Schwank
Der schwänkische Esser
In deutschen Schwänken findet das Essen an zweierlei Ort den Weg in den Schlund des Witzigen und des Übertölpelten: im Wirtshaus und am heimischen Tisch. Schilderungen dessen, was verspeist wird und wie es verspeist wird, es gibt sie selten: oft beschränkt sich, wenn nicht der Kalender ein anderes Essen vorgibt, die magere Kost auf Fleisch, Salz, Schmalz und Brot. Getrunken wird Wein, insbesondere deshalb, weil dessen Folgen dem Erzählgang manch unerwartete Wendung geben. Speisen sind kaum mehr als ein gesellschaftliches Symbol: sie sind aufwendig oder simpel, köstlich oder dürftig, billig oder reich. Das Wirtshaus erscheint als Sammelpunkt des Straßen- und Dorflebens: hier treffen die Opfer und Täter des Schwanks aufeinander, hier werden Schwänke erdacht, durchgeführt und erzählt. Wandernde Habenichtse und wohlhäbige Bürger treffen im Gasthaus aufeinander, hier kommt man ins Geschäft. Wo, wenn nicht im Gasthaus, können sich die Kardinaltugenden der unteren Schichten, wo können sich Schläue, Vorsicht und Sparsamkeit besser entfalten? Das Gasthaus ist Teil eines Erzählwesens, das sich auf sich selbst bezieht: der Schwank entstammt einer Kultur der mündlich vermittelten List, die im Gasthaus als Gleitmittel des Umgangs unter Fremden entsteht. In seiner literarischen Form hat er andere, zusätzliche Funktionen: er bietet ökonomische und moralische Lehre, unterrichtet in der Eheführung und im geselligen Miteinander. Daher verwundert es nicht, wenn sich Schwänke zuweilen stark an die Predigt, zuweilen stärker an die Spiegelliteratur anlehnen.
Das Essen im Gasthaus ist oft genug Preis eines Streichs, den der Esser dem Anbieter des Essens, oft genug dem Gastwirt spielt. In den Fazetien Heinrich Bebels (19: Von einem Bayern) rühmt sich ein bairischer Pilger, er habe den Wirt eines zurückliegenden Gasthauses "trefflich betrogen" - er habe "in einem Ei ein ganz Hühnlein verschlungen und nicht bezahlt!". Das Schwänkische, bei Bebel Beiwort und Auszeichnung gerissener Leute, ist mehrdeutig: zum Einen bringt es die alte Tugend der kunstreichen Verschlagenheit, der höfischen "list" zum Ausdruck, zum Andern zeugt es von einer gewissen Nachlässigkeit in moralischen Fragen. Auf Spuren höfischer Tugend trifft der Leser allenthalben in bürgerlicher Schwankdichtung - dazu jedoch an anderer Stelle. Zunächst einige Bemerkungen zur lehrhaften Wirkung kulinarischer Sinnbilder. Aus den Fabulis Poetarum, vermutlich aus Ovid (Met. XI, 174 ff.), sei die Geschichte des Midas entnommen: berichtet wird die Episode mit den Eselsohren, die Midas sich als unkluger Kunstrichter gegen Apollo verdient. Darum soll es uns nun weniger gehen als um die Lehre, die Johannes Pauli seiner Nacherzählung anhängt, die nicht den unverständigen König der Phryger, sondern die Gerüchtemacher dem Spott preisgibt:.
Ein jeglicher Wein, der in sich selbst gärt, der ist besser denn der oben aus dem Faß herauskommt. Sie sind gleich einem Faß mit neuem Wein, das man fährt, dem muß man ein Luftlöchlein lassen, und wenn man es nicht tut, so dürfte dem Faß wohl der Boden herausspringen. Also sie glauben, wenn sie nicht klagen könnten, so möchte ihnen ihr Herz zerspringen.
Dem Mythos wird die Übertragung ins Leben elsässischer Weinbauern zur Seite gestellt. Wie in der Ars predicandi der Bibeltext in der Auslegung zugleich seine Veranschaulichung erfahren soll, so wird dem antiken Mythos eine Lehre angehängt, um die es zumindest bei Ovid nur am Rande geht. Die Spannung zwischen Fabel und Maxime ist in vielen Schwänken offenkundig. Wenn schon eine greifbare Verbindung besteht, dann ist nicht zunächst die antike Quelle, sondern deren überlieferte Bedeutung für die Behandlung des Stoffs entscheidend. Alexander ist nicht zunächst der große Feldherr und Entdecker, er ist der unbeherrschte und zugleich herrschsüchtige König späterer Alexanderdichtungen. Bilder des Bereitens und Verzehrens sind selbst hier, wo typologische Bedeutung fernliegt, ein gerne gebrauchtes Mittel der Überredung.
Kunstgerechtes Tranchieren bei Tisch, das seinerseits wieder kunstgerechter Betrug ist, kann im Schwank eine soziale Ordnung spiegeln. In Johannes Paulis Schimpf und Ernst (Nr. 17) wird erzählt, wie der Beichtvater eines Edlemannes einen Hühnervogel so geschickt "nach der Schrift" zerlegt, dass die Familie des Adeligen weitgehend leer ausgeht. Der Hausherr und Gastgeber erhält als Haupt des Haushalts auch den Kopf des Hahns, die ihm nächstgestellte Dame den Hals, die flatterhaften Töchter die Flügel und die Söhne, Stützen des Geschlechts, die Schlegel. Der Mönch verspeist den Leib, weil der so zerlegte Vogel "ungestalt" sei und damit dem Mönch gleiche, der den Schnabel auf dem Rücken trage. So schiebt der Geistliche einen Demutstopos vor, um sich den Löwenanteil zu sichern. Die Rolle des schriftkundigen und wortgewandten Mönchs, der im Auslegen des geistlichen Mahls geschult ist, bewährt sich auch an weltlicher Speise. Der Vogel als Erzählanlass gruppiert die adelige Familie um sich: zwei Flügel erzeugen zwei Söhne, zwei Flügel verlangen nach zwei Töchtern. Als Kirchensatire bedient sich der Schwank des Bildes vom gefräßigen Kleriker: Der Herzog von Mailand, Franziskus (gemeint ist vielleicht Francisco di Medici), lädt in Johannes Paulis Nr. 43 einen berüchtigten Esser mit dem Namen Sifronius von Ast zu Gast, der alsbald "vier gebratene Kapaunen ... und vier Rebhühner und vierzig hartgesottene Eier und ein Pfund alten Käse" verschlingt, "daß man es nicht glaubt, wenn man es nicht sagt". Dieses topische Augenzwinkern, es sei wohl nicht weit her mit der Wahrheit im Schwank, vollendet sich in der Pointe, die den fresslustigen Kirchenmann entschuldigend anmerken lässt, er sei "nicht so eßlustig gewesen ... , wie es sich geziehmt". Unflätige Manieren bei Tisch, eine verwerfliche Neigung zur Genießerei: das muss sich ein "toller, voller, verlotterter, verhurter, gottloser Pfaffe" in der dritten Erzählung aus dem Rollwagenbüchlein Jörg Wickrams vorwerfen lassen, "dem allezeit seine Sinne und Gedanken mehr nach dem Wirtshaus denn nach der Kirche standen." Die Erzählung ist überschrieben: "Wie sich ein Pfaffe vermass, mit fünf Worten in den Himmel zu kommen". Ob diese fünf Worte denen entsprechen, die Paulus im 1. Korinther 19 bezeichnet - es bleibt offen, sie werden nicht näher bestimmt. Der Kleriker rühmt sich jedenfalls, sich mit fünf Wörtern von aller Sünde lossagen zu können. Eben das misslingt ihm im Anblick des Todes, seine fünf Worte gibt ihm das Wirtshaus ein: "O lieber Wirt, schenk tapfer ein!". Die unterstellte Neigung der Kleriker zu Trank und Speise, die Schwänken immer wieder Anlass zum Spott geben, ist die bewegende Kraft vieler Fabeln, die einen Fehltritt oder die Absicht dazu voraussetzen. So stürzt ein trunkener Pfaffe bei Jörg Wickram aus Gier nach Entennbraten in eine Wolfsgrube (Rollwagenbüchkein, Nr. 46: Ein voller Pfaffe wollte zu einem Königreich gehen, fiel in eine Wolfgrube, als er vermeinte, eine Ente zu fangen). Die Satire nimmt sich die Freiheit einer Steigerung, als der Wolf, der dem Entengeschrei folgt, trotz seines Wolfhungers dem Kirchenmann ein Muster an Zurückhaltung bietet. Wenn auch der Klerus als Hauptziel schwänkischen Mutwillens gelten muss, auch der Adel bekommt buchstäblich sein Fett ab. Die Nähe des Schwanks zur Anekdote ist offenkundig; aber erst wo der Schwank Namen nennt, ist diese grüne Grenze überschritten. Wohlbekannt ist jene Anekdote, die man Marie Antoinette in den Mund gelegt hat: die Bauern seien hungernd vor Versailles aufgezogen, sollen nach Brot verlangt haben. Die Königin habe versetzt: "Dann sollen sie doch Kuchen essen." Eine nah verwandte Geschichte aber legt 1560 Martin Montanus in Das Ander Theyl der Gartengesellschaft einer Gräfin in den Mund. Es genügt an dieser Stelle, den als Argumentum zu verstehenden Titel zu nennen: "Eine Gräfin sagt, die armen Leute sollten Käse und Brot essen, damit sie nicht Hungers stürben." Schwänke vertreten deutlich Werte und Regeln des lutherischen Bürgertums und der Bauern, denen der Adel von seiner einstigen Machtfülle einiges bereits mitgeteilt hat. Selten genug sind Burgen und Schlösser des niedrigen Adels Schauplätze eines Schwankgeschehens. Die Dekadenz der Junker ist ein grelles Gegenbild für die bürgerliche Ethik des Verzichts; während schlechte Tischmanieren einst als Kennzeichen der kleinen Leute galt, hat sich das Unflätige im Zeitalter der Reformation zum Ausweis des Adels gemausert, so, dass bei Lindener in den Katzipori ein Junker auftritt, "der seinen Adel im Speien und Furzen sehen ließ und nichts anderes konnte denn Schlemmen und Prassen, Fressen und Saufen, wie jetzund die heiligen Taten des Adels sind" (Nr. 6: Ein geschwinder Bescheid eines Hausknechts, einem Edelmann gegeben).
