Aufbau einer Sachtextanalyse
Was ist eine Sachtextanalyse?
Sachtexte sind Texte, die nicht vorrangig Kunstwerke sind, sondern einem bestimmten Zweck dienen. Es gibt Sachtexte, die informieren, andere sollen meinungsbildend wirken oder vor allem unterhalten. Ihre Stilhaltung und ihr Ton unterscheiden sich, je nachdem, für welches Publikum, welches Medium und für welchen Zweck sie verfasst sind. Im Gegensatz zu Reden sind Sachtexte in erster Linie Texte, die gelesen und dabei gesehen werden. Deshalb enthalten sie häufig optische Gliederungshilfen: Absätze, Kursivdruck oder Fettdruck, Klammern, Symbole und Verweise, aber auch Infoboxen und Grafiken. Diese Darstellungsmittel können unter Umständen in die Analyse einbezogen werden. Eine Sachtextanalyse zeigt dem Leser, wie der Text aufgebaut ist, welche wesentlichen Inhalte er enthält, wie diese Inhalte zusammenhängen und wie sie sprachlich aufbereitet sind.
Warum ist es wichtig, Sachtexte analysieren zu können?
- Zukunftsbedeutung: Die überwiegende Zahl von Texten, die du in Studium und Berufsleben lesen wirst, sind Sachtexte (Berichte, Memos, Strategiepapiere, journalistische und wissenschaftliche Texte). Du solltest damit umgehen können.
- Textverständnis: Die Analyse von Sachtexten führt zu einem tieferen und genaueren Verständnis des Texts und hilft dir dabei, die Absichten des Verfassers zu durchschauen und die Bedeutung des Texts für dich zu erkennen.
- Gedächtniswert: Eine genaue, vor allem aber produktive Analyse führt zu wesentlich besseren Merkleistungen.
- Nützlichkeit in der Schule: Das genaue und kritische Lesen von Sachtexten wird in allen anderen Fächern zu irgendeinem Zeitpunkt wichtig.
Tipps zur Vorbereitung
- Besonders wichtig ist Erfahrung! Erweitere durch die Lektüre der Qualitätsmedien im Netz deine Allgemeinbildung und deine Interessen. Sinnvoll sind z. B.: FAZ, SZ, taz, Spiegel, Spektrum.
- Nicht weniger wichtig ist Struktur! Erstelle dir einen Leitfaden mit Hinweisen darauf, was in jedem Teil des Aufsatzes erwartet wird.
- In der Regel enthält der Unterricht zahlreiche Hinweise darauf, mit welcher Art von Text du in der Klausur rechnen musst. Sei aufmerksam!
- Lege dir eine Sammlung der wichtigsten Argumentationsfiguren an (Sachargument, Autoritätsargument, moralisches Argument…).
- Wiederhole Fachbegriffe für gängige Formen der Beeinflussung: Polarisierung, Diffamierung, Beschwichtigung, Motivation, …!
- Setze dich mit den üblichen Textsorten auseinander: Bericht, Essay, Kommentar, Glosse, offener Brief.
- Wiederhole die Stilmittel, die in Reden häufig vorkommen – das sind Wirkungsfiguren wie Repetitio und Anapher, aber auch Gliederungsfiguren wie Antithese und Klimax.
- Erstelle eine Zeitleiste, in der du Erschließung (15 min), Konzept (15 min), Reinschrift (50 min) und Korrektur (10 min) einbeziehst.
Analyse auf dem Arbeitsblatt
Nun liegt das Aufgabenblatt vor dir. Zunächst empfiehlt es sich, einige Routine-Arbeiten zu erledigen:
- Zeilennummern ergänzen;
- Operatoren hervorheben;
- Informationen zum Autor und zur Zeitgeschichte markieren;
- Bibliographisches ermitteln und unterstreichen (Medium, Erscheinungsdatum);
- Anmerkungen zum Text (z. B. Worterklärungen) bearbeiten.
