Württemberg im Dritten Reich

1920

In Stuttgart wird eine Ortsgruppe der NSDAP gegründet.

1924

Anstelle der verbotenen NSDAP gewinnt der Völkisch-Soziale Block drei Mandate im württembergischen Landtag.

1925

Eugen Munder wird Gauleiter der NSDAP in Württemberg.

1927

12.6.: In Gegenwart Hitlers schließt sich Christian Mergenthalers Zusammenschluss der „Nationalsozialistischen Freiheitsbewegung“ (NSFB) in Stuttgart mit der NSDAP zusammen. --- In Leonberg erscheint erstmals das völkische Hetzorgan „Flammenzeichen“.

1928

Bei der Wahl zum Landtag erlangt die NSDASP in Württemberg gerade einmal 1,8% der Stimmen. Ein Mandat erstreitet sich die NSDAP vor dem Staatsgerichtshof des Deutschen Reichs in Berlin. Stärkster Gegner der Nationalsozialisten ist der „Württembergischen Bauern- und Weingärtnerbund“. --- 1.2.: Wilhelm Murr wird Gauleiter der NSDAP in Württemberg-Hohenzollern.

1929

Oktober: In Baden kommt die NSDAP auf 7% der Wählerstimmen. Fraktionsvorsitzender ist der Kaufmann Walter Köhler. --- Der „Kampfbund für deutsche Kultur“ wird gegründet.

1930

7.12.: In der Stuttgarter Stadthalle spricht Hitler im Wahlkampf der vorgezogenen Reichstagswahl vor 10.000 Zuhörern. --- Mit seinem Roman „Engel Hiltensperger“ schreibt Georg Schmückle eines der Erfolgsbücher Württembergs im Dritten Reich.

1931

19.3.: Die Bischöfe der oberrheinischen Kirchenprovinz warnen vor dem Nationalsozialismus. --- Sozialdemokraten und andere Linke gründen die „Eiserne Front“ zur Abwehr des Nationalsozialismus.

1932

24.4.: Die NSDAP wird mit 23 von 80 Mandaten stärkste Fraktion im württembergischen Landtag. --- 31.7.: 36,9% der badischen Wähler stimmen bei den Reichstagswahlen für die NSPAD.

