Theorien zum Ortsnamen Winnendens
Um es vorwegzunehmen: Niemand kann mit Sicherheit sagen, warum Winnenden, das auf Schwäbisch „Wennada“ heißt, seinen Ortsnamen trägt – zu dem es zumindest im Rems-Murr-Kreis den Spottreim gibt: „Winnenden, die Stadt der Spinnenden“. In Rheinland-Pfalz gibt es ein „Winden“, bei Durlach und bei Philippsburg. Ein pfälzisches „Winnen“ gibt es auch, in Nordrheinwestfalen ein „Winnenthal“, ein Ortsteil von Blaubeuren heißt Wennenden und zu Wittlingen gehörte gar ein abgegangener Ort namens „Winneden“ – aber Winnenden gibt es weltweit nur einmal. Der ungewöhnliche Name fordert Etymologen geradezu auf, dem Ortsnamen nachzugehen. Es gibt zumindest zehn Theorien, wenngleich man die Wenden-Hypothese am häufigsten hört:
- Wein-Ende: Landeshistoriker Christian Friedrich Sattler vertritt in seiner Historischen Beschreibung des Herzogthums Würtemberg von 1752, die Ansicht, Winnenden sei der Ort, über den hinaus früher kein Weinanbau mehr möglich gewesen sei. Winnenden sei also der Ort, wo der Wein ende.
- Winden: Ebenfalls bei Sattler findet man die Auffassung, Winnenden sei nach den im Winnender Tal häufig vorkommenden Acker- bzw. Zaunwinden benannt, einer Schlingpflanze.
- Wenden I: Lutz Reichardt führt im Ortsnamenbuch des Rems-Murr-Kreises von 1993 (S. 297 ff.) den Ortsnamen auf die in der Karolingerzeit übliche Bezeichnung für die Slawen in Mitteleuropa zurück. Sie seien möglicherweise als Kriegsgefangene im Verlauf des 8. Jahrhunderts in den Raum Winnenden gelangt. Diese These stellt in ähnlicher Form Gotthold Börner schon 1923 auf: Er beschreibt mit viel Phantasie, wie sich die gefangenen Wenden, dem Winnender Burgherrn Christoph folgend, am Ort des heutigen Winnendens niederlassen und ihn „Winden“ nennen.
- Wasserscheide: Otto Klöpfer führt den Ortsnamen auf den keltischen Wortstamm „ven“ (got. „vinja“, ahd. „wunnja“) zurück, der eine Wasserscheide oder Grenze kennzeichne. Der Namensbestandteil „end“ bedeute „Einöde, Grenzweide“. Damit ergibt sich für Klöpfer folgende Theorie: „Winnenden wäre demnach die Siedlung auf der Weide bei der Wasserscheide“. Seine Theorie stimme, schreibt Klöpfer, mit der Siedlungsgeschichte Winnendens überein.
- Wenden II: Gerhard Fritz geht in seinem Beitrag Winnenden im Mittelalter zu Band 12 der Reiihe Winnenden gestern und heute (S. 12) davon aus, dass diese Wenden aus Böhmen stammten und erst nach 832 in Winnenden ansässig waren, falls die Prämisse stimme, dass Winnenden tatsächlich von Markgraf Ernst gegründet worden sei.
- Kelten: Otto Klöpfer geht davon aus, dass der zweite Bestandteil möglicherweise auf das keltische Wort „dun“ zurückzuführen ist (wie im Falle Lyons, den antiken Lugdunums). Dann wäre Winnenden die „Weinstadt“.
- Regiswindis: Martin Faist, dem Winnender Stadtvogt, wird eine Theorie zugeschrieben, die sich auf die Heilige Regiswindus bezieht, die Ortsheilige von Lauffen am Neckar. Diese sei die Tochter des Winnender Stadtgründers des Markgrafen Ernst gewesen, der die Stadt nach ihr benannt habe.
- Wendelin: An der Stelle des Gebäudes Marktstraße 5 hat es eine Kapelle mit dem Patrozinium des Heiligen Wendelin gegeben. Gotthold Börner vermutet 1923 in Winnenden in Sage und Geschichte (S, 88), die Kapelle gehe auf einen Wendenmissionar zurück, den das 750 gegründete Kloster St. Walderich am Ort des heutigen Murrhardt entsandt habe. In einer Umkehrung von Ursache und Folge wird Winnenden auf St. Wendel zurückgeführt.
- Winiti: Ernst Förstemann vertritt in seinem Altdeutschen Namenbuch (Bd. 2, S. 1370 ff.) die Ansicht, Winnenden leite sich einer Vorform „Winiti“ ab, die ihrerseits von got. „vinja“ und ahd. „wunnja“ abstamme, die jeweils einen Weideplatz bezeichneten.
- Gewinnenden, die: Hierbei handelt es sich um ein volksetymologisches Wortspiel, im Umfeld der Winnender Sportvereine um die Jahrhundertwende herum entstanden sein könnte. Das Wappen Winnendens um 1904 zeigt einen Würfel, um anzudeuten, die Winnender seien die Gewinnenden im Spiel.