt' ein lieblicher Kranz, und den Tänzern
Hingen goldene Dolche zur Seit' an silbernen Riemen.
Kreisend hüpften sie bald mit schöngemessenen Tritten
Leicht herum, so wie oft die befestigte Scheibe der Töpfer
Sitzend mit prüfenden Händen herumdreht, ob sie auch laufe;
Bald dann hüpften sie wieder in Ordnungen gegeneinander.
Zahlreich stand das Gedräng' um den lieblichen Reigen versammelt,
Innig erfreut; und zween nachahmende Tänzer im Kreise
Stimmten an den Gesang, und dreheten sich in der Mitte.
Auch die Gewalt des Stromes Okeanos bildet' er ringsum
Strömend am äußersten Rand des schönvollendeten Schildes.
Italicus: Homerus latinus (65 n. u. Z.): Schild des Achill (XVIII, 854)
Post haec accensus furiis decurrit ad aequor
fortiaque arma Thetin supplex rogat: illa relictis
fluctibus auxilium Vulcani protinus orat.
Excitat Aetnaeos calidis fornacibus ignes
Mulciber et validis fulvum domat ictibus aurum.
Mox effecta refert divinis artibus arma.
Evolat inde Thetis. Quae postquam magnus Achilles
induit, in clipeum vultus convertit atroces.
Illic Ignipotens mundi caelaverat arcem
sideraque et liquidis redimitas undique nymphis
[fecerat et mire liquidas Nereidos arces]
Oceani terras et cinctum Nerea circum
astrorumque vices dimensaque tempora noctis,
quattuor et mundi partes, quantum Arctos ab Austro
et quantum occasus roseo distaret ab ortu,
Lucifer unde suis, unde Hesperus unus uterque
exoreretur equis, et quantus in orbe mearet
Luna cava et nitida lustraret lampade caelum;
addideratque fretis sua numina: Nerea magnum
Oceanumque senem nec eundem Protea semper,
Tritonasque feros et amantem Dorida fluctus;
fecerat et liquidas mira Nereidas arte.
Terra gerit silvas horrendaque monstra ferarum
fluminaque et montes cumque altis oppida muris,
in quibus exercent leges annosaque iura
certantes populi; sedet illic aequus utrisque
iudex et litem discernit fronte serena.
Parte alia castae resonant Paeana puellae
dantque choros molles et tympana dextera pulsat;
ille lyrae graciles extenso pollice chordas
percurrit septemque modos modulatur avenis:
carmina componunt mundi resonantia motum.
Rura colunt alii, sulcant gravia arva iuvenci
maturasque metit robustus messor aristas
et gaudet pressis immundus vinitor uvis;
tondent prata greges, pendent in rupe capellae.
Haec inter mediis stabat Mars aureus armis,
quem diva poesis reliquae circaque sedebant
anguineis maestae Clotho Lachesisque quasillis
Publius Ovidius Naso: Metamorphoseion livri XV (1. n. u. Z.): Schild des Achill (III, 291-294)
neque enim clipei caelamina novit,
Oceanum et terras cumque alto sidera caelo
Pleiadasque Hyadasque inmunemque aequoris Arcton
diversosque orbes nitidumque Orionis ensem.
Konrad von Würzburg: Der Trojanerkrieg (1281-1287): Schild des Patroclus (30889-20916)
er hete für die linken brust
gedrücket einen tiuren schilt,
der was sô rîch, daz mich bevilt
der koste sîn betalle.
gevar als ein kristalle
was dar ûfe ein rîchez tach,
dur daz man einen grîfen sach
dâ glesten unde schînen,
der kunde ein ouge pînen,
swenn er im sînen glast gebôt.
er was mit trackenbluote rôt
gemâlet ûf des schiltes brete.
dur sînes werden herren bete,
der sîn mit hôhem flîze phlac,
der grîfe in einem velde lac,
daz was von golde ûz Arâbîn
und gap der heide glanzen schîn
beid offen unde stille.
sîn tach was ein berille
gesliffen alsô dünne gar,
daz der grîfe rôtgevar
dur den lûterbæren stein
sô gar durliuhteclichen schein,
als ob niht taches læge drobe.
der schilt gezieret was ze lobe
an enden unde an orten
und schein mit tiuren borten
in küniclicher wîse
gevazzet wol nâch prîse.
Hartmann von Aue, Erec (1185): Sattel und Pferdecke der Enite (7462-7757)
als uns der meister seite,
ein vrouwen gereite
wart ûf daz phert geleit,
dâ meisterlêcher arbeit
vil werkes ane lac.