Für den Schwänkischen, als Bauer, Vagant oder Pilger nicht selten ein Entwurzelter oder Entrechter, ist die Hauptfrage im Verlauf der Erzählung: Wie komme ich möglichst billig an ein möglichst köstliches Mahl? Wo ein gerissener Schelm auftritt, ist ein übertölpelter Schurke oft nicht weit. Wirte scheinen mit ihren zuweilen recht rustikalen Manieren den Spott des Fazetienschreibers und seines Publikums magnetisch anzuziehen. In Bebels Fazetie Nr. 25 erleidet ein Wirt beträchtlichen Schaden, als er unwillig einen Teller aus dem Fenster wirft, "als der Tisch nicht genug trefflich und nach seim Gefallen bereit war". Ein eingekehrter "Wandrer" lässt "alle Kannen und Trinkgeschirr und was auf dem Tisch war" folgen; er habe gemeint, man wolle "vielleicht drunten essen". Der Schwank ist hier eine verkehrte Tischzucht für die Unterschicht, satirisch zielt sie auf Besserung: das unangemessen raue Betragen des Wirts bestraft der Gast durch eine ebenso unangemessene Handlung, die dem Verhalten des Gastwirts entspricht. Der Schwank richtet sich jedoch keineswegs allein gegen die Schlechten, sondern vorrangig gegen die Dummen: der Schlechte ist ein Prüfstein und Wetzkeil für den Verstand des Biedermanns. Das zeigt sich noch in den Schwänken des 20. Jarhunderts. In einer Erzählung aus der Sammlung Zigeunerhumor, veranstaltet von Friedrich S. Krauß im Jahr 1907, wettet ein Zigeuner mit einem Bauern, er könne Flasche Wein in einem Zug austrinken - andernfalls dürfe der Wettbündner ihm auf den Bart spucken. Der Zigeuner leert die Flasche nur halb, und der Bauerm, solchermaßen gewitzigt, verzichtet darauf, seinen Wettpreis einzulösen. Schurken sind Kirchenleute oder in verschiedenen Künsten Bewanderte: Studenten, Pilger, kleine Händler und Handwerker, erst später auch Zigeuner oder Juden. Geschickt entziehen sie sich dem Griff der Behörden, errangeln sich die besten Bissen. Der Übertölpelte dagegen ist die Zielscheibe auklärenden Spotts: seht her, sagt der Fazetist, so haltet es nicht! Dem bezechten Bauer, der sich von bettelnden Vaganten das angeblich unerschöpfliche Fässchen St. Othmars verkaufen lässt, gehört es nicht anders, weil ihn nach mühelosem Genuss verlangt. Der legendarische Hintergrund - die Othmarslegende darf im weinreichen Württemberg als bekannt vorausgesetzt werden - unterstreicht, wie unrecht das Begehren des Bauern ist: das Fässchen Othmars diente der Verköstigung jener Mönche, die den Leichnam des heiligen Othmar von der Rheininsel Werd nach Sankt Gallen überführen; eine solche wunderwirkende Reliquie kann nicht zur Ausrichtung von Besäufnissen missbraucht werden. Ähnlich wie dem betrogenen Albbauern ergeht es jenem Wirt in Bebels Nr. 50, Ein Schwank Paul Wüsts, aufgezeichnet von Brassicano: Paul Wüst, ein sprechender Name, macht einem Wirt im württembergischen Remstal vor, er könne Eier legen: dieser, gutgläubig und gierig genug, hält die Hand auf und und empfängt nach zwei vorgewärmten Eiern den Kot des Picaros. Ähnlich angeführt wird der Wirt, dem in Johann Peter Hebels Schatzkästlein des rheinischen Hausfreunds (1818) ein "wohlgekleideter Gast" die Zeche prellt. Wie in anderen Kalendergeschichten Hebels folgt hier die Leseanweisung nicht der Erzählung, sie steht vielmehr als salomonisches Urteil über der Erzählung mit dem deutungsfreien Titel Das wohlfeile Mittagessen: "Wer Andern eine Grube gräbt, fällt selber darein." Hier sichert sich der Gast durch eine mehrdeutige Bemerkung Straffreiheit - der Wirt serviert ihm "für sein Geld" zunächst "eine gute Fleischsuppe", dann "ein Stück Rindfleisch und ein Gemüß", zuletzt "auch ein Glas Wein". Den Taler Bezahlung verwehrt der Gast dem übereifrigen wirt mit der Bemerkung, er habe ja nur "für sein Geld" bestellt. Möglich ist das nur, wenn im Gegeinander der Gewitzigten die Regel gilt, dass nicht der Mächtigste, sondern der Gerissenste recht behält; das ist in diesem Fall der Gast, der die geläufige Bedeutung der Floskel "für sein Geld" (für jede zu bezahlende Summe) zugunsten der wörtlichen Bedeutung abstreift (für das Geld, das der Gast in der Tat besitzt). Schlägt der Wirt über die Stränge, wird er vom Picaro in seine Grenzen verwiesen. In der Regel sucht sich der Gastwirt zu bereichern und wird dann seinerseits betrogen. In Des überaus lustigen und sehr kurtzweiligen Schergeigers anderer Teil von 1673 wird die später oft wiederholte Geschichte erzählt, wie ein habgieriger Wirt für den Geruch seiner Speise abkassieren möchte; ein findiger Gast bezahlt mit dem bloßen Klang eines Geldstücks. Einen wahren Überbietungswettbewerb in Sachen Gerissenheit inszenieren nun ein "vornehmer Doctor" und ein Stadtschreiber in Der lustige und possierliche Historienschreiber (ca. 1800) und belehren zugleich über das recht Verhalten als Gastgeber. Der Stadtschreiber setzt dem Arzt zwar eine Suppe vor aber reicht keinen Löffel; diesen Streich überbietet der solchermaßen Herausgeforderte, indem er sich ebenso gerissen zur Wehr setzt:
Der Schreiber sprach: "Ey, ein Schelm, wer nicht Suppe mit isst." Wie der Doctor das hörte, nahm er das Brod, schnitt die Kruste herunter, grub dieselbe aus, stach Gabel drein und aß Suppe. Wiie nun die Suppe aus war, aß er seinen Löffel und sagte zu den andern: "Ein Schelm, der seinen Löffel nicht isset."