1933

Januar: Baden registriert 184.000 Arbeitslose, in Württemberg sind es 134.000. --- Bei verschiedenen Unternehmen Badens und Württembergs setzt eine starke Aufwärtsentwicklung ein – bei Maybach, Bosch, Mauser, Dornier. Grund dafür sind Staatsaufträge, die ihrerseits die Goldvorräte in Stuttgart und Karlsruhe aufbrauchen. --- 30.1.: Die Machtübertragung an Hitler findet im Südwesten breite Zustimmung, auch bei den großen Kirchen. Gauleiter Murr droht den Gegnern der NSDAP in seiner Stuttgarter Rede mit blutiger Vergeltung. In Mössingen wagen Arbeiter der Textilfabriken einen Generalstreik. --- 4.2.: Die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit wird beschränkt. --- 28.2.: Per Reichsverordnung („Brandverordnung“, „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“) werden die Grundrechte aufgehoben. Schutzhaft etabliert sich als Mittel zur Bekämpfung politischer Gegner. --- März: Die ersten Konzentrationslager entstehen. Bis November werden 15.000 Personen inhaftiert, in Württemberg vor allem auf dem Heuberg, dann im Lager Oberer Kuhberg bei Ulm. Zu den Inhaftierten gehören der ehemalige Staatspräsident Eugen Bolz, Kurt Schuhmacher (SPD) und der ehemalige Landtagspräsident Albert Pflüger (SPD). ---- 5.3.: Bei der Reichstagswahl erringt die NSDAP mit der Unterstützung der Deutschnationalen und des Bauern- und Weingärtnerbunds die absolute Mehrheit. SPD-Politiker wie Erwin Schöttle in Stuttgart und Georg Reinbold in Mannheim ziehen sich aus der Öffentlichkeit zurück und gehen in den Widerstand.Von Straßburg aus organisiert Reinbold zur Koordination des Widerstands die SOPADE --- 8.3.: Dietrich von Jagow erlangt die Befehlsgewalt über die gesamte württembergische Polizei. --- 11.3.: Reichskommissar Wagner entmachtet die badische Regierung. Auch in Württemberg kontrolliert die NSDAP unter Dietrich von Jagow mit SA und Polizei das politische Geschehen. --- 11.3.: Adolf Bühler wird Direktor der Badischen Kunsthalle. Er verantwortet die auch in Karlsruhe und Mannheim gezeigte Ausstellung rein deutscher Kunst. --- 13.3.: Das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ und die „Eiserne Front“ werden verboten. --- 15.3.: Der württembergische Landtag wählt NS-Gauleiter Wilhelm Murr zum Staatspräsidenten. --- 17.3.: Der sozialdemokratische Landtagsabgeordnete Christian Nußbaum erschießt zwei Polizeibeamte, um seine Festnahme zu verhindern. Die Nationalsozialisten reagieren mit heftigen Gegenmaßnahmen gegen SPD und KPD. --- 21.3.: Die Verordnung zur Abwehr heimtückischer Angriffe wird erlassen. In jedem Oberlandesgerichtsbezirk soll ein Sondergericht gebildet werden. --- 23.3.: Hitler macht den Kirchen zunächst Zugeständnisse. Insbesondere evangelische Pfarrer treten nun vermehrt der NSDAP bei. --- 23.3.: Die „Verordnung über die Auflösung staatsfeindlicher Vereinigungen an Hochschulen und anderen Unterrichtsanstalten“ wird erlassen. --- 24.3.: Das „Ermächtigungsgesetz“ wird verabschiedet- --- 24.3.: Christian Mergenthaler verordnet den „Erlass über Schulfeiern anlässlich der nationalen Erhebung“. --- 29.3.: In der Arbeiterkolonie Ankerbuk bei Villingen wird ein Internierungslager eingerichtet. --- 31.3.: Das „Vorläufige Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich“ schaltet den Landtag aus. Wilhelm Murr wird Reichsstatthalter in Württemberg. Die Gemeinderäte werden nach dem Ergebnis der vorhergehenden Reichstagswahl neu zusammengesetzt.--- 1.4.: Die Kfz-Steuer wird abgeschafft. --- 1.4.: Das Württembergische Landestheater wird in „Württembergisches Staatstheater“ umbenannt. ---5.4.: Ein Erlass über Wandschmuck an Schulen gestattet die Anbringung von Hitlerbildern. --- 7.4.: Das „Gesetz zur Herstellung des Berufsbeamtentums führt zur Entfernung regimekritischer und nicht-arischer Beamter“. Dieselbe Zielrichtung hat das „Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft“. --- 7.4.: In Karlsruhe eröffnet August Bühler die Femeausstellung „Regierungskunst 1918 – 1933“. Attackiert werden vor allem die deutschen Expressionisten. --- 12.4.: In