"¦
er was von helfenbeine
und von edelem gesteine
joch von dem besten golde
daz ie werden solde
geliutert in dem viure:
valsch was im tiure.
von disen mâterjen drin
sô hâte des meisters sin
geprüevet diz gereite
mit grôzer wêsheite.
er gap dem helfenbeine
und dâ bê dem gesteine
sên gevellige stat,
als in diu gevuoge bat.
er muosete dar under
danne golt besunder,
daz muostez werc zesamene haben.
an disem gereite was ergraben
daz lange liet von troiâ.
zaller vorderst stuont dâ
wie des wart begunnen
daz si was gewunnen
unz daz si wart zestœret:
dâ mite was dâ gehœret.
dâ engegen ergraben was
wie der herre ênêas,
der vil listige man,
über sê vuor von dan,
und wie er ze kartâgô kam,
und wie in in ir genâde nam
diu rêche vrouwe dêdô,
unde wie er si dô
vil ungeselleclêchen liez
und enleiste ir niht des er gehiez:
sus wart diu vrouwe betrogen.
an dem hindern satelbogen
sô was einhalp ergraben
ir vil starkez missehaben
und wie si im boten sande,
swie lützel si ins erwande.
bescheidenlêche stuont hie
swaz er dinges begie
daz sagebære wesen mac
von der zêt unz an den tac
daz er laurente betwanc.
daz wære ze sagenne ze lanc
wie er si in sênen gewalt gewan.
jenhalp stuont dar an
wie er vrouwen lavêniam
zêlêchem wêbe nam,
und wie dâ ze lande was
gewaltic herre ênêas
âne alle missewende
unz an sêns lêbes ende.
dâ mite der satel was bedaht,
daz was ein phelle wol geslaht,
sô er beste wesen solde
von sêden und von golde.
der phelle was ze rehte tief:
vil nâch er zuo der erde swief.
dâ stuonden an besunder
al der werlde wunder
und swaz der himel besliuzet.
ob iuchs niht verdriuzet,
sô wil ich iu ir ein teil sagen
und doch michels mê verdagen.
diu vier elementâ
stuonden schênbære dâ
in ir sundervarwe,
und in iegelêchem garwe
swaz dem undertænic ist:
diz meisterte ouch starker list.
diu erde von den vieren
stuont mit ir tieren,
swaz der dehein man
in sênem muote erkennen kan
an walde oder an gevilde,
zam oder wilde:
dâ stuont diu menschlêch geschaft,
geworht von solher meisterschaft
sam ez wolde sprechen
und bildes reht brechen.
dâ bê daz mer swebete:
dar inne sam er lebete
der visch, bê dem besunder
elliu merwunder
und swaz dâ bûwet smeres grunt.
der tæte mir der namen kunt,
ich wolde si gerne erkennen
und kunnen genennen.
dar zuo suochet iu einen man
der iu si wol genennen kan:
envindet ir des danne niht
(daz ouch vil lêhte geschiht),
sô volget mênem râte
und machet iuch ûf drâte,
vart selbe zuo dem mer:
dâ vindet ir inne des ein her.
gât an daz stat stân
unde bitet si gân
ûz ziu an den sant:
dâ werdent si iu erkant.
enhilfet danne daz niht
(daz aber lêhte geschiht),
sô suochet selbe den grunt:
dâ werdent si iu danne kunt
mit grôzem schaden, mit lützelm vrumen.
nû râte ich mênen vriunden sumen
daz si die niugerne lân
und hie heime bestân.
swes ein man wol al den tac
sô rehte lêhte engelten mac
und nimmer mêr geniezen,
des lât iuch, vriunt, erdriezen.
dâ stuont ouch daz dritte bê.
vrâget ir waz daz sê?
der luft in sêner ahte.
die vogele maneger slahte
swebeten dar inne,
geweben mit solhem sinne,
rehte sam si lebeten
und ûf zen lüften strebeten.
daz viur mit sênen trachen
und mit andern sachen
die des viures müezen leben,
die sach man ouch dar inne sweben.
diu ende ein lêste bevie
diu nider zuo der erde gie:
diu was einer hende breit,
mit edelem gesteine beleit.
daz lachen was doch rêch genuoc
daz jûpiter ze decke truoc
und diu gotinne jûnô,
dô si in ir rêche hô
in dem brûtstuole sâzen:
daz möhte sich gemâzen
disem sateltuoche als vil,
daz ich iu sagen wil,
sam der mâne der sunnen.
ir sult mir des wol gunnen
daz ich iu sage die wârheit.
beide guot und gemeit
wâren die stegereife,
breite goltreife,
gebildet nâch zwein trachen.
si kunde wol gemachen
des goltsmides hant
der sichs ze vlêze underwant.
die zagele si ze munde bugen,
ir vedern stuonden sam si vlugen,
ir ougen wâren steine,
vier jâchande kleine.
wes was dirre deweder,
darmgürtel joch stêcleder?
ir müestetz werc wol besehen
ê ir westet wes ir soldet jehen,
ob ez von golde wære durchslagen
oder mit sêden undertragen.
daz ez borten solden sên,
daz enwürde iu an den bilden schên
oder irn begriffetz mit der hant,
ez wære iu immer unerkant.
die rinken wâren silberên,
dar umbe daz man wêzen schên
vor dem golde sæhe,
veste unde spæhe.
harte guot was daz panel,
niht eines kalbes vel,
der ich doch manegez hân gesehen:
dâ enkunde niemen an erspehen
leder eines nagels breit:
ez was guot und gemeit,
als ez dem satele gezam
und im wol ze mâze kam,
gevüllet prêslêchen wol,
linde sam ein boumwol,
daz ez daz phert niht zebrach.
swaz man sên vor dem satel sach,
daz was gesteppet dicke.
