Karl Mast: Abenteurer, Schriftsteller, Pädagoge
Zur Biographie
Abb.: Lehrerkollegium der Stöckachschule Winnenden, 2. von links, Mitte: Karl Mast (Foto: privat)
Jugend und Ausbildung
Karl Mast kommt am 5.5.1903 in Mergelstetten (Kreis Heidenheim) als Sohn des Königlich Württembergischen Fostbeamten Johannes Mast zur Welt. Von 1909 bis 1913 besucht er die dortige Volksschule, ehe er auf das Progymnasium in Heidenheim wechselt. Von 1918 bis 1923 besucht er das Lehrerseminar in Nagold, das er mit der ersten Staatsprüfung abschließt. Noch während seiner Seminarzeit nimmt Mast Kontakt zu Vertretern der Reformbewegung auf, etwa zur Waldorfbewegung oder zu Paul Geheeb, dem Gründer der Odenwaldschule. 1923 allerdings findet Mast wegen der Wirtschaftskrise keine Anstellung und unternimmt stattdessen mit einem Freund eine Fußreise nach Rom. Das nötige Geld verdienen sich Mast und sein Begleiter mit Kasperltheater und improvisierten Konzerten. Nach einem kurzen Aufenthalt in Rom schlagen sich die beiden nach Genua durch. Dort besteigt Mast das deutsche Segelschulschiff „Pamir“ und fährt als blinder Passagier über den Atlantik; einen selbstgeschneiderten Anzug aus Segeltuch bewahrt er noch lange auf. Nachdem er zurückgekehrt ist, legt Mast zunächst seine zweite Staatsprüfung ab. Erneut findet der junge Pädagoge keine Stelle und schifft sich deshalb nach Hispaniola ein. In Haiti ist Karl Mast zwei Jahre als Erzieher bei einer Verwandten des damaligen Präsidenten tätig.
Lehrer und Soldat
Nach seiner Rückkehr unterrichtet Mast von 1930 bis 1935 in Klosterreichenbach im Murgtal. 1930 heiratet Karl Mast. Zwei seiner vier Söhne wandern später nach Kanada aus. Im Anschluss findet Mast eine Lehrerstelle in Neusatz bei Dobel (heute zu Wildbad). Hier tritt er wie viele andere voller Idealismus in die SA ein, es wird ihm jedoch rasch klar, dass er sich getäuscht hat. Als am 10. November in der Reichspogromnacht die Ortsgruppe nach Karlsruhe fährt, ist Karl Mast nicht dabei. Als er beim Ortsgruppenleiter seinen Austritt erkläen will, setzt ihn dieser unter Druck: In die SA trete man wohl ein, aber nicht mehr aus. Er solle an seine junge Familie denken. So bleibt Karl Mast Parteimitglied. Als der Krieg ausbricht, wird Mast zunächst als Unteroffizier an der Westfront eingesetzt. 1941 kehrt Mast zurück. Nach einem Wiedersehen mit der Familie, die zwischenzeitlich in der Bahnhofstraße 30 in Waiblingen wohnt, wird er wieder eingezogen: In der besetzten Ukraine soll er an der Ausbildung von Deutschlehrern mitwirken. Das Kriegsgeschehen rückt jedoch bald näher. Als die Ostfront nicht mehr zu halten ist, sieht sich Offizier Mast mit seinen Soldaten auf sich selbst gestellt. Der vorrückenden Roten Armee weicht er knapp aus, man flieht nach Südwesten. Durch das kriegszerstörte Dresden kommt Mast bei seinen Eltern in Winnenden vorbei, ehe der Heimkehrer die Familie in Waiblingen wiedertrifft. In der Nachkriegszeit ist Mast, der ein problemloses Emtnazifizierungsverfahren durchläuft, zunächst an einer Handweberei in der Beinsteiner Straße beteiligt (Mast 2020).