Mit der Obrigkeit bekommt es "ein Abenteurer, ein seltsamer Possenreißer" zu tun, der im Rollwagenbüchlein neben seiner Ware auch Branntwein feilbietet; die sich einstellende Saufgemeinde schmäht auch sonntags die geistlichen Kunden. Dem Zugriff des Vogs und seiner Männer, von der Kirche auf den Plan gerufen, entzieht sich der illegale Brenner mit einem Humpen voll Lauge. Weil nämlich der Vogt seine eigenen Grenzen überschreitet und den Branntwein mit Zucker zur Suppe anrührt, kann ihn der Anschlag des Brenners erst treffen. Zur Rede gestellt, verweist der Brenner zurecht darauf, dass er mitnichten der Panscherei bezichtigt werden könne, wo kein Handel stattgefunden habe. Umkehrungen der sozialen Ordnung im Schwank sind jedoch nicht grundsätzlich dazu eingerichtet, denn Sinn dieser Ordnung in Frage zu stellen. Zuweilen bekommen die Unteren das auf den Tisch, was ihren Herren zusteht, ohne sich eine solche Speise erschwindelt zu haben: so darf man Jörg Wickrams Schwank Nr. 12 verstehen (Von Kaufmannsknechten, die von Frankfurt aus zu Fuss heimzogen, wie sie bei einem Wirt nichts anderes zu essen haben wollten als Treuschileberle). Hier wird eine auch heute noch geschätzte Delikatesse, die Leber der Trüsche (lota lota, auch: Quappe oder Rutte) von den Knechten verzehrt, während den nachreisenden Herren nichts übrig bleibt, als ihre Fischspeise leberlos zu verzehren und den Knechten Vergeltung zu wünschen. Auch hier ist es weniger eine moralische Unterweisung, die der Schwank sich vorsetzt: ein überraschender Zufall gleicher Gelüste und der Vorrang des Knechts vor dem Herrn unterhält den Leser. Trüschenleber, ein Augenheilmittel, schafft den Essern Hellsichtigkeit (erinnernd an den biblischen Tobias): der Leser darf vermuten, dass sich solche befreienden Szenen im Verlauf der Reise häufen, ohne dass die Herren die Gelegenheit hätten, die Rangfolge umzustellen. Zuweilen jedoch ist der Schelm der Geleimte: vielgestaltig sind Schwänke in dieser Hinsicht, auch Landsknechte und Pilger werden zuweilen um ihr Hab und Gut erleichtert; besonders von jenen, die sonst zu den Opfern ihrer Streiche gehören. Auch einem jungen Landsknecht aus dem Rollwagenbüchlein geht es so (Nr. 40: Wie ein Landsknecht mit seinem guten Springen um ein schönes Maidlein kam und zur Nacht in einem Saustall kliegen musste). Der Schwank hebt an, indem er einen Misstand umreißt, den die folgende Fabel bewältigen hilft:
Es haben die frommen Landsknechtem, Gott verzeihe es mir, einen Brauch im Land und sonderlich im Schwabenland und auf dem Schwarzwald, daß sie zur Winterszeit auf der Gart herumziehen, die armen Bauern um Speise, Brot, Eier, Salz und Schmalz bestürmen; [...].
Berichtet wird außerdem, dass Landsknechte Merkzeichen an den Hoftüren anbrächten, ein Motiv, das der Schwank nicht weiter verfolgt. Damit ist lediglich die Herberge, die der Haupthandelnde anläuft, ein nicht "recht studierter" Landsknecht, als unpassend ausgewiesen - jedenfalls wird kein Merkzeichen erwähnt. Von einem Großbauern wird der junge Mann an eine Witwe mit einer heiratsfähigen Tochter verwiesen. Alleinstehende Frauen sind in zahllosen Schwänken die wenig wehrhaften und leicht zu betrügenden Opfer wandernden Volks, werden ausgenommen oder geschwängert. Hier jedoch verschaffen sich die listige Alte und ihre Tochter Brot und Wein, als sich der Landsknecht bei einem Sprungwettbewerb, dessen Preis uim Bett der Tochter einzulösen ist, selbst vor die Tür. Eine weitere blinde Fährte legt der Schwank: der Landsknecht steht vor der Wahl, der Mutter beizuliegen, wenn er nicht weit genug springt - und diese Vertauschung wäre in einem Schwank durchaus nicht ungewöhnlich; auch das Kuchenbacken, sonst eine hervorragende Gelegenheit zum Fehltritt, bleibt hier folgenlos.
Die Liste bespöttelter Toren und Übeltäter ist lang, die Vielfalt der Übeltaten groß. In Bebels 41. Fazetie tritt der Wirt als Weinpanscher auf; dessen Töchterchen verrät unwissentlich dessen Machenschaften, als ein Gast dem Wein Wasser beimengt - das sei doch nicht nötig, "der Vater hat erst nächten ein ganzen Eimer voll hineingegossen." In der folgenden Erzählung sind es "gute Gesellen", die im gepanschten Wein Fische einsetzen, um dem Wirt ein Geständnis zu entlocken. Betrogen sieht sich auch jener Wirt aus Jörg Wickrams Rollwagenbüchlein, der einigen Nachbarn Wein und Speise kredenzt ohne Bezahlung zu verlangen. Reisenden Kaufleuten, die kurz darauf mit ihrem Rollwagen vor dem Gasthaus anlangen, serviert der Wirt Gästen und Nachbarn "Reismus, von gebackenen Fischen umlegt". Inzwischen ist jedoch der kostenpflichtige Kapaun entwendet worden; einer der Nachbarn hat ihn entwendet und gibt in erst zurück, als der Wirt bei seiner Forderung bleibt. Die Pointe bleibt unklar: der Kapaun wird nicht verzehrt, ein Betrug bleibt offenkundig aus, der Streich ist weder ein Ausdruck besonderer Schläue, noch straft er einen unlauteren Wirt. Die Gäste schließlich sind gänzlich funktionslos - der Leser gewinnt den Eindruck, hier werde ein Schwank nur seiner Form nach erzählt: eine Gasthauszene wird berichtet, dann der übliche Mundraub, seine Auflösung und ein lehrhafter Schlussatz, an dessen Stelle hier die sonderbare Bemerkung tritt, dass der Gast den Kapaun zurückreicht.
Adelssatire bietet auch das unter Nr. 29 in Johannes Paulis Schimpf und Ernst aufgebrachte Gleichnis - Fürstenblut, heißt es dort, ergebe keine guten Würste - es halte (wegen der Streitsucht des Adels) nicht recht zusammen. Die Schleckigen erscheinen nicht selten als die Gewieften: als sei ein kundiger Gaumen ein sicheres Indiz für einen beweglichen Geist. So gelingt es der Kellnerin in Paulis Nr. 51, zwei gebratene Hühner zu verzehren und ungeschoren davonzukommen: dem Gast macht sie weiß, der Koch habe es auf seine Ohren angesehen; der Koch hingegen glaubt, er habe es mit einem Zechpreller zu tun, als der Gast sich verständlicherweise entfernt. In der Moral vermerkt Pauli: "hier wird auch der Frauen List gemerkt". Die alten Erzählmuster weiblicher List erfreuen sich noch 1519, als der Schwank entsteht, großer Beliebtheit. Hier verbinden sie sich mit sozialer Satire, die den Gastwirt zum hilflosen Opfer seiner gerissenen Angestellten macht. Vom Schleckermaul zum Tellerlecker ist freilich nur ein kleiner Schritt. Oft genug erscheint das karge Essen als das bessere, wenn es Ausdruck selbstgewählter Schlichtheit oder fremdverschuldeten Elends ist - der Salat waschende Diogenes aus der Nr. 52 in Schimpf und Ernst ist das Gegenbild jenes Dieners des Tyrannen von Syrakus, der ihm vorhält, mit seiner Aufrichtigkeit alle Armut verdient zu haben. Als vir bonus der Hofsatire wendet sich der Kyniker an den "Pfefferlecker", wie er ihn nennt, und kehrt die Losung um:
"Wolltest du Kraut essen, so brauchtest du deinem Herrn Dionysios nicht zu adulieren und Schmeichlerei zu treiben." Das ist wahr, denn an der Fürsten Höfe, da schmeicheln sie allein den Herren, daß sie zu essen und zu trinken haben."