ze guotem aneblicke
was dar an entworfen sus
wie tispê und pêramus,
betwungen von der minne,
behert rehter sinne,
ein riuwic ende nâmen
dô si zem brunnen kâmen.
daz die vasen solden sên,
daz was ein netze guldên,
gebriten von goltdræten
vesten unde stæten,
über die goffen zebreit.
dar umbe wâren geleit
edel steine genuoge,
ziegelêcher vuoge,
dâ sich die maschen strihten,
kriuzewês sich schihten.
an iegelêches knophes stat
was ein rubên ûf gesat
in lâsûrvarwe kasten.
die steine dar ûz glasten
einer hande garwe,
vol liehter varwe.
guot und gevüege
was daz vürbüege,
starc unde vil gemeit,
ein borte zweier vinger breit,
nâch dem zoume vollekomen
dar an daz phert was genomen.
ez wâren verworht dar inne
mit schœnem sinne
die einlif edelen steine:
der zwelfte der was eine
vor in den zoum geleit
in ein schêben, diu was breit,
diu nider vür den zoph gie
und vor dem houbete hie.
der liehte carbunculus,
dâ behielt er sên ambet sus,
wan im daz lieht ist geslaht,
ob im ie ze vinsterre naht
ze rêtenne geschæhe,
daz man dâ von gesæhe.
die einlif wâren hie in geleit,
an daz vürbüege zebreit,
zwischen den gehangen
guote goltklangen:
die hôrte man verre klingen.
von sus getânen dingen
was der satel vollebrâht
und baz dan ichs hân gedâht.
Pfaffe Lamprecht: Alexanderlied (Straßburger Alexander, 1170): Palast der Candacis (5883-5923)
Dô entfienc mih mit minnen
di edele kuninginne
und kuste mich an mînen munt
unde leite mih zestunt
in ein scône palas,
daz von ônichîno geleget was.
Di sûlen wâren reine
von edelem gesteine.
Daz dach daz was guldîn.
Manic wunder stunt dar in.
Di spanbette wâren,
daz sagih û zwâren,
von gelûterten golde,
alsiz di frowe wolde.
Dar ûffe lâgen bettewât
von rôtem golde wol genât.
Di tabele, dâ si zô saz,
sô si geswêslîchen az,
di was von elfenbeine,
gezîret mit gesteine.
Di benche wâren rôt golt.
Noh mêr ir vernemen sult:
der palas was hêre
gezîrt mit manigen êren.
Obene di swibogen
wâren mit golde ubirzogen.
Di manicfalden wunder,
di obene unde under
dar ane stunden irgraben,
di ne mah û nieman gesagen.
Ein wâch ouh dar under flôz,
der was mâzlîchen grôz,
orpimento gelîch,
nâh dem golde verweter sih.
Dâ was michil wunne:
swenne sô di sunne
obene an den palas schein,
sô schein daz golt al ein
und der wâch der under.
Daz dûhte mir grôz wunder,
dô ihz rehte besach.
Pfaffe Lamprecht: Alexanderlied (Straßburger Alexander, 1170): Kronleuchter der Candacis (5973-5996)
Ouh sah ih dâ ze stunden,
daz vor ir tabele stunden
zwei edele kerzestallen
von lûteren cristallen.
Dâ was gesazt inne
manic scône gimme.
Obene stunden ouh dar an,
daz scowete dâ manic man,
zwêne lîhte carbuncel:
di naht ne was nie sô tunkel,
si lûhten sô die sterren
nâh unde verre
und sô daz man in den sal
wol gesach ubir al
in allen enden
alse dâ vackelen brenten.
Sus hêrlîche
was di frowe rîche
allezît berâten.
In ir kemenâte
was gnâde unde heil.
Dâ ne gebrast nehein teil,
des dâ wesen solde
und des man haben wolde.
Pfaffe Lamprecht: Alexanderlied (Straßburger Alexander, 1170): Wunderautomat der Candacis (6001-6029)
[...] mitten in ir palas
ein scône tier geworht was,
daz was alliz golt rôt,
alse siz selbe gebôt.
Daz tier was vil hêrlîch
eineme hirze gelîch.
An sîn houbit vorne
hattiz dûsint horne.
Ûf allir horne gelîch
stunt ein fugil hêrlîch.
ûf dem tiere saz ein man
scône unde wol getân,
der fûrte zwêne hunde
unde ein horn ze sînen munde.
Nidene an dem gewelbe
lâgen viere und zwênzich blâsebelge.
Zaller belge gelîch
gingen zwelif man creftich.
Sô si di belge drungen,
di fugele scône sungen
an deme tiere vorn,
sô blies ouh der man sîn horn,
sô galpeden ouh di hunde.
Ouh lûtte an der stunden
daz hêrlîche tier
mit der stimmen alsein pantier,
dem gêt under stunde
ein âdem ûz dem munde
sûzer den wîrouch.
Pfaffe Lamprecht: Alexanderlied (Straßburger Alexander, 1170): zweite und dritte Kammer der Candacis (6079-6113)
Des nêhisten morgenis frû
di frowe leitte mich dô
in eine andre kemenâten.
Di di geworht hâten,
di wâren listige man.