Mit diesen Informationen kannst du die Einleitung vorbereiten. Es fehlt nur noch das Inhaltliche:
- Mache dir Anmerkungen zum Titel;
- Formuliere einen Satz, mit dem du das Thema des Texts zusammenfasst;
- Halte fest, aus welchen Gründen der Text wichtig ist;
- Lies den Text und halte fest, welche Ziele der Autor oder die Autorin verfolgt.
Dann bereitest du die strukturierte Textwiedergabe vor:
- Teile den Text in Abschnitte ein und nummeriere sie;
- Beschreibe Argumentationsmuster (Argumentum ad hominem, Verallgemeinerung, Beispiel, Analogie);
- Markiere Zitate und Anspielungen auf Texte, Lieder, Sprichwörter, historische Sachverhalte oder kulturelle Phänomene der Gegenwart;
- Ermittle iffene Bezüge zu Quellen und Persönlichkeiten.
Bei der stilistisch-rhetorischen Analyse kannst du zur Vorbereitung des Hauptteils auf verschiedene Aspekte achten. Herausgreifen könnte man z. B.:
- Rhetorische Gestaltung, Arten der Ansprache des Lesers, Zielgruppenbezüge
- Rhetorische Figuren (Anapher, Alliteration…)
- Besonderheiten der Grammatik (z. B. Abweichung von der üblichen Sprachverwendung, Dominanz bestimmter Wortarten, Imperative…)
- Ton und Haltung des Verfassers (ironisch, spöttisch, neutral)
- Tropen (Metaphern, Symbole)
- Stilistische Merkmale (Umgangssprache, Dialekt, Fachsprache…)
- Besonderheiten im Satzbau (z. B. Hypotaxe, Parataxe; Häufung bestimmter Satzarten)
- Besonderheiten in der Wortwahl (z. B. Euphemismen, Kraftausdrücke)
Überschrift zur Textanalyse
Zweiteilige Überschrift, die a.) das Thema umreißt, b.) den Leser aktiviert, c.) prägnant formuliert ist, c.) die Textsorte (Sachtextanalyse) benennt, d.) den untersuchten Text vorstellt
Textanalyse zu Maren Hoffmanns Glosse „Hilfe, Roboter!“ (2016)
Bestandteile der Einleitung
Die Einleitung beginnt in der Regel mit einem thematischen Einstieg, mit dem du die Wichtigkeit und Aktualität des Themas nachweist und zugleich eine Überleitung zum Basissatz gewinnst. Der Autor – oder die Autorin – nennst du immer mit vollem Namen. Wenn möglich, solltest du Angaben zu deren oder dessen Identität machen – woher stammt er, für wen arbeitet sie? Dann nennst du die Textsorte (möglichst präzise: Kolumne, Glosse, Kommentar statt „Artikel“). Es folgt der vollständige Titel, zu dem du das Datum ergänzt (bei Vorträgen und Zeitungsartikeln der genaue Tag). Wenn es hilfreich ist, kannst du einige Hinweise zur Entstehungszeit geben, zum historischen Hintergrund. Wichtig sind auch der Typ der Veröffentlichung (z. B. Wochenzeitung, Fachjournal, Webseite, bei Reden: Angabe des Anlasses, der Institution) und der Titel des Mediums, in dem der Beitrag erschienen ist. Es folgt das Thema des Texts in einem Satz und die Position des Autors oder der Autorin zum Thema. Nicht zu vergessen ist auch das Ziel oder die Absicht der Autorin oder des Autors (informieren, appellieren, …), wenn es sich anbietet, kannst du auch eine Zielgruppe nennen. Mit einer Überleitung zur strukturierten Textwiedergabe beendest du die Einleitung und den Absatz.
Vor allem neue Typen von Robotern vermitteln uns rasch das Gefühl der Unterlegenheit; das liegt auch daran, dass wir weit hinter unseren Ansprüchen zurückbleiben. Dies zeigt Maren Hoffmann in ihrer Glosse „Hilfe, Roboter!“. Sie erschien am 15.08.2014 im „Manager Magazin“ in der Reihe „Die Wirtschaftsglosse“. Im Zentrum steht dabei ein ironischer Vergleich von Mensch und Maschine. Hoffmann zielt darauf, dass nicht die Überlegenheit von Robotern das Problem ist, sondern die Unvollkommenheit des Menschen.