Der reisende Potentat ist verletztlich und begibt sich, wenn er unterwegs einkehrt, als Namenloser unter Namenlosen in die Macht des Wirts. Die Figur des Wirts, üblicherweise der Betrogene, kehrt sich dann zum Gewitzten, zeigt dem Fürsten seine Grenzen. So zumindest trägt es sich zu in einer schwankhaften Anekdote, die Berthold Auerbach im Schatzkästlein des Gevattermanns von 1856 über Herzog Karl (von Württemberg) erzählt - nicht auszumachen und wohl auch nicht vonBedeutung ist, ob Carl Alexander gemeint ist oder Carl Eugen. Kaum ist der Hinweis nötig, dass der Esser von fürstlichem Geblüt sich als das zu erkennen gibt, was er ist: ein Esser wie jeder andere. Dem unwirschen Befehl, den zahlreich umherschwirrenden Stubenfliegen ein eigenes Gedeck aufzutragen, kommt die Wirtin nach - fordert nun aber ihrerseits den Herzog auf, das Seine zu tun:
"Gedeckt ist, befehlen jetzt auch Durchlaucht, daß sich die Mücken setzen."
Spöttische Bemerkungen über den Unflat des Adels, wie er bei Tisch zutage tritt, sie zielen nicht allein auf entlastendes Gelächter über die, denen es sonst besser geht. Schwänke über die schlechten Tischsitten bei Hof enthalten, wie es Darstellungen des Essens oft eigen ist, ein Lot Gleichmacherei: wer um einen Tisch sitzt, der isst auf der gleichen Augenhöhe. Deutlich ist diese Neigung zum Einebnen in einem Schwank, den Julius Wilhelm Zincgref in Der Deutschen scharfsinnige, kluge Sprüche von 1626 erzählt. Der Haupthandelnde, "Christian Lipff, Burger zu Straßburg" ist bei Edelleuten zu Gast. Diese benehmen sich außerordentlich schlecht, und so wirft der Bürger in die Runde, ihn habe wohl "auch einer vom Adel gemacht?". Den verwunderten Edelleuten hält er entgegen, er sei "eben auch ein unflat wie jhr".
Allgemeiner gegen Prahlsucht richtet sich Johannes Paulis Schwank Nr. 16 aus Schimpf und Ernst: ein Narr verzehrt in einer grotesken Parallelhandlung zur bekannten Boccaccio-Novelle den Falken seines Herrn. Die daraus abgeleitete Moral zielt auf ein ganz anderes Laster und wirkt seltsam versöhnlich: "schleckerhafte Menschen begehren seltsame Speise". Der Scharfsinn der Feinschmecker bewährt sich auch bei jener Hausfrau Jörg Wickrams aus dem Rollwagenbüchlein (Nr. 16: Von einem Schneider, dem seine Frau fladen für Faden kauft). Die Dreierfigur des Schwanks und anderer Formen mündlicher Erzählkunst wird auch hier bemüht: zweimal gelingt es der naschhaften Frau, ihren Ehemann zu überlisten, indem sie statt Faden Fladen und statt Zwirn Birnen kauft. Der Erzählgang folgt dem Jahreslauf: Fladen sind nach Ostern feil, im Herbst die Birnen. Erst die Martinsgans, die sich dem mutwilligen Verhören nach auf "Nähtz" reimt (elsäß. Garn), bringt die Wende und führt zur Züchtigung der jungen Frau durch ihren "alten, kargen Schneider". Der betrügerische Reim scheitert gewissermaßen an sich selbst: erst an jenem Punkt, wo sich eine Unreinheit einschleicht, wird der Betrug entdeckt. Gezüchtigt wird die Hausfrau nicht allein für ihre schlechte Haushaltung oder ihre Schleckerei, sondern für ihr mangelndes Geschick im Reimen. Völlerei wird im Gegensatz zur Schleckerei selten beanstandet, wenn Frauen zum Ziel eines Schwanks werden. Es erscheint zumindest bis ins 16. Jahrhundert offenbar noch nicht unanständig, wenn Frauen bei entsprechender Gelegenheit tüchtig zulangen. Das ändert sich jedoch, als sich das Erzählen in die besser versorgten und daher auch eher auf Selbstzucht achtenden Kreise bewegt. Samuel Erlach berichtet in seinen Eutrapeliae von 1656 Von den den Eßmanieren einer schlagfertigen Jungfer. Lehrhaft ist dieser Schwank in seinem gesellschaftlichen, nicht vordergründig moralischen Anliegen: er greift eine Unart heraus, die keine grobe sittliche Verfehlung, sondern vorrangig einen Bruch mit der Etikette und zugleich einen charakterlichen Defekt bedeutet:
Ein junger Gesell wolte eine Jungfer, die ihm einen Korb gegeben, beschimpffen und sprach, als sie bey einer Mahlzeit etliche Knochen vor sich auff dem Teller ligen hatte, zu ihr: "Die Jungfer muß eine starke Mahlzeit getahn haben, daß sie so viel Knochen vor sich hat." Dem sie antwortete: "Ich esse als ein Mensch das Fleisch und laß die Knochen ligen. Ihr aber als ein Hund und fresst die Knochen mit."
Mit der zunehmenden Bedeutung des wohlgesetzten Benehmens rückt die Galanterie ins Blickfeld des Schwanks, und Verstöße wie dieser werden prompt bestraft. Insbesondere üble Nachrede wird in Schwänken mit besonderer Härte geahndet. So ist es wohl mehr als folgerichtig, wenn im Elenspiegelischen Mercurius eine angeblich entjungferte Wirtstochter den Grundsatz umkehrt, dass einer Liebesbeziehung das Essen, dem Geschlechtsakt das Verzehren vorausgeht. Dem Baron, der sich ihrer Entjungferung rühmt, gibt sie "in einem wohlgewaschenen Gläßlein von ihrem Urin" zu kosten. So wird die Besudelung der bürgerlichen Ehre in ihren Ausgang zurückgeführt: in den adeligen Körper. Die streitbare Jungfrau, wohl nicht zufällig eine Wirtstochter, bestraft zur Genugtuung der bürgerlichen Leserschaft den adligen Grenzverletzer: "Der Herr Baron hat sich berühmt, er habe meines Fleisches genossen, welches erlogen ist. Aber anjetzo wird er mit Wahrheit sagen können, daß er von der Brühe gekostet hat." Es wird nun auch weniger selbstverständlich gefurzt und gerülpst, es erscheint nun als anstößig, bei Tisch laut zu werden. Damit entfällt der Darmwind als Antreiber der Handlung und wird zunehmend auch aus dem Schwank verbannt. Im Eulenspiegelischen Mercurius von 1702 (Von einem Obristen, welcher einen Rülpsel lässet an der Königlichen Tafel zu Coppenhagen) lässt ein Soldat an des dänischen Königs Tafel einen Pfiff hören, nachdem er gerülpst hat. Gefragt, was dieses bedeute, entgegegnet der Soldat, er habe damit zu verstehen gegeben, "daß es ein Mensch und kein Ochs gethan hat". Weiter heißt es: "Durch solche geschwinde Gegenwarth erweckte derselbe ein Gelächter und bedeckte seinen Fehler."
Wo Schwänke nicht als verkehrte Tischzucht aufscheinen, da sind sie oft als verkehrte Ökonomie gefasst. Die richtige Lagerung des von Schädlingen umdrohten Essens, die richtige Zubereitung und Würzung erblickt der Leser in grotesker Verkehrung. Der bäurische Narr versteht sich keineswegs, den Lesern als Zerrbild vorgehalten, auf die rechte Pflege seines Hab und Gut: in der Gartengesellschaft Jakob Freys scheitert der Jungbauer Lawel gerade daran. In Abwesenheit der Mutter gibt er sich unvernünftigem Weingenuss hin, verliert den Zapfen, sucht den ausgelaufenen Wein mit Mehl zu löschen, köpft die Gans und verdirbt den Honig. Im Gegensatz zu Eulenspiegel, der sich durch absichtliches Verhören bereichert, sein Überleben sichert und zum Beispiel der Gerissenheit wird, erweist sich der Narr in der wörtlichen Deutung seiner Anweisungen als lebensunfähig. Heinrich Bebels Fazetie Nr. 28 (Von einem Weibe) hat die Hausfrau, "wie es in Schwaben Brauch ist", Fladen gebacken. Sie versteht sich jedoch nicht aufs Hauswirtschaften, lässt die Brote unversorgt, und so "nageten ihr die Mäus in der Nacht daran". Die Pointe des Schwanks verdoppelt die Häme über die dergestalt unfähige Haushalterin: sie folgt dem Rat einer Nachbarin, den Fladen der Hauskatze unterzuschieben. Die Katze freilich benagt den Karfreitagsfladen nun selbst. Einen ähnlichen Schwank erzählt Johannes Pauli in seiner Sammlung Schimpf und Ernst (Nr. 11): hier verzehrt die Hauskatze jedoch einen Käse, den ein Bauer, "wohl ein halber Narr" in einem Trog verwahrt. Pauli ergänzt die Auslegung der Fabel: die Katze entspreche ungerechten Amtleuten, die man, dem Volk zur Last, als Verwalter einsetze. Erschlagen wird ein säumiger Haushalter in Nr. 33. Er hat schlecht gewirtschaftet und stellt fest, dass ihm im Jahreslauf Nahrung für einen einzigen Tag fehlt:
"Ich habe unser Haus versorgt mit Wein, Brot, Salz, Fleisch, Schmalz und mit all dem, was in ein Haus gehört, bis auf einen Tag, und wenn wir einen Tag ohne Essen sein könnten, so hätten wir für das ganze Jahr genug."