Dâ stunden rôte steine an,
di lûhten sô di sterren
nâh unde verre.
Des nahtes was dar inne tah
und von lîhte michil gemach.
Dô leitte mih di kuningîn
di dritte kemenâten în.
Di was vil hêrsam.
Mit uns ne ginc nieman,
wan wir einigen zwei.
Von edelen holze aspindei
was daz gewerke.
Daz solt ir rehte merken.
Daz holz daz is tûre,
iz ne mah in den fûre
neheine wîs verbrinnen.
Dô leitte si mih dannen
in eine kemenâten hô,
di was gemachit alsô
von starken balken veinen
grôzen und niwit cleinen,
di meisterde di frowe.
man mohte dar ane scowen
manige list besunder.
Dâ wâren gesazt under
starkir radere viere.
Starker elfentiere
sehs unde drîzich,
daz was vil hêrlîch,
zugen di kemenâten.
Pfaffe Lamprecht: Alexanderlied (Straßburger Alexander, 1170): Wandteppich der Candacis (5939-5968)
Der edelen kuninginnen sal,
der was, alsih û sagen sal,
daz si ze mûse inne ginc,
sô si liebe geste entfienc,
hêrlîch unde reine,
gezîret mit gesteine.
Nidene unde ouh obene
was er wol ze lobene.
Dâ di frowe ze tabelen saz,
alse si tranc unde az,
dâ hinc ein tûre umbehanc,
der was breit unde lanc,
von edelen golde durhslagen.
Mit sîdin wâren dar în getragen
vogele unde tiere
mit manicfalder ziere
unde mit manigerslahte varwe.
Daz merketih alliz garwe.
Man mohte dar an scowen
rîter unde frowen
obene unde nidene
mit wunderlîchen bilide.
zô den enden und an den orten
wâren tûre borten
und elfenbeinîne crapfen,
di hangeten an den ricken.
Alse man zouh den umbehanc,
manic goltschelle dar an irclanc.
Der umbehanc was hêrlîch.
Ime ne wart nie nehein gelîch.
Rudolf von Ems: Der Große Alexander (13. Jh.): Das Täfelchen des Nektanabus (579-620)
Nektanabus ist ein ägyptischer Priester mit magischen Fähigkeiten, der durch die im folgenden beschriebene Tafel die Gunst der Königin von Makedonien erringt und so in Gestalt des Gottes Amon Alexanders natürlicher Vater wird.
dô zôch er ûz dem buosem sîn
ein wol gemachet tevellîn
ze guoter mâze kleine
von wîzem helfenbeine
gar schône gezieret,
daz wol gemûsieret
von silber und von golde was,
dar an er kunstlîche las
wie die sternen umbe gânt
und waz sie natûre hânt
und wie der himel umbe gât
und umbe gândiu zeichen hât.
Sus was diu himelspêre
mit wîslîcher lêre
von meisterlîchen buochstabn
an daz tevellîn ergrabn.
drîe kreize stuonden dran,
dar an vant der wîse man
hôher meisterschaft genuoc.
der êrste zwelf zeichen truoc,
diu die zwelfvelten vernunst
truogen an der selben kunst.
ouch truoc die figûre
der rehten natûre
der lûne und ouch der sunnen gar
der ander kreiz. ouch zeicte dar
der dritte siben sternen
an den man solde lernen
menschlîcher sælde spehe.
die vant man an der sternen jehe
mit wârheit al gemeine,
dâ bî vier edle steine
die der siben sternen kraft
erzeicten und der meisterschaft,
die menschlîcher wîsheit
sint ze huot ûf geleit
und wie ir leben sol ergân
und der lîp ein ende hân.
diu zeichen stuonden dran geschribn,
diu den louf umbe tribn
in den Got elliu leben schreip
und natûrende umbe treip.
Rudolf von Ems: Der Große Alexander (13. Jh.): Der Siegelring König Philipps (952-961)
Den folgenden Ring erblickt Philipp im Traum an der Hand des Gottes Amon, als Nektanabus in Gestalt des Gottes seiner Königin beiwohnt.
in dûhte des wie er sîn wîp
also besigelt hæte
daz si belîben stæte
müeste unz an in eine
mit einem edelen steine,
dâ was des liehten sunnen wagn
ergraben an. ich wil iu sagn
ob ir mirz geloubet,
ein swert, eins löuwen houbet
was ouch an den stein ergrabn.
Rudolf von Ems: Der Große Alexander (13. Jh.): Zelt des Darios (5361-5382)
Geschildert wird das Prachtzelt des Darios im babylonischen Feldlager.
sîn gezelt was rîche
gezieret küneclîche
hôch sinewel als ein toph,
mit einem kristallînen knoph
waz ez bedaht, der muoste sîn
lieht alsam der sunnen schîn.
von manger hande varwe rîch
geparrieret ungelîch
was ez mit vremdeclîchen sitn
rîlîche und wol zersniten
gel grüene rôt wîz als ein swan.
durch süez gedœne hiengen dran
guldîne schellen.
sîne kapellen
hât er dâ bî, diu was vil rîch
an rîcheit dem gezelt gelîch.
von silber drinne ein alter was
dar ob man sanc unde las
ze dieneste gar sînen gotn
als ez was sîner ê gebotn,
des phlâgen sîne wîssagn
die bî im wâren in den tagn.