Regeln zum Verfassen der strukturierten Textwiedergabe
Beginnen solltest du die strukturierte Textwiedergabe mit einem Überblickssatz: „Der Text lässt sich in … Abschnitte einteilen.“ Dann machst du deutlich, dass ein neuer Abschnitt beginnt: „Im ersten Abschnitt…“. Achte bitte auf die logische Verknüpfung der Abschnitte achten: „Davon leitet der Verfasser im zweiten Abschnitt folgende These ab: …“. Bei der Wiedergabe des Textinhalts hast du die Wahl zwischen Paraphrase und direktem Textbeleg. Bei der Paraphrase gibst du den Text in eigenen Worten wieder und verwendest kein Sprachmaterial aus dem Ausgangstext. Beim direkten Textbelege zitierst du. in Zitatform sparsam einsetzen, Aussagen aber immer am Text (immer mit Zeilenangabe) belegen. Wesentlich ist, dass du die Argumentationsweise analysierst. Die Leitfrage dabei ist: Was tut der Verfasser, indem er dies schreibt? („Der Verfasser belegt / zweifelt an / widerspricht…“). Vom Verfasser verwendete Quellen solltest du präzise aufführen. Trenne sorgfältig zwischen Aussagen des Autors und den zitierten Quellen. Grundsätzlich gilt: Du solltest alles so knapp wie möglich und so ausführlich wie nötig darstellen! Das bedeutet außerdem: Du darfst roten Faden nicht verlieren! Grammatikalisch ist von Bedeutung: Distanziere dich von Aussagen des Autors durch die Verwendung indirekter Rede; im Indikativ darf nur dargestellt werden, was nach kritischer Prüfung unstrittig und allgemein akzeptiert ist.
Hoffmanns Glosse lässt sich in vier Abschnitte einteilen. Im ersten Abschnitt (Z. 1-17) knüpft Hoffmann nach einem kurzen Lead-in an die Science-Fiction-Serie „Kampfstern Galaktika.“ an. Sie behandelt den Kampf der Menschen gegen feindlich gesinnte Roboter. An Ende seien die Grenzen zwischen Mensch und Maschine verschwommen. Das sei zwar noch nicht der Fall, betont Hoffmann im zweiten Abschnitt (Z. 18-34), der Prozess beginne jedoch bereits. Das veranschaulicht sie am Beispiel des in Kanada per Anhalter reisenden „Hitchbot“. Menschen würden im Vergleich zu einem Roboter „einfach nicht so gerne mitgenommen“ (Z. 27 f.). Als „absolutes Gegenmodell“ dazu stellt die Autorin im dritten Abschnitt (Z. 34-56) den Serviceroboter „A. L. O.“ vor. Er lasse sich zum einen „ausbeuten“ (vgl. Z. 28), zum anderen werde er im Gegensatz zum menschlichen Personal nicht belästigt. Im letzten Abschnitt spitzt Hoffmann ihren Vergleich weiter zu. Aus dem Beispiel kellnernder Roboter im chinesischen Kunshan folgert sie sarkastisch, die Roboter seien menschlichen Robotern auch als Gesellschafter deutlich überlegen.
Hauptteil: Der Fünfschritt der Textuntersuchung
Empfehlenswert ist ein textsukzessives Vorgehen (es folgt dem Verlauf des Texts). Möglich ist auch ein aspektorientiertes Vorgehen (thematische Erschließung). Eine Wiederaufnahme der strukturierten Textwiedergabe ist unumgänglich, einfaches Wiederholen ist aber problematisch. Führst du Stilmittel an, solltest du sie benennen, Auch Argumentationsfiguren sollten benannt werden.