Er stellt sich tot und macht damit von einer List Gebrauch, die in Schwänken immer wieder aufscheint: vor Trauer soll das Gesinde nicht essen wollen. Der Anschlag misslingt gründlich, und als der Hausherr nun den Schrecken eines plötzlich vom Tod Erwachten einrechnet, greift der Knecht zur Axt. Wer andern das verdiente und zur Arbeit nötige Essen vorenthält, so scheint Pauli trotz anderslautender Losung zu unterstellen, dem bekommt das ganz und gar nicht. Die Versorgung mit ansprechendem Essen, mit Kost und Herberge, ist eher noch als die Versorgung mit Geld eine Pflicht der Landbesitzer. Als schimpflich erscheint der Versuch, dem Gesinde etwas vorzuenthalten; geregelt ist, wann und was den Angestellten zu gewähren ist. So gilt an Sankt Martin als unverzichtbar, dass die Martinsgans, "ein sehr gutes Mahl von Gesottenem, Gebratenem, Hühnern, Gänsen und Schweineberaten" serviert wird, dazu die "allerbesten und stärksten Weine", wie es Jörg Wickram einmal fasst (Rollwagenbüchlein, Nr. 62: Von der Bäuerin und der süssen Martinsmilch). An eben diesen Festtagen, die nicht von ungefähr den römischen Saturnalien ähneln, sind die Unterschiede weniger spürbar - und solche Festtage sind eben auch für das Erzählen ein geeigneter Anlass, die Rang- und Standesunterschiede einzuebnen.
In diesen Zusammenhang gehört auch die Ehelehre, die um die Bereitung des Tischs und die Vorhaltung von Speisen notwendig zum Gegenstand hat. Wie wir oben gesehen haben, ist es keineswegs ausschließlich Aufgabe der Frau, für das häusliche Wohl zu sorgen: im Gegenteil, der Hausvater versieht den Haushalt mit allem Nötigen. Dennoch kommt ihr eine Schlüsselstellung zu, im wahrsten Sinne des Wortes: die verheiratete Frau hat die Schlüsselgewalt inne. In Johannes Paulis Schwank Nr. 30 findet eine Ehefrau ihren Mann scheinbar tot vor - der Gatte stellt sie auf die Probe, möchte erfahren, was sie nach seinem Ableben tut. Sie lässt das Haus verschlossen; auf Wehgeschrei jedoch verzichtet sie, indem sie sich zunächst eine "Pfanne mit Eiern" bäckt, dann Salzfleisch und Weinkännchen dazustellt. Die Auflösung bringt ein Petrarca-Zitat: jede Beschäftigung mit dem Verhalten der Ehefrau mit dem Tod ist müßig. Das sehr prosaische Frühstück führt dem Ehemann, der seine Verstellung löst, diese Tatsache vor Augen: Untreue ist ein entferntes Übel, weit dringlicher sind züchtige Verrichtungen, eben: das Essen und Trinken. Dieselbe Lehre erteilt der Sprecher dem Leser des folgenden Schwanks: die Ehefrau verzehrt das zu gemeinsamem Verzehr zurückgelegte Hähnchen, weil der Gatte ihr geboten hatte, nicht zu denken. Erneut führt eine kluge Gattin ihrem anmaßenden Mann essend vor, dass der Versuch vergeblich sei, die Gedanken einer Frau zu beherrschen, dass man ihr mithin auch erlauben müsse, nach dem eigenen Ableben ihre Gedanken schweifen zu lassen. Die Neigung der Frauen zur Schleckerei: diesen Gemeinplatz mit theologischem Fundament betritt so mancher Schwankschreiber. Im Hintergrund steht die Verführung des biederen Adam durch die naschhafte Eva (1. Mose 3, 6). In der Buhlschaft auf dem Baume, einem kurzen Schwank in Versen, verlegt der Erzähler den Sündefall gar auf einen Baum. Zwar handelt es sich um eine Linde, zum Baum der Erkenntnis wird er aber, als ein mit Äpfeln durchgeführtes Täuschungsmanöver misslingt: während sich also in der Krone die Verführung ereignet, umspannt der alte Adam den Stamm; der ihm Hörner aufsetzt, ein "schüler", wirft ihm zur Deckung des Liebesakts in der Lindenkrone Äpfel zu. Oft sind es aber nicht die lockenden Früchte der Erkenntnis, sondern Eier und Wein, denen sich Haushälterinnen der Schwankliteratur besonders geneigt sind. Der Ehegatte erscheint nicht selten als der betrogene Wirtschafter seiner schleckhaften Ehefrau, der sich zuweilen auf makabre Art rächt. Frauenschelte ist im Schwank überhaupt einer der beliebtesten Stoffe, und schon die grantige Bäurin aus der bekannten Versdichtung des 14. Jahrhunderts über die böse Adelheid erweist ihre Bosheit vor allem auch darin, dass sie ihrem Mann den "imbiz" verweigert, ihn so lange fasten lässt, bis ihm die "ougen glasten", ja, ihn selbst am Brotkauf hindert. Der solchermaßen unterdrückte Hausherr greift die ihm verehelichte "valentinne" da, wo traditionsgemäß im Schwank auch die übelste Teufelin schwach wird: bei ihrer Lust an Verschwendung und der Freude am Widersprechen. So kommt es, dass ihm dies Feindbild männlicher Leser das verordnet, was sie ihm zuletzt vorenthielt: "...'wær ez din grimmer tot, / du muost ezzen weizbrot / und trinken den besten win". In Martin Montanus' Wegkürzer vergeht sich das Weib eines Weinbauern an ihrem Mann, indem sie ihm "ein Habermus oder sonst etwas grobe Speise" vorsetzt, sich selbst aber in besonderer Weise verköstigt, während ihr Mann im Weinberg schuftet - bis auf den einen Tag:
Und als es um die achte Stunde war, die Frau aus dem Bett stieg, in die Küche ging, bald ein Feuer anmachte, darauf eine Pfanne mit Schmalz setzte, schnell lief und zwölf Eier dareinschlug, wie es denn ihre tägliche Gewohnheit war. Danach nahm sie eine kleinere Kanne, lief in den Keller, nahm einen weißen Schleier, den sie oben zum Spund hineinließ (denn der Mann hatte den größeren Fässern die Zapfen abgeschlagen), den sie in der Kanne ausdrückte, was sie so oft tat, bis die Kenne gefüllt ward.
