Martin Lenz: Musiker und Autor
Biographie
Martin Lenz kommt am 10.7.1971 in Winnenden zur Welt. Er wächst mit drei Geschwistern auf und machte nach der Schule eine Lehre als Dreher. Mit 20 Jahren entschied er sich gegen den Wehrdienst und leistete anderthalb Jahre Zivildienst. In dieser Zeit beginnt er, als Sänger und Gitarrist Musik zu machen. Mehrere Jahre spielt Lenz in verschiedenen Bands. Bekannt wurde er zusammen mit seinem Bruder Uwe als „Lenz Brothers“. Viele Auftritte im In- und Ausland sowie fünf CDs sind das Ergebnis dieser gemeinsamen Arbeit. Seit 2009 arbeitet Martin Lenz mit dem Schriftsteller Manfred Mai zusammen. Ihre erste gemeinsame CD war Das große Vielleicht. Es folgten „Lesekonzerte“ für Erwachsene, später auch für Kinder. Angeregt durch Manfred Mai begann Martin Lenz, Geschichten und Gedichte zu schreiben. Im Frühjahr 2014 präsentierten sie ihr erstes gemeinsames Kinderbuch mit einer Lieder-CD Das große Buch der Geschichten und Lieder. Seit zwei Jahren geht Martin Lenz auch alleine mit seinen Büchern auf Lesungen. Martin Lenz ist verheiratet und lebt mit seiner Frau und seinem Sohn in Winterlingen auf der Schwäbischen Alb. |
Werk
In „Pokkis Traum“ geht es um einen Pinguin, der die Schnauze voll hat. In seiner Heimat am Südpol ist es ihm zu kalt und Pokki sehnt sich nach wärmeren Ländern und dem großen Abenteuer. Gemeinsam mit seiner Freundin, einem Albatros namens Emilia, begibt er sich auf eine lange Reise um sich seine Wünsche zu erfüllen. Dafür lernt er sogar das Fliegen, muss sich gegen Seeleoparden und Orcas durchsetzen und entkommt nur knapp den Fängen von Gaunern. Pokki traut sich trotz der Warnungen seiner Artgenossen, einen „neuen“ Weg zu gehen und beweist, dass man auf ihm viele tolle, aber auch anstrengende Erfahrungen macht, die sein Leben verändern. |
Interview (Carolin Walter)
C: Sie sind ja in Winnenden geboren und aufgewachsen. Wenn Sie an diese Zeit zurückdenken, welchen Ort in Winnenden finden Sie am schönsten?
ML: Ich bin in Winnenden geboren und im Teilort Hanweiler aufgewachsen. Das fand ich damals schon ganz toll. Dörflich, idyllisch, in den Weinbergen. In Winnenden selbst den Platz um den Marktbrunnen, der war schön.
C: Ja, das stimmt. Wenn Sie an das Wort Winnenden hören, stellen Sie sich also dieses kleine, ruhige Dörfchen vor?
ML: Wenn ich an Winnenden denke, sehe ich erstmal die große Kreisstadt, die Schulen… - natürlich auch das, was damals passiert ist beim Amoklauf. Ich ging ja auch auf die Robert-Boehringer-Schule. Winnenden war für mich als Junge ein bisschen befremdlich, da ich früher sehr schüchtern und zurückhaltend war. Für mich war das schon eine große Stadt, ich hatte Respekt davor.
C: Manchmal hat man die Schulzeit auch im negativen Sinne in Erinnerung. Wenn Sie sagen, dass sie früher schüchtern gewesen sind, ist es wahrscheinlich auch nicht die beste Zeit ihres Lebens gewesen. Gibt es spezielle Augenblicke in ihrer Schulzeit an die Sie sie sich erinnern?
ML: An spezielle Augenblicke? Kann ich so eigentlich nicht sagen. In der Schule habe ich mich nie so richtig wohlgefühlt, weil ich eher defensiv war. Ich war auch kein besonders guter Schüler, der herausragende Noten geschrieben hat. Positiv war für mich immer Sport. Sport und Technik.