Wiesbaden findet die letzte freie Rektorenkonferenz statt. --- 22.4.: Das „Verordnung über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen“ schließt jüdische Ärzte aus. --- 25.4.: Die „Verordnung über die Zugehörigkeit von Schülern zu den nationalen Verbänden und über die Aufrechterhaltung der Schulzucht“ verbietet Schülern politische Betätigung. --- Mai: Friedrich von Bodelschwingh wird von den Leitern der Landeskirchen zum Reichsbischof nominiert, verliert aber bald deren Unterstützung. --- 28.4.: Gauleiter Murr löst als württembergischer Innenminister die politische Polizeiabteilung aus der Zuständigkeit des Polizeipräsidiums Stuttgart und schafft eine eigenständige Württembergische Politische Polizei. --- 2.5.: Die SA besetzt Liegenschaften der Gewerkschaften in Württemberg. --- 5.5.: Die Weimarer Verfassung darf nicht mehr unterrichtet werden. --- 10.5.: Der „Erlass über Schulbücher und Schülerbüchereien“ fordert die Durchsetzung nationalsozialistischen Gedankenguts in Unterrichtswerken. ---23.5.: Kultusminister Mergenthaler revidiert die Einführung der Antiqua an den Schulen und setzt erneut die deutsche Schreibschrift durch. Der Geschichtsunterricht wird nach nationalen Gesichtspunkten umgestaltet. --- 26.5.: Das Reichgesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen begrenzt die Zahl „nichtarischer“ Schüler. --- Juni: Klaus Graf von Baudissin veranstaltet im Stuttgarter Kronprinzenpalais die Femeschau „Novembergeist, Kunst im Dienste der Zersetzung“. --- Die deutschnationalen Jugend- und Kampforganisationen werden verboten. --- 27.5.: Martin Heidegger hält seine Freiburger Rektoratsrede; Die deutsche Studentenschaft sieht er „auf dem Marsch“. --- 6.6.: Im „Erlass über die Lehrpläne“ wird die Berücksichtigung nationalsozialistischer Ideen gefordert. --- 9.6.: Der Sozialdemokrat Wilhelm Keil empfiehlt den Sozialdemokraten im württembergischen Landtag die Stimmenthaltung. ---17.6.: Hitler ernennt Baldur von Schirach zum Reichsjugendführer. Es folgen zahlreiche Gesetze zur Durchsetzung einer reichsweiten Eingliederung der Jugend nationalsozialistische Verbände: HJ-Gesetz (1936), Jugenddienstordnung (1939), HJ-Dienststrafordnung (1940), Einrichtung von Jugendschutzlagern (1941).--- 30.6.: Kirchenpräsident Wurm nimmt den Titel eines Landesbischofs an. --- Juli: Bischof Joannes Baptista Sproll verwahrt sich gegen das Verbot katholischer Jugendorganisationen durch den NS-Staat. --- 6.7.: Der Sozialdemokrat Kurt Schumacher wird in Berlin verhaftet und auf den Heuberg deportiert. --- 14.7.: Das Reichskabinett billigt die neue Reichskirchenverfassung. --- Per Reichsgesetz wird die NSDAP zur einzig zulässigen Partei. Auch die Gewerkschaften werden zerschlagen, das Streik- und Tarifrecht abgeschafft. --- 19.7.: Erneut wird der Geschichtsunterricht in Württemberg auf die nationalsozialistische Ideologie festgelegt. --- 23.7.: Die Deutsche Kirche setzt sich bei den Kirchenwahl durch; in Württemberg und Baden verzichtet man auf die Wahl. ---24.7.: Der „Erlass über den Hitlergruß in den Schulen“ setzt den „Deutschen Gruß“ als Begrüßungsformel durch. --- 4.8.: Beamten- und Lehrerbeiräte an Württembergs Schulen werden aufgehoben. --- 22.8.: In Baden wird das Gesetz über die Landeskriminalpolizei erlassen. --- 26.8.: Baden erlässt die Verordnung über das Geheime Staatspolizeiamt. September: Die Reichsautobahn Darmstadt-Heidelberg wird begonnen. Reichsbischof Müller wird gewählt. Er löst mit seinen Plänen Widerstand aus, vor allem gegen die Durchsetzung der NS-Ideologie, etwa im Schulwesen. Rund 800 von 1200 Pfarrern schließen sich der Bekennenden Kirche an. --- 21.9.: Der Pfarrernotbund wird gegründet. --- 13.11.: Teile der Deutschen Christen fordern in einer Sportpalastkundgebung die Abschaffung des Alten Testaments. --- 9.12.: Die württembergische Politische Polizei untersteht dem Reichsführer SS Heinrich Himmler. ---18.12.: Die „Verordnung über die Befehlssprache und die Aufstellungs- und Marschformen im Schulturnen“ unterwerfen die Schüler militärischem Drill.