Der Ehemann fügt, zwischenzeitlich aus einer Kammer hervorgeeilt, der Eierspeise noch einmal 12 Eier hinzu, die Ehefrau scheitert an der gesteigerten Menge - der Kampf der Eheleute um eine jeweils gerechtfertigte Strafe beendet den Schwank, der letztlich den Herrn wieder zum Haupt seines Haushalts macht. Der weiße Schleier mag nicht umsonst als Werkzeug weiblicher Schleckerei dienen - vermutlich verweist sein Gebrauch auf jene erste Nascherei, die nach dem Entwurf männlicher Denker zum Sündenfall auch des Mannes führt. Naschereien, die dem Ehemann zustehen, gehen in Schwänken oft an den Liebhaber: sie sind ein verstofflichtes Zeichen der Untreue, ein typologische Frucht vom Baum der Sünde und eine vorgezogene Morgengabe. So umgarnt die Frau eines Goldschmieds in einer "weitberühmten Stadt", die der Erzähler nicht nennen will und damit die Glaubwürdigkeit der Erzählung unterstreicht, statt ihrem Ehemann einem reisenden Studenten nicht nur "guten Konfekt". Wer wem zu essen reicht, im Schwank ist diese Frage ebenso wichtig wie die nach der ehelichen Treue, fast wichtiger noch. Ein folgenreicher Seitensprung verursacht zunächst einmal wirtschaftlichen Schaden, und das gilt auch für Essen, das außerhäusig verzehrt wird. Deshalb tafelt die betrügende Ehefrau so reichlich mit ihrem Liebhaber; nicht, weil das Nachtmahl die unumgängliche Vorstufe zum Beischlaf wäre, sondern weil sich die Ruchlosigkeit der Ehefrau damit erzählerisch ins Unerhörte steigern lässt. Im Erzählgang geht das Fremdessen dem Fremdgehen voraus, bietet Vorausblick und Steigerung. In einer Episode aus dem Ratbüchlein von Michael Lindener (Eine Frau sagt, wenn sie schlottert, müsse sie bei dem Pfaffen liegen) verschüttet eine Bäurin mutwillig einen "Löffel voll Mus ganz auf den Tisch", nachdem ihr der Pfarrer bedeutet , sonst müsse sie ihm beiliegen. Der Erzähler nimmt damit vorweg, "was für seltsame Abenteuer er mit ihr im Bettlein vollbrachte": der auf dem Tisch verschüttete Haferbrei gibt der Besudelung des Haushalts ein Bild, für jenen Vorgang, dessen eindeutige Beschreibung er vermeidet ("Was er da mit ihr machte, weiß ich nicht."). Solche Bilder sind keineswegs selten: andernorts wird der Seitensprung zur Näscherei, und im Nachtbüchlein Valentin Schumanns heißt die geschlechtliche Begierde "Nachthunger" (Nr. 2: Eine Historie, daraus ein Junger und Alter wohl etwas glauben kann). Selten sind Beispiele, in denen Ehemänner nicht mit schleckigen Weibern zu kämpfen haben die hinter ihrem Rücken tafeln und huren: Schumanns "Historie" ist eines jener Beispiele, in denen der Hauswirt nicht auf Verzicht dringt. Den Zusammenhang von Tafel und Tisch hat er nur noch nicht begriffen, was der jungen Frau fehlt, entgeht ihm, die vorgetäuschte Krankheit seiner Frau hält er für echt und ihr Verlangen für Hunger.
"Willst du ein Hühnlein oder einen Vogel oder zwei, oder willst du kleine Fischlein, oder willst du ein Pfund Krebse oder einen Salat, oder was willst du? Du darfst nicht ausgehen, ich will es selber kaufen, habe ich doch heute wohl der Weile. Magst du keinen Wein in der Stadt, so will ich heute mit dir in ein Dorf gehen."
Der eingeführte Erzähler, dessen Gespräch den Rahmen für diese Ehelehre abgibt, stützt sich auf die Genesis (1. Mose 1, 28), wenn er die Ehemänner auf ihre Pflicht hinweist, der "Notdurft" ihrer Frauen mit ihrem "Zins" zu vergelten. Was außer der Ehe dringend zu unterlassen ist, in der Ehe ist es ebenso zwingend vorgeschrieben; die Erzählung spielt zugleich mit dem Tabu, über Begierde zu sprechen. Eheliches Geschick zeigt sich in der Fähigkeit, die verhüllende Sprache abzustreifen und die Botschaft im Kern zu entdecken. Die Gleichsetzung sexueller Begierde mit Hunger, wie sie dieser Schwank vornimmt, sie prägt die Schwankdichtung schon lange: in einer kurzen Verserzählung aus dem 14. Jahrhundert, enthalten in Friedrich Heinrich von der Hagens Gesamtabenteuer, wird ein junges Pärchen auf dem Dorf getrennt. Der Vater des Mädchens hat bereits einen Bräutigam bestimmt, und so ist die "list" der Frauen, die der Eingang beschwört, zu einem Anschlag aufgerufen. Das Festbankett wird ausgerichtet, "daz ezzen was bereit, / do wart nieman verseit, / weder trinken noch ezzen. [...] man gap ie zwein sunderbar / gebraten würst ze leste." Nach dem Hochzeitschmaus hat sich der Bräutigam aus bloßer Gier so überfressen, das an das Weitere nicht zu denken ist; der Bräutigam verhält sich so, "als noch von reht ein sluch sol / der niht liebe pflegen kann". Eine zu salzige Bratwurst habe sie gegessen, gaukelt die junge Frau ihrem Bräutigam vor, und müsse nun ihren Durst löschen. Die Doppelbödigkeit des Wortes wird deutlich, wenn der der Geliebte mit dem "schaffenstil", seinem "Schöpfeimerstiel" das Amt des Bräutigams übernimmt. Den Zurufen des Ehemanns gilt ihr Bescheid, sie müsse wegen ihres übergroßen Durstes weiter, ingesamt noch dreimal, am Brunnen trinken. Obgleich der satirische Angriff des Schwanks ziemlich eindeutig dem gehörnten Völler gilt, die Didaxe der Schlussverse weist die Frauenlist in ihre Schranken.
Verhüllende Sprache spielt in einem anderen, deutlich deftigeren Schwank Valentin Schumanns eine wichtige Rolle (Nr. 5: Eine Fabel von einem Edelmann, der seiner Tochter keinen Mann geben wollte, er mähte denn weiter an einem Tag, wie sie brunzen könnte). Dieser Schwank ist als Parodie eines beliebten Märchenschemas aufzufassen: eine schöne Prinzessin weist eine Vielzahl von Bewerbern ab, indem sie unlösbare Aufgaben zur Bedingung einer Hochzeit macht. Erst der denkbar unscheinbarste Bewerber (oft der jüngste von drei Söhnen) erringt die Hand der Prinzessin, indem er die gestellte Aufgabe listig löst. Die sonderbare Fähigkeit meilenweiten Pinkelns verdankt ein Edelfräulein dem Umstand, dass sie noch Jungfrau ist. Der Freier muss also vor dem Sakrament bereits die Ehe vollzogen haben, wenn er verhindern will, dass seine erhoffte Braut über die Strecke eines gemähten Felds hinauspinkelt (das nämlich ist die Aufgabe). Der Mäher, wie so viele andere erfolgreiche Trickster des Schwanks ein "seltsamer Abenteurer", bereitet seinen Anschlag vor, indem er einen viereckigen Platz freimäht und an dessen Ecken einen Wecken, eine Flasche Wein, einen Braten und eine Schüssel Kuchen verbirgt. Sein Glied, das die Jungfrau für ein "Tier" hält, weist der Jungfrau den Weg zu den verstreckten Leckereien. Wie im Falle des Konfekts macht gleichwohl erst das Süße den Anschlag vollkommen: der Mäher antwortet ihr auf die Frage, was jener eigenartige Zeiger denn esse (er habe ja auch ein Maul), er ernähre sich von Zucker. Diesen streut er der Jungfer auf den Bauch und entjungfert sie unter dem Vorwand, der Zeiger krame nach einem verlorenen Zuckerkorn. Was ist aus dieser Fabel zu gewinnen? Es handelt sich offenbar nicht um einen bloß didaktische oder nur unterhaltenden Schwank. Er unterrichtet die Unerfahrenen im Liebesspiel und im rechten Gebrauch der Liebesworte; besonders aber lehrt er, dass man sich Jungfrauen besonders vorsichtig zu nähern habe.
Auch diätetische Ratschläge erteilen Schwänke gelegentlich, auch hierin sind sie der Pflicht geschuldet, auch dort zu nützen, wo sie unterhalten. Ärzte und Quacksalber, Bader und Apotheker sind ihr Ziel, Kranke und Narren stehen ihnen entgegen. Der Ratschlag eines Arzts, "Schweinefleisch, Milch, Fisch, Obst" und anderes zu meiden, ist verbunden mit der Erlaubnis, Fischschwänze zu genießen, denn "es ist gesund, es bewegt sich stets im Wasser". Auch die Zunge seiner Frau, ergänzt der Bürger, sei mithin gut zu essen. Die Mahnung des Sprechers, dem Doktor hierin nicht zu folgen, steht als Überrest einer Lehre an der Stelle der vorweggenommen Pointe. Diätetik und Ehesatire verbinden sich in einem Schwank, den der bereits genannte Martin Montanus erzählt (Das Ander Theil der Gartengesellschaft, Nr. 10: Ein Bauer sagt zu seiner Frau, Fett, Schmalz und Brot wären sein Tod): hier ist es wieder einmal die Ehefrau, die einen Anschlag auf ihren Ehegatten ausheckt, und wieder einmal soll ein Verhältnis zum Pfaffen möglichst ungestört bleiben:
Ein Bauer hatte ein Weib, die ihm auch nicht nach dem Besten zu Essen geben wollte, sondern es viel eher und lieber guten Gesellen gab statt ihrem Mann. Und einmal war der Mann im Holze gewesen und kam gar spät sehr hungrig heim. Die Bäuerin, die ohnedies nicht gern viel kochte, machte ihrem Mann ein Schmalz und ein Brot und gab es ihm zu essen. Dem Bauern schmeckte das Schmalz und Brot so wohl, daß er es ganz auffraß. Hernach sprach er zu seiner Frau: "O liebe Frau, gib mir nicht soviel Fett, Schmalz und Brot! Denn die sind mein Tod!"