Bei Textbelegen gilt: Bemerkungen zum Text muss am Text belegt werden! Dabei müssen sich die Textbelege harmonisch in den Satzbau einfügen! Zitiert werden sollte aber nur, was man auch untersucht! Bei der Auswertung der Textbeobachtung musst du dir vor allem zwei Fragen stellen. Welche Funktion hat das Stilmittel in Bezug auf den Text? Und: Was bewirkt es in Bezug auf den Leser? Damit du den Leser nicht verlierst, solltest du dich um Überleitungen kümmern - von Textbeobachtung zu Textbeobachtung.
Hoffmann ist im Ton zwar ironisch, sie verfolgt aber ein ernstes Anliegen – zu zeigen, in welchen Punkten wir hinter Robotern zurückbleiben. Schon im Lead-in (Z. 1-7) personifiziert sie Roboter und schreibt in satirischer Zuspitzung die Absicht zu, die Weltherrschaft übernehmen zu wollen. Dabei greift sie die Zweifel des Lesers in lockerem Gesprächston auf („Nein, jetzt wirklich“, Z. 2 f.). Auch die Frage, mit der sie den Hauptteil ihrer Glosse eröffnet, zielt darauf, die Leser für ihre Darstellung zu gewinnen. Ihre Linie, Roboter konsequent zu personifizieren, behält sie bei. Dass man sie in „Kampfstern Galactica“ nicht mehr von ihren menschlichen Gegnern unterscheiden könne, hätten sie „verdammt schlau angestellt“ (Z. 16 f.). In Hoffmanns Vergleich dienen Roboter auch als Gegenbild für menschliche Laster: Den trampenden „Hitchbot“ verniedlicht sie mit dem Diminutiv „Roboterchen“: Er vergreife sich im Gegensatz zu männlichen Anhaltern nicht an der Fahrerin. […]
Bestandteile des Schlusses
Nach einem Absatz solltest du den Anschluss an den Hauptteil markieren, z. B. durch eine Frage: „Hat … sein Ziel erreicht?“. Es folgt eine knappe Beurteilung dessen, ob der Verfasser oder die Verfasserin das jeweilige Ziel erreicht hat: Inwiefern nicht? Inwieweit schon? Unter Umständen lohnt sich eine kritische Beurteilung der dazu eingesetzten Mittel: Was dient der Sache, woran scheitert der Text? Auch ein Bezug zum Titel kann ergiebig sein, ebenso Bemerkungen zur Textsorte und ihre Bedeutung für Inhalt und Deutung. Möglich ist oft auch eine kritische Beurteilung der Position des Autors und eine Untersuchung dessen, wie aktuell der Gegenstand des Texts noch ist und welche künftige Entwicklung das Thema nehmen könnte. Abschließend kann es erforderlich sein, dass du eine eigenständige Position formulierst (mit Begründung). Auch Schlussfolgerungen für die Leserschaft sind erwünscht: Was soll der Leser tun? Was weiß er nun? Was soll er fühlen, handeln, tun?
Natürlich ist Hoffmanns Text satirisch überspitzt. Die Aufgabe einer Glosse ist es, in unterhaltsamer Weise Probleme anzudeuten. Das bedeutet nicht, dass ihr Anliegen belanglos ist. Der Titel „Hilfe, Roboter!“ ist dabei ironisch zu verstehen. Roboter erscheinen keineswegs als Gefahr. Die Autorin hält mit ihrer Roboterglosse ihren menschlichen Lesern (und insbesondere Männern) vielmehr einen Spiegel vor. Dabei wird deutlich, dass nicht die nach der Weltherrschaft strebenden Roboter das Problem sind, sondern der Mensch selbst. Er beutet andere aus, langweilt oder belästigt sie. Sie fordert also mit einem indirekten Appell zum Umdenken auf: Der Mensch selbst sollte sich kritisch reflektieren und verbessern. Nur dann ist er in Hoffmanns Augen zukunftsfähig. Hoffmann mag übertreiben, aber nach meiner Auffassung hat sie in wesentlichen Punkten recht: Anstelle Roboter als ideale Menschen zu konstruieren, sollten wir eher versuchen, unseren Idealen zu entsprechen.