1934

1.1.: Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ (GzVeN) tritt in Kraft. Es liefert den rechtlichen Rahmen für Sterilisierung und Euthanasie. --- Bis 1944 werden in Württemberg etwa 12.000 Menschen sterilisiert. --- 27.1.: Die württembergische Kreisordnung ersetzt württembergische Bezeichnungen durch preußische: aus „Oberamt“ wird „Kreis“, aus „Amtskörperschaft“ wird „Kreistag“ und aus „Bezirksrat“ wird „Kreisrat“. --- 30.1.: Das Gesetz über den Neuaufbau des Reichs beseitigt die bundestaatliche Verfassung. Die Polizeihoheit geht auf das Reich über. --- 1.2.: Die Zeugen Jehovas werden verboten. --- 7.2.: Die „Evangelische Jugend Württembergs“ wird in die Hitlerjugend eingegliedert. --- 14.2.: Der Reichsrat und die Vertretung der Länder beim Reich werden aufgelöst. --- März: Mit der Einrichtung der „Geschäftsstelle der württembergischen Museen“ beginnt die Gleichschaltung der Museen in Württemberg. --- 21.3.: Die Reichsautobahn zwischen Plieningen und Bernhausen wird begonnen. Mit dem Engelbergtunnel, dem Lämmerbuckeltunnel und dem Nasenfelstunnel werden die ersten Autobahntunnel überhaupt gebaut. ---1.4.: Die konfessionellen Oberschulräte werden aufgehoben. --- 22.4.: In Ulm treffen sich bekennende Christen aus dem ganzen Deutschen Reich mit den Landesbischöfen von Bayern und Württemberg. --- 24.4.: Der Volkgerichtshof wird geschaffen und übernimmt die Aufgaben des Reichsgerichts. --- 1.5.: Das Reichserziehungsministerium unter Bernhard Rust wird eingerichtet. Es schränkt die Eigenständigkeit der Länder ein. --- 3.7.: Das „Gesetz zur Vereinheitlichung des Gesundheitswesens“ wird erlassen. Die nationalsozialistische Medizin fußt auf rassenhygienischen Vorstellungen und fördert die Naturheilkunde, etwa im Rahnen der „Deutschen Versuchsanstalt für Ernährung und Verpflegung“ (DVA). Im Rahmen der Theorien Robert Ritters wird in Tübingen die Verfolgung der Sinti und Roma vorbereitet. --- Okt.: Bischof Wurm und sein bayerischer Amtskollegen Hans Meiser werden vom NS-Regime in den Ruhestand versetzt. Nach Protesten lässt Hitler die Entscheifung rückgängig machen. --- Paul Schmitthenner, der führende Architekt der Stuttgarter Schule, veröffentlicht „Baukunst im Neuen Reich“.

1935

Die Kirchen wehren sich gegen das von Alfred Rosenberg ausgehende Neuheidentum. --- Die Gestapo Stuttgart nimmt das Schutzhaftlager Welzheim in Betrieb. --- 1.1.: Die Länderjustizministerien werden aufgehoben. --- 30.1.: Die Deutsche Gemeindeordnung entmachtet die Gemeinderäte und die Bürgermeister. Die Staatsregierung ernennt nun die Bürgermeister der Städte und Gemeinden im Land. --- Die Neckarkanalisierung von Mannheim bis Heilbronn ist abgeschlossen. --- 5.5.: Die Hochschule für Lehrerbildung in Esslingen (HfL) wird eingerichtet (1941 aufgehoben). --- 22.6.: Hermann Alkers Thingstätte auf dem Heiligenberg in Mannheim wird eröffnet. --- 15.9.: Die Nürnberger Rassegesetze und das Reichsbürgergesetz werden erlassen. Das sogenannte „Blutschuldgesetz“ wendet sich gegen „jüdisch-arische“ Beziehungen, das „Ehegesundheitsgesetz“ wendet sich gegen „Erbkranke“. Fast 400 Verordnungen, Gesetze und Erlasse dienen der Diskriminierung der für „untauglich“ Erachteten. Im Rahmen der Aktion T4 werden zahlreiche Patienten der Heil- und Pflegeanstalten in Grafeneck getötet. Psychiatriebetten werden für andere Zwecke umgewidmet. --- 7.12.: Die Widerstandskämpferin Liselotte Herrmann von der Württembergischen Politischen Polizei festgenommen. Sie stirbt 1938 in Plötzensee.