C: Gibt es Lehrer, die Sie trotz allem auch gemocht haben? Von denen Sie sagen, Sie haben etwas gelernt, da ist etwas hängengeblieben?
ML: Ich kann mich noch an meine Hauptlehrerin erinnern, Frau Harr. Das war eine sehr geduldige Frau, die hatte sehr viel Geduld, vor allem mit mir. Na ja, ich war nicht der schlechteste Schüler, aber sie hat schon gemerkt, dass ich da ein bisschen hinke. Frau Dausch, meine Englischlehrerin war auch gut. Ja, da kann ich mich schon daran erinnern, dass das ganz toll war. Vor allem, weil sie sich Zeit genommen haben.
C: Von den meisten Autoren hört man ja, dass sie sehr früh mit Schreiben angefangen haben, schon als Jugendliche und auch in ihrer Schulzeit. War das bei Ihnen auch so, oder kam das erst später?
ML: Nein, das kam bei mir erst viel, viel später. Ich habe erstmal eine Lehre gemacht. Da war ich immer noch mit Deutsch und Rechtschreibung nicht so behaftet, dass man sagen kann, ja, der kann jetzt einen fehlerfreien Brief schreiben oder so. Das fing erst vor etwa zehn Jahren an, dass ich meine erste Geschichte geschrieben habe. Die kam dann gleich gut an. Ich habe gemerkt, dass ich das, was in meinem Kopf steckt, meine Ideen und Gedanken, auch in Geschichten umformen kann. Dann hat Schreiben auch plötzlich Spaß gemacht, was für mich eigentlich immer schwieriger war.
C: Viele Autoren sagen ja auch, dass sie feste Routinen haben, z.B. schreiben sie nur morgens, weil sie da am produktivsten sind. Gilt das auch für Sie?
ML: Nein, sowas habe ich in der Tat nicht. Ich kann sowohl morgens, als auch abends oder mittags schreiben. Wahrscheinlich sogar nachts. Ideen habe ich immer genug. Das Tolle ist, das ich jede Freiheit habe, dass ich schreiben kann, wann ich Lust habe.
C: Das ist schon cool. Feste Arbeitszeiten können für manche auch einschränkend sein.
Ml: Ja klar, das hatte ich siebzehn Jahre in der Fabrik. Da wollte ich einfach weg von, diesem „eingeschränktem Dasein“. Morgens um sieben bis mittags um vier in der Fabrik zu stehen, das ist nicht gerade das, was ich mir vorgestellt hatte.
C: Das kann ich verstehen. Wenn man das Wort „Schriftsteller“ hört, dann hat man meistens dieses Bild von einem Typen im Kopf, der vor dem Schreibtisch sitzt, um ihn herum Berge von zerknülltem Papier, und er starrt auf den weißen Bildschirm. Kennen Sie diesen Moment?
ML: Eigentlich weniger. Natürlich gibt es im Leben immer Höhen und Tiefen. Wenn dann mal dunkle Wolken über mir hängen, bin ich natürlich auch nicht gerade derjenige, der sich gerne hinsetzt und noch etwas Positives aufschreibt. Aber so eine Schreibblockade… nicht wirklich.
C: Das sind doch gute Nachrichten. Sie haben ja nicht nur schriftstellerisches Talent, Sie machen auch viel Musik, unteranderem zusammen mit ihrem Bruder, Sie bilden die Band „Lenz Brothers“. Da hatten sie schon jede Menge Auftritte, und sicher schon öfters Lampenfieber. Wie gehen Sie damit um?
ML: Lampenfieber ist bei mir heute eigentlich nicht mehr so das Thema. Ich stehe seit zweiunddreißig Jahren auf der Bühne, und habe schon viele Konzerte gegeben. Natürlich manchmal…aber wir machen ja eher kleine Dinge. Kennen Sie die „Alte Kelter“ in Winnenden?
C: Ja, klar.