Rudolf von Ems: Der Große Alexander (13. Jh.): Streitwagen des Darios (5442-5486)
Dargestellt sind der Streitwagen des Darios und die Rüstung des Großkönigs.
Nâch den gienc der herwagn
der den künec solde tragn -
daz gatr und daz gestelle was
silber wîz lieht als ein glas -
dâ der künec inne reit
mit überwegender rîcheit
ûf plûmîten sîdîn.
zwên apgote gar guldîn,
diu wâren al gemeine
von edelem gesteine
meisterlîche wol durchleit
diu stuonden - als diu schrift uns seit -
enbor ietwederhalben sîn.
diu gâben alsô liehten schîn,
man wânde daz sie lebten.
dar obe schône swebten
zwên arn grôz von golde
der ietweder solde
dem künge schaten machen.
mit rîlîchen sachen
spien ein phelle schône drobe.
gestalt nâch keiserlîchem lobe
was des küneges gewant
in solher rîcheit erkant
daz niemen bezzers mê gewan.
er truoc einen mantel an,
der was ein edel baldekîn,
rîche vogele guldîn
wâren schône drûf genât
und vil dicke zersât.
der roc von phelle was gesnitn
dâ wârn die næt an gemitn:
ez wâren kleiniu heftelîn
diz muosten edele steine sîn.
von berlîn rîlîch undertragn
von golde wæhe gar durchslagn
was sîn gürtel den er truoc
und bezzer denne guot genuoc.
er truoc ûf ein hüetelîn
daz was allez gimmîn,
ein blâwe lîste ez umbevie
diu wol gesteinet drumbe gie.
nû gâben alsô liehten schîn
krône vürspan vingerlîn
daz ich sîn niht prüeven wil,
wan rîcheit dar an was sô vil.
Rudolf von Ems: Der Große Alexander (13. Jh.): Das Grab des Ninus (13189-13206)
Geschildert wird das Grabmal des assyrischen Königs Ninus.
die sîten al gemeine
daz waren edel steine,
ein sîte ein ametiste was
durchliutec lûter als ein glas,
der gap vil wünneclîchen schîn.
dâ wâren kleiniu vogelîn
ergraben an mit listen.
durch den ametisten
was der glast sô lieht, sô klâr
daz des lîchamen hâr
und der lîp ûz durch den stein
wol sihtec was und schône schein.
die andern edelen steine
wâren lieht und reine
und wünneclich ze sehen an.
gebalsmet was der selbe man
der dinne lac begraben dâ
Nînus von Assîrîâ.
Ulrich von Eschenbach: Alexander (13. Jh.): Schild des Darios (7006-7798)
Beschreibung des Schilds des Darius: 1. ("oberster") Ring: Erbauung Babylons durch Memrôt, 2. Ring: Gottes Rache an Memrôt, 3. Ring: Klage des Jeremias, 4. Nebukadnezar und das babylonische Exil, 5. Tod Balthasars, 6. Krieg des Kyros mit Thamyris. Der Schild ist nach Ulrich bemalt, "smaehelîche" Episoden habe der Maler allerdings weggelassen..
Ulrich von Eschenbach: Alexander (13. Jh.): Tempel des Âmon (9858-9870)
Alexander betet während seines Aufenthalts in Ägypten mit seinen Truppen im Tempel; Beschreibung des Tempels.
dâ bî daz volc erbûwen vant
ein tempel wol gefieret
und wunneclich gezieret.
dar inne ûf einem alter stunt
Âmons bilde, da? tet in kunt
maneger hande rîcheit.
mit tiurem phelle was bespreit
der tempel und behangen.
mit irm opfer sie kâmen gegangen
vür ein grôz bilde von golde
gelîch einem wider, daz man solde
êren vür den hœhsten got JovÃŽ.
im stunden vil der gote bilde bî.
Ulrich von Eschenbach: Alexander (13. Jh.): Grabmal und Sarkophag der persischen Königin (11821-11952)
Auf eine knappe Schilderung der Architektur des Grabmals folgt eine ausführliche Schilderung der von Apelles auf dem Sarkophag angebrachten Darstellungen aus dem Alten Testament.
Die wîle der muotes slehte
het nâch fürsten rehte
bewart daz keiserlîche wîp.
gebalsmet wart ir tôter lîp.
in edel wurze und arômatâ
wart sie wol bewunden dâ.
süezer smac sie niht vlôch.
er hie; ûf dem gebirge hôch
ûz gelfem marmelsteine
wît bûwen reine
ein grap, dem kost niht gebrach,
dem man grôzer rîcheit jach,
dar inne die frouwe wart begraben.
dar het Apelles în erhaben
ein werc gemâlet von golde,
daz man billich loben solde.
er was von hêbrêischer art,
an sinnen künstelich bewart.
dem werden meister was wol kunt
wie rehte ordenunge stunt
aller dinge und ir geschaft,
ouch worht er ritters tât mit kraft.
er kunde die buoch der Juden ê,
als sie sie vernâmen von Moysê.
sîn muot was volleclîche scharf.
mit dem pinsel er entwarf
in daz grap nâch einer lenge
von der werlde anegenge
(listeclich het erz dar brâht),
als unser schepher het erdâht
die vier element ân underscheit
in einer gestalt wol bereit;
Es folgt: Darstellungen aus dem geamten Alten Testament bis zu den Propheten. Auf der Unterseite sind Kyros und die Geschehnisse des babylonischen Exils angebracht.