1936

Die Konfessionsschule wird abgeschafft. Die Privatschulen werden bekämpft. --- 17.6.: Himmler wird Chef aller Polizeiorganisationen im Deutschen Reich. Die Staatspolizeileitstelle Stuttgart (heute: Hotel Silber) wird Sitz der Geheimen Staatspolizei. Geleitet wird die württembergische Gestapo von Hermann Mattheis (1933-1934), Walter Stahlecker (1934-1937), Joachim Boës (1937-1941) und Friedrich Mußgay (1941-1945),

1937

Eisen und Stahl werden knapp. Der Wohnbau leidet unter Materialmangel. Das Geld fließt stattdessen in Kasernen und Flugplätze. --- Am Palmsonntag wird die Enzyklika „In brennender Sorge“ verlesen. --- Beim 4. Internationalen Flugmeeting wird die DO 17 vorgestellt, von denen 1366 gebaut werden. --- Die Zellwoll-Lohnspinnerei in Denkendorf wird gegründet. Auch andere Unternehmen der Textilindustrie erhalten Subventionen für die Entwicklungen von synthetischen Textilien. --- 28.4.: Kultusminister Mergenthaler erlaubt im Religionsunterricht nur noch Inhalte, die dem „Sittlichkeitsgefühl der germanischen Rasse“ nicht widersprechen. --- 8.11.: Per Gesetz wird die Eröffnung weiterer konfessionsgebundener Kindergärten in Württemberg untersagt.

1938

Das Reichspflichtschulgesetz wird erlassen und setzt eine reichseinheitliche Schulpflicht von acht Jahren durch. In Backnang und Rottweil werden nationalsozialistische Heimschulen(NPEA, Napola) eröffnet. Aufbauschulen bestehen in Nagold, Saulgau, Künzelsau, Schwäbisch Gmünd, Nürtingen und Markgröningen. --- Der Bau des „Westwalls“ verschlingt weitere Ressoucen. --- Nach dem Verbot der Anthroposophischen Gesellschaft wird die Stuttgarter Waldorfschule geschlossen. ---März: Karl Molt baut mit ehemaligen Gewerschaftern ein Widerstandsnetzwerk auf. --- 10.4.: Die „Österreich-Abstimmung“ führt zahlreiche Pfarrer in Württemberg zur Abwendung vom NS-Staat. Insbesondere der Rottenburger Bischof Sproll verweigert die Stimmabgabe und sieht sich Hasskampagnen ausgesetzt. ---26.4.: Die „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens der Juden“ verdrängt jüdische Deutsche aus der Wirtschaft. --- 17.8.: Das „Namensänderungsverordnung“ trägt zur Diskriminierung jüdischer Bürger bei. --- 9.-10.11.: In der Reichspogromnacht werden zahlreiche jüdische Geschäfte gestürmt und Synagogen zerstört. 51 Synagogen werden niedergebrannt, sechs gesprengt und weitere 73 beschädigt. In Württemberg zerstören die Nationalsozialisten die Synagogen in Buchau, Buttenhausen, Göppingen, Heilbronn, Künzelsau, Laupheim, Ludwigsburg, Steinbach, Stuttgart, Stuttgart-Bad Cannstatt, Tübingen und Ulm. 19.000 Juden aus den drei Ländern des Südwestens verlassen bis 1941 das Reichsgebiet in die Emigration. 8530 Juden aus Württemberg und Baden werden getötet. --- 12.11.: Die „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ soll jüdische Händler und Unternehmer marginalisieren. --- 16.11.: Der Oberlenninger Pfarrer Julius von Jan wird von Nationalsozialisten verprügelt, nachdem er die NS-Übergriffe der Pogromnacht verurteilt. --- 21.11.: Eine „Judenvermögensabgabe“ wird beschlossen. --- 3.12.: Die „Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens“ enteignet jüdische Bürger. --- 8.12.: Das RFSS gibt einen Erlass zur „Bekämpfung der Zigeunerplage“ heraus. Nach theoretischen Vorgaben des Tübinger Arztes Dr. Robert Ritter werden zahlreiche Sinti und Roma in den Osten deportiert. Viele kommen dort um – etwa 38 der 40 deportierten Kinder aus der St. Josephspflege in Mulfingen.

