Theater und Fasching

Theater und Mummenschanz überschneiden sich: Reguläres Theater gehört ins traditionelle Rahmenprogramm des Karnevals, das Brauchtum des Karnevals umfasst theatrale Formen. Es liegt deshalb nahe, auf der Bühne die Berührungspunkte von Theater und Karneval auszuloten. Dabei lassen sich regionale Traditionen aufgreifen.

Was Fasnacht mit Theater verbindet

  • Auf der Bühne und in der Fasnacht spielt man eine Rolle;
  • Man kostümiert sich;
  • Man trägt Maske;
  • Im Brauchtum der Fasnacht gibt es theatrale Formen, beispielsweise die Büttenrede, Festumzüge, Rathausstürme;
  • Fastnachtsspiele erlauben es, gesellschaftliche Konventionen aufzubrechen.

Was Fastnachtspiele sind

Fastnachtspiele

  • Orte: Erste Fastnachtspiele vom Ende des 15. Jahrhunderts kennt man aus Lübeck und Eger; sie entstehen später vor allem im Fränkischen, vor allem in Nürnberg (Meistersang); weitere Zentren des Fastnachtspiels sind Köln, Zürich, Lausanne, Thorn und Tirol;
  • Dekoration: Gespielt wurde zunächst im Stegreif unter freiem Himmel; später im Wirtshaus oder in den Häusern der Patrizier, jedenfalls unter Verzicht auf eine regelrechte Bühne; die Umgebung wurde allerdings oft durch Wortkulissen erzeugt; die Kostüme waren oft einfach, aufwendige Requisiten wurden gemieden.
  • Akteure: Die Schauspieler waren häufig Handwerksgesellen, in Lübeck und Nürnberg spielten auch wohlhabende Bürger aus dem Patrizierstand;
  • Rollen: Typische Rollen des Fastnachtspiels sind Eheleute, Kleriker, Magd und fahrender Schüler, die komisch überzeichnet werden;
  • Themen: Die Themen des Fastnachtspiels stammen aus dem Eheleben und dem Wirtschaftsleben;
  • Autoren: Zu den Autoren bekannter Stücke gehören Hans Rosenplüt und Hans Folz; später sind es Peter Probst und Hans Sachs, die das Fastnachtspiel weiterentwickeln und Stoffe der Schwankliteratur und literarische Vorlagen verarbeiten (Boccacccio);
  • Texte: Zunächst sind kaum Texte überliefert, Fastnachtspiele wurden mündlich überliefert, später entwickelt sich eine spielbare Fastnachtliteratur, Regieanweisungen fehlen jedoch;
  • Formen: Neben Allegorien sind Rüpelspiele und Farcen üblich; dazu gehören Stoffe aus dem Umkreis der Neidhart-Dichtung.

Reihenspiele

Reihenspiele…

  • umfassen etwa 250 Verse;
  • bestehen aus einer Abfolge von Einzelreden;
  • beginnen und enden mit dem Precursor, der das Stück einleitet und beendet und damit die Verbindung herstellt zum Fastnachtstreiben;
  • Die Reihe kann beliebig verlängert oder verkürzt werden;
  • Typisch sind bildhafte Wortwitze und Tabubrüche, fäkaler Humor und sexuelle Anspielungen.

Handlungsspiel

Handlungsspiele…

  • lösen sich von der Wechselwirkung mit dem Publikum und werden autonom;
  • verzichten auf den drastischen Sexual- und Fäkalhumor des Reihenspiels;
  • setzen stattdessen auf Handlungskomik;
  • verwenden das Stilmittel des Stichreims.

Typische Handlungsmuster des Fastnachtspiels

Typische Motive des Fastnachtspiels sind…

  • Prozess-Motiv: Zwei Gruppen streiten sich (oft ergebnislos) um einen nichtigen Gegenstand;
  • Werbespiel: Zwei Gruppen machen unter sich aus, wer de Bessere ist;
  • Gelehrtensatire: Ein Gelehrter beweist seine Lebensferne und lässt sich übertölpeln;
  • Ärztesatire: Ärzte erweisen sich als Beutelschneider und Kurpfuscher;
  • Heldenspiele: Helden aus der älteren Tradition treten in komischer Verzerrung auf;
  • Alltagsstücke: Szenen entstehen aus alltäglichen Konflikten in Ehe, Familie und Geschäft.

Übungen

  • Kostüme: An Fasnacht bieten sich Übungen zu Kostüm und Maske an.
  • Knittelverse: Die Spielenden improvisieren mit gereimten Knittelversen.
  • Büttenrede: Ein Spieler hält eine Büttenrede, der andere musiziert dazu.

Bibliographie

  • Ridder, Klaus: Fastnachtspiele: Weltliches Schauspiel in literarischen und kulturellen Kontexten. Berlin: De Gruyter, 2009
  • Butte, Maren; Mungen, Anno (Hgg.): Feiern - singen - schunkeln: Karnevalsaufführungen vom Mittelalter bis heute. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2017
  • Wuttke, Dieter (Hg.): Fastnachtsspiele des 15. und 16. Jahrhunderts. Stuttgart: Reclam, 2006, 7. Aufl.
  • Catholy, Eckehard: Fastnachtspiel. Stuttgart: Metzler, 1966
  • Spiewok, Wolfgang: Das deutsche Fastnachtspiel: Ursprung, Funktionen, Aufführungspraxis. Greifswald: Reineke-Verl., 1997 (Reinekes Taschenbuch-Reihe; 3)