Abb.: Mitteilung an Karl Mast zur Veröffentlichung eines Beitrags in der Deutschen Radio-Illustrierten (privat)
In Winnenden
1950 wird Karl Mast Oberlehrer in Winnenden. Die Familie bezieht das Haus am Kesselrain 2, das dem Bauunternehmer Eugen Hilt gehört. 1960 wird Mast Rektor der Stöckachschule. Zahllose Schülerberichten zeichnen ein klares Bild von Lehrer Mast: Der begnadete Erzähler war ein konsequenter, aber auch ideenreicher Pädagoge, der seine Schüler förderte und motivierte. Als Winnenden diskutiert, ob die Stadt eine Realschule brauche, wirft sich Mast mit Elan in die Debatte. Oberbürgermeister Hermann Schwab, im Volksmund wegen seines umgänglichen Wesens „Lächle“ genannt, hört auf den verdienten Schulleiter der Stöckachschule. So kommt es, dass Mast zu Anfang auch die Betreuung der benachbarten Realschule übernimmt, der heutigen Geschwister-Scholl-Realschule. Aus gesundheitlichen Gründen wird Karl Mast 1965 pensioniert. Der vielseitig interessierte Pensionär fühlt sich der Stadt jedoch weiter verpflichtet: Er engagiert sich im Schwäbischen Albverein, schreibt über den Jakobsaltar und betreibt die Anlage des geologischen Lehrpfads. 1996 lässt sich Mast mit seiner Frau in Unterheimbach bei Öhringen (Landkreis Heilbronn) nieder (Käß 2020), wo er regelmäßig Besuch aus Winnenden erhält. Für seine Verdienste erhält Karl Mast 1981 die Winnender Bürgermedaille in Bronze und 1990 das Bundesverdienstkreuz. Gestorben ist Karl Mast am 12.10.1998 in Unterheimbach, wo er auch beigesetzt wurde.
Abb.: Der Prosaband Sächla zum Lächla, Sacha zum Lacha und Karls Masts Arbeit über den Jakobusaltar in der Winnender Schlosskirche
Werk
Schon ab 1929 ist Mast beim Rundfunk Stuttgart als freier Mitarbeiter tätig und redigiert 16 Schulfunk-, 18 Jugendfunk-, 23 Heimatfunk-, 33 Zeitfunk- und 123 Bauernfunksendungen. Er schreibt außerdem Essays und Kurzgeschichten für Tageszeitungen und für eine Reihe von Jugendzeitungen, darunter Stafette, Liliput, Schweizer Jugend, Gib acht und Sommergarten. Auch in Fachzeitungen wie Schulwarte, Zeitnahe Schularbeit, Scholle, Bayerisches Elternhaus und Schule publiziert er (WZ 1963).Masts Erstlingswerk, das Heimatbuch Die Chronik des Walddorfes Neusatz, wird 1939 veröffentlicht. Nach dem Krieg erscheinen zunächst zwei Jugendbücher: Der Gefangene der Pirma (1954) über seine abenteuerliche Reise auf der „Pamir“ und Rauch im Bao-Tal (1955), das seine Erlebnisse auf Hispaniola beschreibt. Höhepunkt des Buchs ist die Expedition zum Pico de la Pelona, den Mast als höchsten Berg der Großen Antillen identifiziert. Rauch im Bao-Tal steht auf der Bestenliste des Jahres 1956 und wird unter dem Titel Le trésor de Quarocuya ins Französische übersetzt. Aus der Konzeptfassung seiner Bücher liest Karl Mast auch seinen Schülern vor. In den folgenden Jahren widmet sich Mast seinem Amt als konsequenter Oberlehrer und Rektor; er unterrichtet zeitweise Klassen von bis zu 50 Schülern. Das letzte Werk Karl Masts ist der Erzählband Sächla zum Lächla und Sacha zum Lacha.