ML: Genau, da zum Beispiel. Wenn dann alles voll ist mit über hundert Leuten, die mucksmäuschenstill sind, dann hat man schon ein bisschen Lampenfieber und denkt: Hoffentlich kriege ich meine Texte hin. Ja, aber bei so Routine Auftritten, Geburtstagen oder Straßenfesten, das ist eigentlich nicht mehr das Problem, es ist wirklich nur Routine.
C: Gerade bei ihren Auftritten, gab es da mal einen richtig peinlichen Moment, wo Sie am liebsten im Boden versunken wären?
ML: Oh da gibt es viele (lacht). Sowohl von meiner Seite aus, als auch vom Publikum. Was sich da manche Leute schon erlaubt haben, da könnte ich viel erzählen. Es hat mal jemand vor mein Mikrofon erbrochen.
C: Oh je.
ML: Auf der Bühne, weil er betrunken war. Einer ist mal über mich drüber gefallen. Dann stand ich neulich mal in Schwäbisch Hall auf der Bühne, und habe meinen kompletten Text vergessen. Da fiel dann das ganze Kartenhaus in sich zusammen. Ich musste mich quasi vor dem Publikum entschuldigen.
C: Das sind natürlich ganz unangenehme Sachen, an die man sich erinnert.
ML: Ja, aber ich muss sagen, das Positive überwiegt. Das gehört auch alles dazu, zum Musik machen, zu einem Künstler.
C: Sie schreiben ja hauptsächlich Kinderbücher, auch unter dem Einfluss von Manfred Mai. Gibt es einen Grund, warum sie gerade für Kinder schreiben wollten?
ML: Ja, da gibt es natürlich einen Grund. Zum einen war mir wichtig, mit den Kindern zu kommunizieren. Auf Lesung zu gehen. Meine Lesungen sind sogenannte „Musikalische Lesungen“, das heißt, ich lese Geschichten vor und spiele meine eigenen Lieder dazu. Am Anfang habe ich diese Lesungen zusammen mit Manfred Mai für Erwachsene gemacht, aber das kam nicht so gut an. Da kam ich in die Kinderschiene rein, ja, weil es einfach mehr Spaß macht. Es ist ein Stück weiter auch einfacher.
C: Einfacher Kinder zu begeistern für ihre musikalischen Lesungen?
ML: Ja, Kinder zu begeistern und Kindergeschichten zu schreiben. Man kann wahrscheinlich viel vielfältiger und ein Stückchen phantastischer sein.
C: Und gerade, wenn man für Kinder schreibt, die die Welt noch etwas anders wahrnehmen, gibt es spezielle Regeln, die man beachten muss?
ML: Ja, die Regeln werden von Jahr zu Jahr schwieriger. Da gibt es Anschlagzahlen, da gibt es bestimmte Themen, es ist nicht mehr so, dass man da einfach nur seine Ideen verfolgen kann. Ich habe heute sechs Verlage angeschrieben und auch schon oft Ideen eingereicht. Aber es ist nicht so, dass man dann automatisch eine Antwort bekommt. Das ist kaum der Fall, weil die Verlage sich die Autoren eigentlich raussuchen. Sie recherchieren intern, was brauchen sie, um möglichst viele zu erreichen. Sie orientieren sich an anderen Verlagen und am Markt. Wenn ich jetzt eine Geschichte habe, und die schicke ich da ein, kann es sein, dass sie nicht mal gelesen wird.
C: Das ist natürlich schade. Die Konkurrenz wächst und es ist nicht leicht, sich in dieser Branche seinen Lebensunterhalt zu verdienen. 2010 haben Sie sich selbständig gemacht. Gibt es Momente, wo sie ins Grübeln kommen und sich fragen, ob ihre Entscheidung, das Schreiben zu ihrem Beruf zu machen, richtig war?
ML: Nein, diese Momente gab es nie. Ich habe ganz genau und gezielt darauf hingearbeitet. Während ich siebzehn Jahre in der Fabrik gearbeitet habe, bin ich nebenher auf die Gesamtschule Stuttgart gegangen und habe Gesangsunterricht genommen. Ich habe während meiner Arbeit schon viele Auftritte gehabt und schon etwas damit verdient. Irgendwann kam mein Vorgesetzter, hat mir auf die Schulter geklopft und gesagt: Martin, du musst dir was überlegen. So geht das nicht weiter, das du mir hier an der Maschine einschläfst. Da war für mich klar, dass ich aussteige, einfach aus dem Grund, dass ich noch weiterwollte.