1939

Die deutsche Industrie im Südwesten stellt von der Friedens- auf die Kriegsproduktion um. --- Ein Weltanschauungsunterricht (WAU) wird an den badischen und württembergischen Schulen verbindlich. --- Mai: Die Fleischversorgung lässt spürbar nach. --- Juli: Margarine, Eier und Kaffee werden knapp. --- August: Dornier stellt seine Transatlantikflüge ein. --- September: Der Krieg bricht aus. ---1.9.: Der Krieg bricht aus. Bald werden zahlreiche Polen, später auch Niederländer, Russen und andere Staatsangehörige ins Reich verschleppt und als Zwangsarbeiter ausgebeutet. Ein bekanntes Beispiel hierfür sind die Mauser-Werke in Oberndorf. --- 8.9.: Hitler fordert dazu auf, die Feindseligkeiten gegen die Kirchen einzustellen. --- 8.11.: Der württembergische Schreiner Johann Georg Elser verübt ein Attentat auf Hitler im Bürgerbräukeller.

1940

Baden wird zum Gau Baden-Elsaß erweitert, Robert Wagner übernimmt die Leitung der Zivilverwaltung. --- Patienten aus psychiatrischen Einrichtungen und behinderte Menschen werden in Grafeneck und später in Hadamar getötet. Erzbischof Gröber, Landesbischof Theophil Wurm und Generalvikar Kottmann sprechen sich gegen das Euthanasieprogramm aus. – Die sogenannten „Kassenärztlichen Revierdienste“ in den Betrieben sollen die Arbeitsfähigkeit der Belegschaft sichern und kontrollieren. Wer nicht spurt, wird in ein Konzentrationslager oder in ein Arbeitserziehungslager (AEL) eingewiesen. --- März: Kriegsgefangene Polen müssen ein aufgenähtes „P“ tragen. --- 16.-22.5.: Das NS-Regime setzt Sinti und Roma aus ganz Südwestdeutschland auf dem Hohenasperg fest, um sie später zu deportieren. --- Die Nationalsozialisten vertreiben die Mönche der Abtei Weingarten. --- Die Scheinanlage „Brasilien“ bei Lauffen am Neckar soll alliierte Bomber mit einer Attrappe von Angriffen auf den Stuttgarter Hauptbahnhof ablenken.

1941

Russische Kriegsgefangene treffen in Württemberg ein. Zwangsarbeiterlager entstehen unter anderem in Bietigheim, Reutlingen, Schwenningen und Lauffen am Neckar. Arbeitserziehungslager werden eingerichtet in Kniebis-Ruhestein (Baiersbronn), Oberndorf am Neckar-Aistaig und Rudersberg. Ein SS-Abfertigungslager wird in Schelklingen in Betrieb genommen. --- Die kirchliche Presse wird fast vollständig von Papierlieferungen abgeschnitten. Kirchengut wird beschlagnahmt. Kultusminister Mergenthaler lässt zudem die evangelisch-theologischen Seminare in Maulbronn, Urach, Schöntal und Blaubeuren schließen. --- Landesbischof Theophil Wurm wendet sich mehrfach in Briefen gegen die Judenverfolgung. --- Graf von Galen, der Bischof von Münster, predigt erfolgreich gegen das Euthanasieprogramm, das sich als sogenannte „wilde Euthanasie“ fortsetzt. --- 27.9.: Reichstatthalter Murr untersagt Frauen das Tragen von Hosen. --- Dezember: Jüdische Württemberger werden in den Osten deportiert. Nur etwa zweihundert württembergische Juden überleben.

1942

Februar: Albert Speer verbietet den Unternehmen „Friedensplanungen“. --- Die Gestapo richtet in Rudersberg ein „Arbeitserziehungslager“ für Frauen ein. --- In Dellmensingen wird ein jüdisches Zwangsaltersheim eingerichtet. Weitere Zwangsaltersheime für Juden gibt es in Eschenau, in Herrlingen (Blaustein), Oberstotzingen, Tigerfeld und Weißenstein.