Abb.: Umschlagbilder der beiden Jugendbücher Karl Masts
Bezug zu Winnenden
Als Lehrer hat Karl Mast Generationen von Winnender Schulkindern geprägt. Spektakulär waren besonders die Kinderfeste des damaligen TSV Winnenden mit einem fast einen Kilometer langen Festzug, an dem sich auch die Klasse 8 von Karl Mast beteiligte. Mast studierte mit den martialisch verkleideten Buben einen rhythmischen Kriegsruf ein. Nach der Pensionierung macht sich Mast, der auch Ehrenmitglied der Winnender Sektion des Schwäbischen Albvereins war, um die wissenschaftliche Erschließung Winnender Wahrzeichen verdient: in der Broschüre Rund um den Haselstein (1980) stellt er den geologischen Lehrpfad vor, der auf seine Anregung zurückgeht. Bei der Einweihung des Haselsteinbrünneles 1981 hielt Karl Mast eine kurze Ansprache (Ebd.). Auch in seine Arbeit zum Jakobusaltar in der Winnender Schlosskirche, der Mast besonders am Herzen lag, fließen genaue Beobachtung und profunde Sachkenntnis ein.
Abb.: Karl-Mast-Bank, Rossberg, Winnenden (Foto: Baier)
Ein Winnender Vogel: Papagei Jakob
Als Mast aus der Dominikanischen Republik zurückkommt, hat er für den Vater in Bad Liebenzell ein besonderes Geschenk dabei: einen Goldflügelara, der auf den Namen Jakob hört. Jakob ist ein Geschenk des Staatspräsidenten Brasiliens an seinen dominikanischen Amtskollegen Horacio Vásquez (Mast 2020). Vásquez reicht den exotischen Vogel an Karl Mast weiter, der in der Familie als Erzieher und Hauslerer tätig ist. In Liebenzell richtet Jakob jedoch einiges Unheil an: Er plündert die Speisekammern der Kurkliniken und knackt in den Büros der Ärzte die Füllfederhalter. Als er die Strümpfe einer Dame zerreißt, wendet sich der Bürgermeister an Mast, den Vogel tunlichst unter Verschluss zu nehmen. Als die Familie nach Winnenden zieht, darf sich der farbenprächtige Großpapagei in den Sommermonaten auf einer langen Stange im Garten tummeln. Ältere Winnender können sich noch an sein kehliges Geschrei erinnern. Masts Eltern bewirtschafteten eine kleine Obstwiese mit Gemüsegarten, direkt auf der heutigen östlichen Einfahrt zu Aldi auf dem Wöhrlegrundstück. Nach Auskunft von Zeitzeugen kam Familie Mast mit einem Leiterwägele zum Grundstück, auf dem ein prächtiger Papagei saß: Jakob (Fischer, 2020).
Bibliographie
Werke von Karl Mast
- Mast, Karl: Die Chronik des Walddorfes Neusatz: Ein Dorfbuch für die Gemeinde Neusatz im Schwarzwald. Pforzheim, 1939
- Mast, Karl: Rauch im Bao-Tal: eine Geschichte aus den Sierras von Haiti. Stuttgart : Thienemann, 1955
- Mast, Karl: Der Gefangene der Pirma. Stuttgart: Thienemann, 1954
- Mast, Karl: Geologischer Pfad rund um den Haselstein. Winnenden: Stadt Winnenden, 1980
- Mast, Karl: Sächla zum Lächla und Sacha zum Lacha. Ein bunter Strauß kurzer Geschichten zum Lesen und Vorlesen, besinnlich und heiter. Winnenden: Kerler, 1983
- Mast, Karl: Der Jakobusaltar in der Schloßkirche Winnenden: Ein Kleinod aus Holz. Winnenden: Stadt Winnenden, 1985
Über Karl Mast
- Rektor Karl Mast – ein Vorbild für unsere Jugend. In: Winnender Zeitung, 7.5.1963
- Verwaltungsbericht der Stadtverwaltung Winnenden, II, 12, 1990
- Beileid aus dem Rathaus [Nachruf Karl Mast]. In: Blickpunkt, 21.10.1998
- Gespräch mit Frau M. Käß, Winnenden, ehem. Volksschullehrer und Mitarbeiterin Karl Masts in Winnenden, am 5.8.2020
- Gespräch mit Jörg Mast, Frankenhardt, Sohn Karl Masts, 3.11.2020
- Mitteilung von Herrn M. Fischer, Winnenden-Höfen, Zeitzeuge, am 5.8.2020
- Ein Teil des Nachlasses von Karl Masts befindet sich im Schriftgut-Archiv Ostwürttemberg, Unterm Stein 13, 73540 Heubach-Lautern