Ulrich von Eschenbach: Alexander (13. Jh.): Grabmal und Sarkophag des Darios (16923-17066)
Genau geschildert wird das Grabmal und der Sarkophag des Darios.
Als ichz von dem buoche habe,
sô wil ich iu sagen von dem grabe.
ein tiure stein gevieret
gar rîch und wol gezieret,
den het ein meister ûz genomen,
(mit grôzer kost was der dar komen)
als ez gebôt der milde.
aller künge bilde
und fürsten, der er hêrre was,
und ir lant man dâ las.
von den die fürsten schône
truogen zepter unde krône
und wirdiclîchen giengen,
als sies von im enphiengen.
vier siule hielten den stein,
dar an ouch grôz rîcheit schein,
von drin stücken geworht,
(als ez gebôt der unervorht):
daz nider teil von êre,
daz mittel het der hêre
von tiurer kost sachen
ûz silber heizen machen,
daz ober teil von golde,
daz den stein rüeren solde,
dar inne der werde muoste ligen.
nû wârn die siule des nicht verzigen,
sie het ein meister wol ergraben
mit spæhem werke reine erhaben.
alumbe und umbe des sarkes rant
tet manigen tiuren stein bekant.
der sarcstein ein marmel was,
lûter als ein liehtez glas.
nû ist daz grap wol bereit,
dar in der werde wart geleit.
vil künge dâ wâren
und fürsten, die bî der bâren
mit im ze grabe giengen
und jâmer grôz beviengen.
manic werder Sarracîn
tet dô clagende triuwe schîn,
sam tâten die Grâiure.
den was dô fröide tiure
umb des admirâten tôt.
man vant dâ ouch in clagender nôt
manic süezez fröiwelîn,
des herze dolte unsenfte pîn
umb maniger hande êre,
die êr im bôt der hêre,
der sie nû enbern müesten;
an fröiden kunde sie daz wüesten.
des werden muoter was ouch dâ.
irs sunes tôt gienc ir sô nâ,
des moht man an der frouwen
grôz jâmer schouwen.
dâ was ouch des keisers kint:
ir aller schœne was ein wint,
waz frouwen bî dem grabe stunt.
varwe lieht und rôten munt,
ougen clâr, wol stênde zene,
(ich wæn kein snitzer mich des wene,
daz er ein bilde schicke
zuo sô wunneclîchem blicke)
lange arm, erwunschte hende,
die fröiden ellende
truoc hals unde kinne
geschicket nâch der minne
ze den brüsten wol gestalt,
an sîner clage niht ze balt
was daz süeze fröiwelîn:
rehte clage tet sie schîn,
der sie doch mit zühten phlac.
enmitten dâ der gürtel lac
wol geschicket und überal,
ein tiure borte niht ze smal,
dâ sich daz cleit valten sol
(daz stuont dem kinde unmâzen wol),
der ûf ir hüffel wante.
die wolgetâne ermante
den edlen Kriechen senender nôt:
sus kunde sie irs vater tôt
an dem künige vrechen
mit süezem twingen rechen.
waz man von schœne und tugende sagt,
daz was envollen an der magt.
die ougen warf er dicke dar
mit flîze an die maget clâr,
die sîn sinne alsô bevienc:
ir kummer al durch sîn herze gienc,
daz er gedâht 'wann wær nû min
daz minniclîche fröuwelîn,
die doch ir vater mir gehiez,
daz wurde an sælden mîn geniez.'
Nû was dem keiser sîn reht getân.
dô dacte man über den tôten man
von rîcher kost und über daz grap
einen stein, der vil schœnheit gap,
dâ was nâch meisterlîchen siten
des keisers bilde în gesniten,
des houbt eine krône truoc
rîch und kostbære gnuoc,
dar ûz der karfunkel schein
gar lieht und manic edel stein.
in den orten allen vieren
sach man daz grap ouch zieren
verwieret dar in gar reine
grôz edel gesteine.
alumbe in ein liehte? glas
schône der sarc gesigelt was,
durch daz man volleclîche
kôs al daz werc rîche
und gar bescheidenlîche sach
ein epitaphium, daz sô verjach
'sus sagen dise buochstabe.
hie lît versigelt in disem grabe
Darîus ist er genant
ein künic, dem dienten alle lant,
der ouch des rîches krône truoc.
sîn eigen volc den fürsten sluoc.
in sol befriden vor helle nôt
gar sîn unverdienter tôt
und sîn menlich triuwe,
die ie was an im niuwe
und brâhte die an sîn ende
ân alle missewende.
rehter tugende er ie gert,
des ist er vor den goten wert,
von der art er was geborn;
der edle fürste ûz erkorn,
des treit er in ir trône
mit in der êren crône.'
ouch hiez der Krieche eine chlûs
(sie wær hie rîches mannes hûs)
über den sarc machen
von milder koste sachen,
von ende zuo ende
mâlen an der wende
des keisers art und al sîn leben.
die kost hiez Alexander geben.
liute belêhent er dar zuo,
die beide spâte unde fruo
bî dem sarke wæren
und nimmer daz verbæren,
sie branten dâ lieht alle wege,
mirre und wîrouch ze phlege.