C: Immer weniger Jugendliche heute lesen zum Vergnügen. Wie sehen Sie die Zukunft des Lesens?
ML: Die Zukunft des Lesens und vor allem des Buches… - ja, also gerade Facebook und Co. werden immer massiver. Kinder werden immer mehr in die digitale Welt gedrängt. Man hat den Eindruck, das Buch verschwindet so langsam. Gut, jetzt zu Corona Zeiten ist es wieder mehr in den Vordergrund getreten, aber ich glaube, es wird tatsächlich immer weniger gelesen. Man merkt das den Kindern auch an. Ich bin seit zehn Jahren an Schulen unterwegs und als Autor merke ich, dass sie auch nicht mehr so lange zuhören, die Konzentration lässt nach. Zuhause wird auch nicht mehr so oft vorgelesen, es fehlt den Kindern auch an Geduld, mal ein Buch in die Hand zu nehmen.
C: Das stimmt. Die sozialen Medien nehmen einen wahnsinnig großen Platz in unserem Leben ein. Bücher im Vergleich könnten dann natürlich „langsamer“ wirken. Für mich persönlich war es aber immer ein Highlight, wenn mir meine Eltern früher vorgelesen haben.
ML: Toll, sowas machen wir auch. Wir haben ja genug Bücher zu Hause (lacht).
Bibliographie
Kinder- und Jugendbücher
- Lenz, Martin: Melis größter Wunsch. In: Hans-Joachim Gelberg (Hrsg.): Glücksvogel. Weinheim / Basel: Beltz & Gelberg, 2013
- Lenz, Martin; Mai, Manfred: Das große Buch der Geschichten und Lieder. München: cbj, 2014
- Lenz, Martin; Mai, Manfred: Ein schönes Geheimnis. Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 2014
- Lenz, Martin; Mai, Manfred, Ill.: Betina Gotzen-Beek: Die geheimnisvolle Schatzkarte. Frankfurt am Main: Fischer Duden, 2015
- Lenz, Martin; Mai, Manfred, Ill: Folko Streese: Leute, ich werd’ Superstar! Ravensburg: Ravensburger Buchverlag, 2015
- Lenz, Martin; Mai, Manfred, Ill.: Markus Grolik: Abenteuer am stürmischen See. Ravensburg: Ravensburger Buchverlag, 2016
- Lenz, Martin; Mai, Manfred; Ill.: Leonard Erlbruch: In unserer Straße ist immer was los. Weinheim / Basel: Beltz & Gelberg, 2017
- Lenz, Martin; Mai, Manfred: Alle unter einem Dach. Frankfurt am Main: Fischer Duden, 2017
- Lenz, Martin; Mai, Manfred; Ill.: Horst Hellmeier: Pokkis Traum. Fellbach: fabulus, 2017
- Lenz, Martin; Mai, Manfred; Ill.: Lukas Vogl: Pokki in Afrika. Fellbach: fabulus, 2018
- Lenz, Martin; Mai, Manfred; Ill.: Eike Marcus: Fußballgeschichten. Ravensburg: Ravensburger Buchverlag, 2018
- Lenz, Martin; Mai, Manfred; Ill.: Mirco Tomicek: Was für ein Glück-mir send Schwoba. Gmeiner Verlag 2019
- Lenz, Martin; Daniel Sohr (Ill.): Ben bei den Indianern. Ravensburg: Ravensburger Buchverlag, 2019
- Lenz, Martin; Meike Teichmann: Iglu, Schnee und Rodelspaß. Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 2020
Diskografie
- The first sorcery, 1997, LC 3837
- Das große Vielleicht, 2009, LC 19840
- Schau nicht auf den Kalender, 2013, LC 12692
- Was für ein Glück - mir send Schwoba, 2019