Ironie ist ein Stilmittel, das eine Haltung deutlich macht, indem es das Gegenteil des Gemeinten behauptet. Ironisch Sprechende widersprechen also ihrer eigentlichen Haltung, die sie dem Publikum aber durchscheinen lassen. (Etymologie: gr. εἰρωνεία eirōneía, wörtlich „Verstellung, Vortäuschung“). Sagt ein Deutschlehrer, seine Schüler freuten sich bestimmt schon sehr auf den allerseits befürchteten Deutschaufsatz, dann spricht er ironisch.
Zynismus dagegen ist eine Haltung, die bestehende Werte in Abrede stellt oder zumindest ihre Befolgung für fraglich hält. Zynisch verhält sich, wer sagt, man könne die Ungleichheit im Bildungswesen rasch beseitigen, indem man die Armen aus dem Bildungssystem entfernt. (Etymologie: gr. κυνισμός kynismós; von κύων kyon, „Hund“)
Sarkasmus ist die Absicht, etwas sprachlich mit bitterem Spott herabsetzen, anzugreifen und dadurch der Lächerlichkeit preiszugeben. Sarkastisch ist die Aussage, wer in der Schule nur Klatschen und Tanzen gelernt habe, müsse sehen, wo er im Berufsleben bleibe. (Etymologie: gr. σαρκασμός sarkasmós „die Zerfleischung, der beißende Spott“)
Warum fällt es vielen schwer, Ironie zu erkennen?
Ironie ist ein recht feines, subtiles Kommunikationsmittel – sie funktioniert nur, wenn nicht allzu dick aufgetragen wird.
Es erfordert viel Sachverstand, Wissen und Erfahrung, eine Bemerkung als ironisch zu verstehen. Man muss die Situation und Haltung des Sprechers kennen, aber auch den Kontext, über den er spricht.
Nicht alle beherrschen die Kunst, die Leserschaft vorher mit dem Wissen auszustatten, das zum Erkennen ironischer Bemerkungen nötig wäre.
Der Verzicht auf Ironiesignale macht es der Leserschaft oft zusätzlich schwer, Ironie zu erkennen.
Menschen mit bestimmten Besonderheiten (z. B. Autismus) können Ironie nur schwer erkennen.
Kindern fehlt oft die soziale und kognitive Reife, Ironie zu erkennen.
Woran erkenne ich Ironie in Texten?
Anführungszeichen: Ein häufig gebrauchtes Mittel ironischen Schreibens, aber ein unfeines, sind Anführungszeichen. Ironie ist im Grunde unauffällig und hintergründig; wer sie so hervorhebt, zerstört ihre Wirkung: Schüler „lieben“
Spöttischer Ton: Ironie kommt beim Reden oft mit leisem Lächeln daher. Im Text macht sich dieser Spott durch Verzerrungen und Zuspitzungen bemerkbar, durch einen humorvollen, wertenden Stil.
Textsorte: In der Literatur kommt Ironie durchaus häufig vor. In Sachtexten vermeiden Journalisten Ironie, weil sie missverstanden werden kann. Das gilt aber nicht für Meinungstexte wie Kolumne und Glosse – hier ist Ironie das bestimmende Stilmittel!
Medium: Ironie kommt in bestimmten Medien häufiger vor, abhängig vom jeweiligen Publikum – im Satiremagazin („Titanic“) dominiert sie, in der „Tageschau“ wird sie gemieden. Je breiter das Publikum, je niedriger der Bildungsgrad, desto unwahrscheinlicher ist Ironie.
Autor*in: Ironie ist für alle verfügbar, einige Autor*innen sind besonders bekannt dafür. Dazu gehören Heinrich Heine, Jean Paul, Thomas Mann, Erich Kästner, Karl Kraus, Macha Kaléko, Kurt Tucholsky: in der Publizistik ist Ironie ebenfalls häufig (Henryk M. Broder, Harald Martenstein, Sibylle Berg, Margarete Stokowski).
Übertreibungen: Wer die Bedeutung einer Sache übertreibt, die es erkennbar nicht verdient, schreibt ironisch: Zweifellos werden alle Schüler zwangsläufig später wissen müssen, wie man Gedichte interpretiert.
Scheinbare Zustimmung: Wer einer Aussage geradezu euphorisch zustimmt, meint das nicht selten ironisch: Ja, großartig! Damit beheben wir den Lehrermangel bestimmt!
Starke Untertreibung: Wer etwas bagatellisiert, etwas herunterspielt, spricht ebenfalls oft ironisch: Gegen einen kleinen Kurztest am Montagmorgen wird doch sicher niemand etwas einzuwenden haben?
Absurde Empfehlungen: Wer etwas empfiehlt, das man unmöglich umsetzen kann oder dessen Folgen sogar schädlich wären, spricht häufig ironisch: Ich empfehle, deutschen Schülern Einstein-Gehirne einzubauen.
Widerspruch im Text: Wer konsequent eine sinnvolle Position vertritt, dann aber plötzlich das Gegenteil fordert, könnte seine Aussage ironisch meinen: Immer mehr Schüler leiden an Stress und psychischen Krankheiten. Aber wir sind ja so gesund!
Kontrast zur bekannten Position des Autors: Ironisch sind oft auch Aussagen, die gänzlich im Widerspruch zur üblichen Haltung des Verfassers stehen.
Konflikt mit anerkannten Werten: Wer eine Forderung vertritt, die in scharfem Kontrast zu anerkannten Werten steht (ethische Grundsätze, Menschenrechte), ist oft ironisch: Man könnte ja einfach das Abschreiben legalisieren!
Widerspruch zu Erfahrungstatsachen: Wer etwas behauptet, das dem gesunden Menschenverstand widerspricht, gleichzeitig aber Gegenbeweise erbracht hat, spricht ebenfalls oft ironisch: Unterricht am Montagmorgen? Schüler benötigen ja keinen Schlaf.