Ulrich von Eschenbach: Alexander (13. Jh.): Grabmal und Sarkophag des Ninus (21165-21177)
Die Makedonen treffen auf einen Palast mit Gräberfeld; den Palast, der aus unbrennbarem Zypressenholz gefertigt ist, versuchen sie erfolglos zu zerstören. Dann finden sie das Grab des assyrischen Königs Ninus.
Nînus, der vor gewaldes phlac
in Assiriâ, ouch dâ lac
nâch hôher wirde begraben:
als wir daz von dem buoche haben,
in einem amatisten
ergraben wol mit listen
sîn tât und mange bluome
sîner wirdikeit ze ruome
vil vogel, manger hande tier.
die histôrie wîset mir,
der amatist was sô clâr,
daz man den lîp und al sîn hâr
wol mohte sehen und wie er lac.
Ulrich von Etzenbach: Alexander (13. Jh.): Das Sonnenhaus (2264-22672)
Im unten beschriebenen Palast trifft Alexander auf einen ehrwürdigen Greis, weiß wie ein Schwan, der auf den Sonnen- und Mondbaum vorausdeutet.
Alexander ûf dem berge sach,
dô er dar ûf komen was,
daz allerschœnest palas,
daz sînen ougen ie wart kunt.
bî dem hûs ein tempel stunt
erbûwet gar von golde,
daz man billich loben solde,
alsô was ouch ir beider dach.
rîcher kost dâ niht gebrach
türstudel, venster und alle tür
sie vunden in der selben kür.
die herberge rîche
was erbûwet wunderlîche.
der sunnen hûs ist e? genant.
e? wart nie ougen mê bekant
sô grô? kost, als dâ was.
zwischen dem tempel und palas
sie vunden einen wîngarten,
dar în sie giengen durch warten.
an den reben an allen sîten
sie vunden margarîten
und ander manegen edeln stein,
der lieht bî dem golde schein
und als die triubeln hiengen.
dar nâch die fürsten giengen
in daz rîche palas,
dâ noch mê rîcheit inne was.
ein guldîn bette sie vanden,
daz oben unde unden
mit rîcheit was gezieret,
ze rehter mâze gevieret.
dar ûf lac ein bettegewant:
bezzerz nie kein man bevant.
Ulrich von Eschenbach: Alexander (13. Jh.): Die prophetischen Standbilder (25234-25256)
Im Gebirge steigt Alexander einem reißenden Gewässer nach und gelangt zu den unten beschriebenen Standbildern.
nû vant er dâ daz bilde grôz,
des in michel wunder nam
und sînen geverten alsam.
waz daz bilde meinte?
nû hœrt wes in daz bescheinte.
daz bilde, daz er dâ stênde vant,
daz huop ûf hôhe sîn hant,
mit einem vinger wincte ez in,
daz er sîn kriegen dar lieze sîn
und daz er solde sunder twâl
daz wazzer varn hin ze tal.
dô kêrte Alexander wider
und fuor daz wazzer alles nider
vaste gegen der steinwant,
dâ er ouch ein bilde vant,
daz sich umme gegen im kêrte
und in wider kêren lêrte
und wincte im mit voller hant.
Alexander nie bevant
bî sînen zîten sô starken vluz
noch alsô kreftigen duz,
dâ mit daz wazzer tet val
durch daz bilde hin ze tal.
Heinrich von Veldeke: Eneasroman (1280): Bett und Gemach des Eneas bei Dido (1262-1292)
dô leite sie den wîgant
in eine kemenâten.
dâ wâren wol berâten
diu bette senfte unde weich.
dâ sie mit ime streich.
si frâgete den kamerâre,
ob daz bette senfte wâre.
si hiez daz senfte machen.
nû was daz deckelachen
purper unde marderîn,
ezn dorfte niht bezzer sîn;
daz lîlachen cleine
wîz unde reine,
daz bette senfte unde wît.
diu zieche was ein samît
wol gedûht mit vederen,
diu underzieche lederen,
vile weich unde vast.
dar ûffe solde der gast
rûwen under stunde,
dem sis wole gunde.
dô ze deme mâle
ein colter von zendâle
lach underm bette ûf dem strô.
daz hete frouwe Dîdô
allez ensament dar gesant
daz gûte bettegewant.
der bolster was phellelîn
und daz wankusselîn
ein vil gût samît was.
des gnâdete ir Ênêas.
Die kerzen hiez er setzen.
sie wolde sich dâ letzen
mit frouden und mit spile.
dâ bran der kerzen alsô vile,
daz man sô liehte gesach,
alsez wâre mitter tach.
ez was ouch dâ warm genûch.
durre holz man dare trûch.
dâ was fûre âne rouch;
daz hete sie bedaht ouch.
diu minne dwanc si sêre,
iedoch konde si die êre
vile wol bedenken.
dem hêren hiez si schenken
und allen sînen holden,
sô vil sô sis wolden,
wîn unde lûtertrank.
her saget ir gnâde unde dank,
daz si sîn sô wole phlach.