Dieser eingesetzte Merkvers zur Vermeidung allzu fetthaltiger Speisen bildet den diätetischen Teil der Fabel; die Nachlässigkeit der Ehefrau in Küchenfragen den satirischen. Der Anschlag jedoch misslingt: der Ehemann stirbt mitnichten, er wird dagegen "feist wie eine Mastsau". Ein Fastengelübde wiederum liefert das Gerüst für einen Schwank, den der elsässische Chronist Bernhard Hertzog in seiner Schildwacht von 1560 erzählt (Wie der Papst einem Landsknecht eine Busse auferlegte, und wie er sich verhielt). Er verbindet die zeitübliche Papst- und Ablasssatire mit einem Sprachspiel, das zugleich die Fastenregel verunglimpft, die volkstümlich ohnehin unterlaufen wurde. Der Haupthandelnde, ein "Kriegsknecht" erhält vom Papst das Versprechen, gegen völlige Enthaltsamkeit werde er nach Ablauf zweier Jahre absolviert. Nachdem er im Klostergarten eine Birne bricht (erneut ein Naschen von verbotenen Bäumen!) nimmt ihn die Äbtissin eines Nonnenklosters in Kost. Dort weigert er sich weisungsgemäß, Wein und Fleisch zu verzehren, nimmt aber "Wildpret und Malvasier" an. Die Süße des südlichen Weins (Malvasierreben sind frostempfindlich, Malvasier ist kein gewöhnlicher Landwein) leitet zu weiteren Sündenfällen über, die ihm letztendlich den Zorn des Papsts zuziehen, der ihn aber - offenbar inzwischen konvertiert - kalt lässt. Die Spitzfindigkeit in der wörtlichen Auslegung des Gelübdes nimmt jene Laxheit aufs Korn, die eine entleerte katholische Ritualität decken soll: Malvasier ist kein "Wein", Geflügel ist kein "Fleisch", ebenso, wie Messwein nicht das "Blut" Christi und die Hostie nicht das "Fleisch" des Herrn. Damit erweist er sich als Lutheraner, der im Abendmahl nicht Gott selbst in sich aufnimmt, sondern lediglich ein Symbol Gottes, der munter das Zölibat missachtet und Gott für seinen Schwager hält.
Verfehlungen moralischer Art beanstanden jene Schwänke, die sich besonders den Folgen übermäßigen Weintrinkens zuwenden. Im Schwank Nr. 73 von Schimpf und Ernst leidet ein "geistlicher Bruder" im Hause eines Bürgers "große Anfechtung von dem bösen Geist". Der Teufel sucht ihn erfolglos zunächst zum Ehebruch, dann zum Totschlag zu verführen. Erst der Genuss des Weins, Gegenstand des dritten Versuchs, bringt die entscheidende Wende. Die Parallele zu den Verführungsworten des Satans im Gespräch mit Christus (Mt. 4, 1-11) ist offenkundig; das Muster dreimaligen Widerstehens hier, das klägliche Scheitern dort. Der Rausch erscheint bei Pauli, bei späteren Abstinenzlern ist es kaum anders, als das vermeidliche Grundübel, dem schwere Sünden unvermeidlich folgen. Harsche Kritik am weltlichen Wandel der Bauern formuliert der Schwank auch dort, wo er in die Nähe der Fabel gerät: so ist bei Hans Wilhelm Kirchhof, im Wendunmut, der hühnermordende Fuchs, dessen Bekehrung zum Mäusefresser nur oberflächlich ist, ein Bild für den alten Adam, auf den der Sünder stets zurückfällt. In der scharf richtenden Episode Wer die Erzräuber sind (Nr. 18) stellt Kirchhof die räuberische, aber zugleich gottgemäße Lebensweise des Wolfs den verderblichen Machenschaften der Wucherer gegenüber. Den Wölfen sei jeder Kannibalismus fremd und ekel, nicht aber jenen, die als "Stuhlräuber, Sesselräuber und Blutsauger" die Bevölkerung ausbeuten. Wucherer sind gemeiner noch als Wölfe, denn während diese nur errauben, was sie tragen können, wünschen sich jene täglich, "daß kein Mensch einen Bissen Brot als sie allein haben müßte; alles Getreide, Wein und andere Notdurft verdürbe und der Hagel erschlüge, daß nur sie weidlich schinden könnten". Ganz in der überlieferten Wortwahl der Adelskritik steigert Kirchhof seine Anklage, indem er die Wucherer als Verzehrer ganzer Landschaften entwirft:
Und solche Stuhlräuber, die in Wahrheit der Witwen Häuser fressen und mit der Armen Schaden sich nähren, sind tausendmal ärger denn die Juden, denen Gottes Gesetz zuläßt, von den Fremden zu wuchern, welche mit dem Namen Christen jetzund alle eins sind.
Bilder des Aussaugens und Verzehrens sind in bürgerlichen und bäuerlichen Schriften gegen den Adel und die Kirche überaus häufig: kannibalische oder blutsaugende Adelige finden sich in der Folklore verschiedener europäischer Länder, und auch die Sage vom blutraubenden Grafen Dracula geht - unter anderem - auf die auspresserischen Praktiken des walachischen Fürsten Vlad zurück. Dies gehört aber nicht hierher; gleichwohl wäre es aufschlussreich, sich mit dem großen Fressen der Streit- und Kampfschrift zu befassen, besonders dort, wo sich in der Karikatur Länder in riesenmäulige Gargantuas verwandeln, die andere Länderen verschlingen. Aber nicht allein lebt der Reiche vom Fleisch der Armen, gelegentlich verzehrt auch die Armut einen Machtvollen: dem Bingener Bischof Hatto geht es so, der von den Seelentieren jener zernagt wird, die er - zumindest im Wendunmut heißt es so - nach ihrer Verbrennung selbst mit Mäusen verglich, "die das Korn fressen und nirgends nütze sind". Nun ist es aber auch so, dass gelegentlich die Bezeichnung und das Bezeichnete sich vermischen oder vermengt werden - wer eine Speise verzehrt, verzehrt auch das, wofür sie steht. So bezeichnet ein mittelloser Bauer im Rollwagenbüchlein, bei dem ein bettelnder Landsknecht einkehrt, sein Weniges als seine "Armut". Der Landsknecht zehrt also vom verbliebenen Gut des Bauern, wenn er dessen Armut, Milch und feste Nahrung, verzehrt - das Gedankenspiel, zwischen uneigentlichem und eigentlichem Gebrauch des Begriffs abzuwechseln, gibt dem Schwank seine Ordnung: die Pointe des Bettelbruders, er müsse erst die unlängst verspeiste Armut verdauen, bevor er reich werden könne, schließt dieses Spiel ab. Wie dieser sind unzählige Schwänke auf Sprachspielen aufgebaut; man darf annehmen, dass das Sprachspiel den Schwank in vielen Fällen erst hervorbringt: wer den Mangel verzehrt, dem liegt er im Magen. Das Hin und Her zwischen dem Wort und der Speise, die es bezeichnet, prägt auch die den 34. Schwank aus dem Rollwagenbüchlein (Von einem Pfaffen, der sich erbot, seinen Untertanen das Sakrament in dreierlei Gestalt zu geben). Hier bewirbt sich ein "armer, ungelehrter Pfaffe" um eine viel Geld und Gut abwerfende Pfründe - allein, das Dorf ist "eigenwillisch", evangelisch also, der Pfarrer aber papsttreu. Ihm wird mitgeteilt, er habe das "Sakrament in zweierlei Gestalt zu reichen", in "Brot und Wein". Der Pfaffe hat sich dem Spott preisgegeben, hat sich selbst in Grundfragen der Eucharistie nicht bewährt: das Abendmahls beschränkt er auf die Darreichung des stofflichen Guts, dessen übertragene und hier wesentliche Bedeutung entgeht ihm. Deshalb ergänzt er, das Abedmahl werde in dreierlei Gestalt dargeboten, Käse sei zusätzlich enthalten. Das Abendmahl als Verzehr einer Speise oder als Aufnahme eines Geistes: diese Zwiespältigkeit behandelt noch so manche kritische Schilderung des Hochamts. Die Haltung, die einer Übertragung des Geists günstig ist, ist das Absehen vom Sinnlichen: zugleich sind die Reize des Sinnlichen, gerade des Geruchs und des Geschmacks so stark, dass sie die Versenkung des Gläubigen nachhaltig zu stören vermögen. Auch spätere Schwänkeschreiber greifen oft noch auf das Hausmittel der Wortverwechslung zurück, um der Handlung eine Pointe abzuringen. In einem Schwank Josef Winklers aus dem Jahr 1924 lacht man über den ebenso neureichen wie ungehobelten Baron Blomberg, der sich in der französisch veredelten Pracht eines Hannoveraner Hotels ganz und gar nicht zurecht findet. Den "Vin du Rhin" weist er zurück, poltert nach einem "ollen Klaoren", statt des "Hammels à la Soubise" fordert er in seiner niederdeutschen Mundart "Schweinepepper": Gebranntes und Hausmannskost stehen hier gegen französisches Raffinement. Die unterschwellig antifranzösische Tendenz macht den grobschlächtig-gelassenen Bauern zu ihrem Symbol. Der französelnden Namensgebung der Hotelbetreiber versetzt der markige Baron zur Zufriedenheit einer deutschnational gesinnten Leserschaft einen eulenspiegelhaften Knuff, wenn er - absichtlich mißverstehend - den "Service" als "das Service" deutet und auf die Bemerkung des Obers hin, Service sei eingeschlossen, "Löffel, Messer, Gabel, Teller ... klirrend zum Fenster hinaus auf die offene Straße" wirft.
