Der Einsatz von digitalen Endgeräten im Unterricht
Wie effektiv das Lernen mit digitalen Medien ist, hängt nur zum Teil von den Medien selbst ab. Vor allem die schulische Infrastruktur, pädagogische Konzepte und die Haltung der Lernenden und Lehrenden sind entscheidend. Besonders der Einsatz von Geräten in Schülerhand birgt Chancen und Risiken. Zu unterscheiden sind dabei folgende Verfahren: administrierte Geräte, die in der Schule verbleiben; personalisierte Schulgeräte zur Nutzung durch einzelne Lernende; die Nutzung privater Geräte (BYOD = Bring Your Own Device). Die folgende Argumentationshilfe ist ein Versuch, alle Systeme zusammenzufassen – daraus ergibt sich, dass nicht jeder Vorteil (oder Einwand) auf das jeweils praktizierte System angewendet werden kann. Eine weitere Einschränkung betrifft das jeweilige Schulalter: Bei Schülern der Unterstufe treten andere Probleme auf als bei Schülern der Oberstufe. Beide Gruppen können Vorteile digitaler Medien anders nutzen.
Vorteile und Einwände
Vorteile
- Die Schüler können die vielfältigen Möglichkeiten digitaler Medien nutzen und multimediale Produkte gestalten, sofern die Tablets mediengemäß eingesetzt werden;
- Unter günstigen Bedingungen können digitale Medien effektiv sein (beachtet werden sollten Multimediaeffekt, Worked-Example-Effekt, Modalitätseffekt, Signalisierung, Split-Attention-Effekt, Kohärenz-Effekt, Redundanz-Effekt);
- Das Arbeiten mit digitalen Medien motiviert, wo Unterrichtsergebnisse eigenständig gestaltet werden und digitale Belohnungssysteme genutzt werden;
- Arbeitsergebnisse können auch nachträglich besser strukturiert und zur Klausurvorbereitung genutzt werden;
- Schüler können raum- und zeitversetzt kollaborativ arbeiten;
- Schüler können den Unterricht am Whiteboard mitgestalten; der Medieneinsatz kann die Partizipationsmöglichkeiten erhöhen;
- Im Unterricht lässt sich viel leichter differenzieren und individualisieren;
- Das Gewicht der Schulmaterialien wird reduziert;
- Der Papieraufwand wird reduziert, was auch ökologische Vorteile hat;
- Vielen Schülern fällt es leichter, Aufschriebe digital verfügbar zu haben (kein Vergessen von Arbeitsunterlagen);
- Tablets können Probleme beim Bearbeiten von Arbeitsblättern ausgleichen und individuell eingestellt werden (Platzbedarf beim Schreiben);
- Schüler können im Fernunterricht auch dann einbezogen werden, wenn kein Präsenzunterricht in der Schule möglich ist;
- Schüler lernen einen sach-, methoden- und zielgerechten Umgang mit dem Tablet nur dann, wenn man es auch einsetzt;
- Wenn Materialien gescannt oder heruntergeladen werden, hat der Schüler jederzeit Zugriff; Materialien können rasch ausgetauscht werden, auch im Krankheitsfall;
- Der Aufwand für die Bereitstellung von Tabletbox oder Laptopwagen entfällt;
- Probleme beim Arbeiten in digitaler Umgebung können im Unterricht besprochen
Einwände
- Der Einsatz von Tablets erfordert eine Versorgung aller Schüler mit vergleichbaren Arbeitsmitteln; bei BYOD-Lösungen (Bring Your Own Device, Mitbringen von Privatgeräten) treten zahlreiche Probleme auf – beispielsweise werden Schüler durch private Inhalte abgelenkt (eigene Fotos, Videos…), die Trennung von Privatsphäre und schulischer Arbeitswelt verschwimmt;
- Es besteht die Gefahr, dass Schüler lediglich die Ergebnisse des Unterrichts mitnehmen, ohne sich an der Entstehung zu beteiligen (Social Lurking);
- Ohne Einführung ins Archivieren sind Daten auf den Tablets unter Umständen chaotisch organisiert und nicht verfügbar;
- Bei Cyberbullying während des Unterrichts hat die Lehrkraft viel weniger Interventionsmöglichkeiten als bei hör- und sichtbaren Belästigungen im Klassenzimmer;
- Beim Arbeiten Netz ist eine werbefreie Umgebung schwer zu gewährleisten;
- Falls der Einsatz von privaten Endgeräten im Unterricht stattfindet, muss die Lernmittelfreiheit gesichert sein;
- Der Einsatz digitaler Medien kann zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen (Bewegungsmangel, Feinmotorik, Schulkurzsichtigkeit, Konzentrationsvermögen);
- Tablets können in vielfacher Weise missbraucht werden (Gaming, Chats…);
- Die Frequenz der Ablenkungen und Störungen im Unterricht nimmt zu, für beide Seiten;
- Die Effizienz der Arbeitsphasen kann abnehmen, wenn das Gerät für soziale Netzwerke und Spielen genutzt werden kann (Multitasking ist ein Mythos; Studienlage: Schon die physische Gegenwart des Geräts schmälert das Lernergebnis);
- Die digitale Umgebung verführt dazu, das Design in den Vordergrund zu stellen und nicht die Inhalte;
- Reibungsverluste können auftreten: Schüler sind nach Phasen der Einzel- und Partnerarbeit schwer in Frontalphasen zu überführen;
- Die Abhängigkeit des Unterrichts von Geräten bestimmter Hersteller nimmt zu, bei Störungen wie Defekten oder Versorgungsproblemen ist der Zeitverlust hoch;
- Digitale Medien übernehmen zahlreiche Fähigkeiten, die unsere Schüler üben sollten (z. B. Rechtschreibprüfung);
- Datenverluste sind jederzeit möglich;
- Bei Cloudlösungen ergeben sich Datenschutzprobleme; ebenso, wenn Schüler für die Kommunikation im Unterricht soziale Netzwerke einsetzen;
- Versicherungsfragen sind oft nicht geklärt – privat mitgebrachte Geräte sind (vermutlich) nicht in der Schulversicherung berücksichtigt;
- Die Leistungsmessung findet in der Regel händisch statt; unklar ist, ob digitales Üben bei analoger Leistungsmessung zu vergleichbaren Ergebnissen führt;
- Soll händisches Schreiben weiter gepflegt werden, muss die Handschrift leserlich sein – dazu braucht es Übung;
- Standardisierte Lernwege schließen eigenständige und kreative Lösungen aus;
- Personale und methodische Kompetenzen im Umgang mit dem Tablet (z. B. Maschinenscheiben) müssten systematisch vermittelt und geübt werden;
- Der Schutz der Privatsphäre der Lehrenden und Lernenden ist schwer zu gewährleisten; bei der Kontrolle der Unterrichtsergebnisse kann es zu Verletzungen der Privatsphäre der Schüler kommen; Unterricht kann jederzeit mitgeschnitten und gestreamt werden, Fotos lassen sich kaum verhindern.