1943

Züblin baut für die Reichsmarine eine Torpedoabschussbasis bei Friedrichshafen am Bodensee. --- 11.3.: Stuttgart erlebt den ersten schweren Luftangriff. --- 15.4.: 700 Stuttgarter sterben bei einem alliierten Luftangriff. --- 27.8.: Der KPD-Politiker Friedrich Schlotterbeck gründet nach seiner Entlassung aus zehnjähriger Haft in Luginsland (Stuttgart) die „Widerstandsgruppe Schlotterbeck“.

1944

März: Reichsarbeitsminister Speer verordnet der Luftfahrtindustrie die 72-Stunden-Woche. --- Am Stuttgarter Nordbahnhof entsteht ein Außenlager des KZ Auschwitz. --- 20.7.: Das Hitlerattentat des Kreises um Stauffenberg führt auch in Baden und Württemberg im Rahmen der „Aktion Gewitter“ zu mehreren Verhaftungswellen. Mitwirkende sind Berthold Schenk Graf von Stauffenberg, Caesar von Hofacker, Fritz Elsas und Eugen Bolz. In Dachau sterben die SPD-Abgeordneten Josef Heid und Julius Helmstädter, in Kislau wird Karl Großhans erschossen. --- 27.-28.4.: Friedrichshafen erlebt den ersten schweren Bombenangriff. --- 24.7.: Die Stuttgarter Oper wird geschlossen. --- 24.-25.7.: Bombenangriffe der Royal Air Force zerstören das Stuttgarter Funkhaus. --- Aug.: Das KZ-Außenlager Vaihingen a. d. Enz („Wiesengrund“) wird in Betrieb genommen. --- Sept.: Im Ortsteil Kochendorf der Gemeinde Bad Friedrichshall wird das KZ Kochendorf eingerichtet. --- 4.9.: Das SS-Arbeitslager Steinbock in Neckargartach bei Heilbronn wird belegt. --- Zahlreiche weitere Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof entstehen in Württemberg, etwa in Ellwangen, Calw, Derdingen, Ebersbach, Echterdingen, Friedrichshall, Geislingen an der Steige, Hailfingen, Leonberg, Spaichingen, Sulz am Neckar, Unterriexingen bei Markgröningen und Wasseralfingen. Zur Ölschiefergewinnung kamen weitere Lager dazu, die zum „Unternehmen Wüste“ zählten: Bisingen (Hohenzollern), Dautmergen, Dormettingen, Frommern, Erzingen, Schörzingen und Schömberg. Weitere Außenlager bestanden in Ellwangen, Friedrichshafen, Heidenheim, Saulgau, Ulm und Wasseralfingen(KZ Dachau), Stuttgart (KZ Sachsenhausen), Oberndorf (KZ Buchenwald) und Biberach (KZ Bergen-Belsen). --- 4.12.: Der verheerende Luftangriff auf Heilbronn fordert 6530 Todesopfer. --- 17.12.: Ulm wird von alliierten Bombern schwer getroffen.

1945

23.2.: Pforzheim geht nach einem Bombenangriff in Flammen auf, 17.600 Pforzheimer sterben. --- 5.4.: Unter dem Kommando des SS-Untersturmführers Heinrich Wicker wird das KZ Hessental evakuiert – der Hessentaler Todesmarsch beginnt. --- 7.4.: Amerikanische Truppen erobern Bad Mergentheim. --- 10.4.: Vaihingen an der Enz, Besigheim und Bietigheim sind in den Händen der Franzosen eingenommen. --- 12.4.: Die US Army nimmt trotz heftiger Gegenwehr nach mehreren Tagen Heilbronn ein. --- 14.4.: Die US Army stößt zum Mainhardter Wald vor. Löwenstein wird von amerikanischen Fliegerbomben zerstört. --- 16.4.: Waldenburg wird nach dreitägigem Kampf zerstört. Freudenstadt wird durch Bomben und Artilleriebeschuss zerstört. Nach der Einnahme durch französische Truppen kommt es zu schweren Ausschreitungen. Auch Calw und Nagold werden besetzt. --- 17.4.: Die US Army erreicht Schwäbisch Hall und Mainhardt und dringt bei Beilstein schließlich ins Bottwartal vor. ---19.4.: Die amerikanische Armee besetzt Murrhardt. Französische Truppen besetzen Tübingen, Rottenburg und Horb. --- 20.4.: Die Amerikaner besetzen Backnang, zerstören Crailheim und beschießen Winnenden. Franzosen erobern Reutlingen, Oberndorf und Rottweil. --- 21.4.: Die US Army erobert das Remstal mit den Städten Schwäbisch Gmünd, Schorndorf und Waiblingen weitgehend kampflos. --- 22.4.: Esslingen am Neckar fällt an die Amerikaner. 22.4.: Die Franzosen nahmen Stuttgart und Ludwigsburg ein. --- 23.4.: Göppingen, Aalen und Heidenheim werden besetzt. --- 24.4.: Französische Einheiten und die 44. US-Infanteriedivision erreichen Ulm, Ehingen und Tuttlingen werden eingenommen. --- 27.4.: Als letzte Stadt Württembergs besetzen die Franzosen Friedrichshafen. --- Oktober: Landebischof Wurm vertritt seine Kirche mit der „Stuttgarter Schulderklärung“. Verlesen wird sie von Hans Christian Asmussen, Otto Dibelius und Martin Niemöller. ---Reichstatthalter Murr begeht in Vorarlberg mit seiner Frau Selbstmord. --- Das Volkseinkommen verringert sich auf ein Viertel des Stands von 1936.