Auch der Schwankdichter, der die Nützlichkeit seines Gewerbes mit lehrhaften Anwendungen zu belegt, auch er flicht gelegentlich Schwänke ein, die den Nutzen des Dichtens für das Leben unterstreichen. Damit ist nun zunächst das erste Vorurteil des Bauetn und Bürgers gegen den Dichter zu entkräften: der Verfasser von Versen sei nicht in der Lage, für seinen Unterhalt, besonders: für seine Ernährung zu sorgen. Es mag angehen, dass der Dichter hungert, wenn ein Publikum angesprochen ist, das vom Hungern wenig oder nichts versteht, dem Askese also etwas bedeuten kann. Der um seine Versorgung ringende Hörer oder Leser von Schwänken aber fängt mit der Erhabenheit eines sich auszehrenden Körpers, der ganz in Geist aufzugehen scheint, wenig an. Ihm gilt es zu belegen, dass auch das Dichten, wie jedes ehrbare Handwerk, Brot und Wein einbringt. Dazu erzählt Jörg Wickram im Rollwagenbüchlein die Geschichte eines Dichters namens Grünenwald, der sich mit "nasser Ware und guten Bißlein" bei einem Wirt hoch verschuldet (Nr. 53: Ein guter Schlemmer dichtet ein Liedlein, damit ward sein Wirt von den Guggern bezahlt). Durch einen Liedvortrag am Augsburger Hof Jakob Fuggers gelingt es ihm, den Mäzen zu bewegen, die Rechnung des Wirts zu begleichen und seinen verpfändeten Mantel auszulösen. Der daraus abgeleitete Lehrsatz: "Diesem Grünenwald kam seine Kunst diesmal gar wohl zustatten; sonst hätte er seinen Mantel hinterlassen müssen und würde nackend aus Augsburg gezogen sein. Darum Kunst nimmer zu verachten ist."
Ein Verhältnis zum literarischen Erfinden ist dem Schwank selten anzumerken, kaum einmal geht der Erzähler über das sichtbar Glaubhafte hinaus, kaum einmal wird Goteskes vorgetragen, allein im Bereich des Vielessens scheinen manche Mengenangaben im Bereich wilder Erfindung. Nicht allein im Erfinden unterbleibt jedes Vermengen oder Verzerren der beschriebenen Wesen, auch die Bildlichkeit vieler Schwänke kommt ohne krasse Veränderungen der Gestalt aus. Um so mehr sticht deshalb eine fast gogolisch zu nennende Posse heraus, die Michael Lindener in den Katzipori (Nr. 3) vorträgt: Ein billiger Handel eines Wandersmanns, seinem Wirt vergolten. Ein Gast mit einer großen Nase wird von einem "kurzweiligen, doch eigennützigen" Wirt aufgefordert, seinen Riechkolben abzulegen, dass auch für andere Gäste genug Raum bleibe - was der Reisende unterlässt. Der Wirt gleichwohl lässt ihn nun auch für die Nase bezahlen. Der Wanderer rächt sich beim zweiten Besuch auf besonders groteske Weise:
"Hört Ihr, Herr Wirt, dieweil ich für meinwe Nase neulich gezahlt und jetzund weiter zahlen soll, so muß ich ihr, so wahr Potz Beule, auch zu fressen geben, denn sie ist lehr geworden", und nahm drei gebratene Hühner und steckte sie in die Nase und schöne zwei weiße Brote. Hernach, als der Köse kam, der sehr gut war, schnitt er ihn zweimal voneinander und stieß ihn hinein.
Übrigens ist es schon die Wahl der Speisen, die überlieferte und namenlosen Sprechern zugeeignete Schwänke von volkstümlichen Kunstschwänken scheiden hilft. Einen Eulenspiegel-Schwank von Brecht, Eulenspiegel als Arzt (1948), kann man von einem Eulenspiegel-Schwank von Hermann Bote schon aufgrund der simplen Tatsache untetrscheiden, dass der bekannte Picaro einer Bäurin ausgerechnet Salbeitee verordnet. Freilich hat Brecht eine ganz andere Lehre zu vertreten, aber die Muster des Volksschwanks verwendet er doch: bis auf jenen Salbeitee hält er sich an Huhn und Wein, die häufigen Nahrungsmittel der Bauern im Schwank, sein Eulenspiegel tut das, was der "seltsame Abenteurer" des spätmittelalterlichen Schwanks auch tut: er betrügt, um sich den Bauch zu füllen. Aber: Eulenspiegel frisst aus Not, nicht, um eine List vorzuführen; er geht als geprügelter Revolutionär aus seinem Abenteuer hervor, der mit seinen Schandtaten das Misstrauen gegen die Herrschaft weckt:
"Wenn ihr keinen Wein habt, kann es auch Handkäse sein, aber mag sein, ihr habt auch davon nicht genug, nachdem die Fürsten hier durchgezogen sind, die nehmen sich was sie brauchen."
Die eher auf praktischer Schlaue gegründete Form des Possenreißens hat bereits gegen 1600 einer Scherztreiberei Platz gemacht, die der witzigen Konversation entlehnt ist. Geändert hat sich auch das Personal: statt Bauern und Pilgern treten nun Studenten treten nun gehäuft Mitglieder der Ehrbarkeit, Händler und Studenten auf. Es kommt nun auch nicht mehr ausschließlich darauf an, den Witz als Werkzeug zu gebrauchen, er entfaltet sich zunehmend frei und erscheint als Selbstzweck. Nicht mehr allein der gewitzte Betrug, der auf einen Vorteil zielt oder eine bedrohliche Lage entschärft, es ist nun die Geistesgegenwart in Gesellschaft, die der Schwank darzustellen sucht. Freilich bleibt auch die Tradition des praktischen Scherzes mit all seiner Derbheit erhalten, er verliert jedoch seine Lehrhaftigkeit. Stärker als bisher arbeitet der Schwank auf das Bonmot hin, weniger als bisher betrachtet er die Folgen der scherzhaften Handlung.
Bibliographie
- Albrecht, Günter: Deutsche Schwänke in einem Band. Weimar: Volksverlag, 1963 [Bibliothek deutscher Klassiker]
- Wunderlich, Werner: Deutsche Schwankliteratur (2 Bde.: I. Vom frühen Mittelalter bis ins 16. Jahrhundert. II. Vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Frankfurt am Main: Fischer, 1992