Heinrich von Veldeke: Eneasroman (1280): Vulkansrüstung des Eneas (5671-5799)
Der halsperch was des gût,
daz der man drinne was behût
vor aller slahte wunden
ze allen den stunden
daz hern an dem lîbe trûch.
her was vast und scône gnûch,
lieht von vil gûtem werke,
daz in mit lîhter sterke
ein man mohte an gefûren
und sich drinne wol berûren,
als in [einem] lînînem gewant.
vil wol daz Turnûs bevant,
dô der hêre Ênêas
dâ mite gewâfent was,
dô her im sînen lîb nam.
dô der halsperch vollequam,
harde lobete man in dô.
zwô hosen worhter im derzô
scône wîz îsenîn,
sine mohten niht bezer sîn,
sô nie ritter nehein
scôner geleite an sîn bein,
veste vone cleinen ringen,
der man mit deheinen dingen
niene mohte gebrechen,
dorchslahen noch dorchstechen.
Einen helm sander der mite.
swar sô her gienge oder rite,
der in ûf hete gebunden,
in ne mohte niht verwunden,
hern worde ouch nimmer sigilôs.
wie wol man dar ane kôs,
daz in meisterde Volcân!
her was lieht und wol getân,
brûn lûter als ein glas.
vil wole her geschaffen was,
gnûch wît unde vile hart,
sô nie dehein bezer wart.
her was vil ze lobene.
dâ stunt ein blûme obene
von dorchslagenem golde,
alsez Volcân wolde,
dar inne ein rôter jachant.
diu lîste und daz halsbant
daz was vil wol gesteinet golt.
Volcân was Ênêase holt,
daz wart wol an dem helme schîn.
hern mohte nimmer bezer sîn
mit deheiner slahte dinge.
goldîn wâren die ringe
von gûteme gesmîde.
die snûre wâren sîde,
dâ mite man in ane bant.
der hêre, dem er wart gesant,
der was es vile wole wert.
dar zû sander ime ein swert,
daz scharpher unde herter was
dan der tûre Eckesas
noch der mâre Mîmink
noch der gûte Nagelrink
noch Haltecleir noch Durendart:
sô nie dehein helm wart,
noch dehein schilt sô getân,
der dâ vore mohte gestân,
ez ne scrietez allez enzwei;
dâ vor enhalf niht ein ei
weder îsen noch stâl.
ez hete goldîniu mâl
unde gesilbert beide.
goldîn was diu scheide,
wol gesteinet und wol beslagen.
solde manz vor den keiser tragen,
den hêrsten, der ie krône trûch,
ez wâre lobelîch genûch.
Der knoph und daz gehelze,
was golt und gesmelze,
dâ mite man ez gorde,
der vezzel was ein borde
alsô breit sô ein hant.
ez wart eime helde gesant,
der ezz wol nutzen solde.
einen schilt von golde
sand im der mite Volcân,
her woldez wizzen âne wân,
dô hern meisteren began,
daz in nimmer dehein man
mit wâfen mohte enginnen.
her was gevazzet innen
mit borden und mit phelle
und was als daz gestelle
mit goldînen nagelen dran geslagen.
swer sô in solde tragen,
der solde von rehte ein helt wesen,
daz sagent die daz hant gelesen.
daz was der hêre Ênêas.
vil wol daz bret gesniten was
unde gefûchliche gebogen
wol behûtet und wol bezogen.
daz meisterde Volcân.
daz gerieme daz was corduwân:
daz was frouwen Vênûs rât.
ein borde was dar ûf genât
durch hovescheit und dorch wunder
und ein samît dar under,
Ichn weiz weder grûne od rôt.
ez was getân dorch nôt,
swer den schilt fûrde,
daz in niht enrûrde
der borde noch daz leder,
unde daz in der deweder
an dem halse niht enribe.
und im diu hût ganz belibe.
daz was dâ mite wol behût.
diu buckele was vil gût,
sô nie niht bezzers mohte sîn.
si was alwîz silberîn,
geworht harde cleine,
gezieret mit gesteine.
smaragde und rubîne,
topazîe und sardîne,
crisolite und amatisten,
die waren mit listen
gesetzet drin genûge.
dâ stunden inne mit fûge
granâte und saphiere.
ez was gefrumet schiere,
dô ez der meister gebôt.
der lêwe was betalle rôt,
der gemâlet was der ane.
Konrad von Würzburg: Trojanerkrieg (1281-1287): Der Zauberring der Discordia (1302-1313)
Discordîa, daz übel wîp,
truoc an ir hende ein vingerlîn,
daz kunde ir antlitz und ir schîn
verdecken wol mit sîner maht.
von sîner krefte alsô verdaht
wart ir menschlich bilde,
daz ir figûre wilde
wart in allen ûf dem plân.
diz wunder hete an ir getân
der edel und der fremde stein,
der von dem vingerlîne schein
und ûz im schône lûhte.