1946

14.8.: Der ehemalige Reichstatthalter Badens, Robert Wagner, wird von einem französischen Erschießungskommando exekutiert.

1947

Der ehemalige Richter Cuhorst am Sondergericht Stuttgart wird aus Mangel an Beweisen freigesprochen.

Ressourcen

Links

Bibliographie

  • Borst, Otto (Hg.): Das Dritte Reich in Baden und Württemberg. Stuttgart: Theiss, 1988
  • Högerle, Heinz; Ulmer, Martin; Müller, Peter (Hgg.): Ausgrenzung, Raub, Vernichtung: NS-Akteure und "Volksgemeinschaft" gegen die Juden in Württemberg und Hohenzollern 1933 bis 1945. Stuttgart: Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg, [2019]
  • Schäfer, Gerhard (Hg.): Die evangelische Landeskirche in Württemberg und der Nationalsozialismus: Eine Dokumentation zum Kirchenkampf. Stuttgart: Calwer Verl., 1968-1986
  • Bosch, Michael; Niess, Wolfgang (Hgg.): Der Widerstand im deutschen Südwesten 1933 – 1945. Stuttgart: Kohlhammer, 1984 (Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs;10)
  • Sauer, Paul: Württemberg in der Zeit des Nationalsozialismus. Ulm: Süddt. Verlagsges., 1975
  • Schnabel, Thomas (Hg.): Die Machtergreifung in Südwestdeutschland: Das Ende der Weimarer Republik in Baden und Württemberg 1928 – 1933. Stuttgart: Kohlhammer, 1982 (Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs; 6)
  • Stöckle, Thomas (Bearb.): Wohin bringt ihr uns? Euthanasiemorde in Württemberg; Gedenkorte der Diakonie [in Württemberg; herausgegeben anläßlich der Gedenkveranstaltung der Diakonie in Württemberg am 15. Oktober 2009, zum Beginn der Euthanasiemorde vor 70 Jahren durch die Beschlagnahmung Grafenecks. Stuttgart: Diakonisches Werk Württemberg, 2009
  • Pflug, Konrad; Steinbach, Peter (Hg.): Orte des Gedenkens und Erinnerns in Baden-Württemberg. Stuttgart: Kohlhammer, 2007 (Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs; 35)
  • Dokumente über die Verfolgung der jüdischen Bürger in Baden-Württemberg durch das nationalsozialistische Regime: 1933 – 1945. Stuttgart: Kohlhammer, 1966 (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg; 16)
  • Haigis, Peter: Sie halfen Juden: Schwäbische Pfarrhäuser im Widerstand. Stuttgart: Evangel. Gemeindepresse, 2007
  • Finger, Jürgen: Eigensinn im Einheitsstaat: NS-Schulpolitik in Württemberg, Baden und im Elsass 1933-1945. Baden-Baden: Nomos, 2016 (Historische Grundlagen der Moderne; Band 12. Moderne Regionalgeschichte)