Günther Weber: Bäcker und Autor
Biographie
Abb.: Günther Weber bei einer Lesung, 2020 |
Günther Weber kommt 1954 in Winnenden zur Welt, wo er aufwächst und zur Schule geht. Nachdem die Eltern 1962 den Betrieb der Großeltern übernehmen, absolviert Weber im Betrieb des Vaters eine Bäckerlehre. In den 1970ern ist er Bäckergeselle und macht sich zunächst auf den Weg nach Ostafrika; in Ägypten lernt er das ortstypische Fladenbrot kennen. 1977 erreicht Weber auf einer längeren Afrikareise das damalige Zaire (heute: Demokratische Volksrepublik Kongo), wo er mitten im Urwald in einem Lehmkuppelofen Pizza backt. Erwartungsgemäß übernimmt er die elterliche Bäckerei – und wandelt sie gemeinsam mit seinem Bruder Helmut in einen Kollektivbetrieb um. Als Konsequenz aus den Erfahrungen der Afrika-Reise engagiert sich Weber später in der Eine-Welt-Arbeit und bald auch in der Solidaritätsarbeit für die Befreiungsbewegungen in Mittelamerika. Daraus ergeben sich drei längere Reisen1981, 1983 und 1985 nach Nicaragua. Dort engagiert er sich in der Solidaritätsbewegung für Zentralamerika, lernt Wanderarbeiter kennen und nimmt an der Kaffeeernte teil. Heute, im Vorruhestand, ist Günther Weber Holzofenbäcker, Koch und Wirt auf dem Lorettohof in Zwiefalten auf der Schwäbischen Alb. In den kalten Wintermonaten nimmt Günther Weber gelegentlich an Maria Bosse-Sporleders Schreibwerkstätten teil. Weber ist verheiratet und hat zwei Töchter. |
Bezug zu Winnenden
Weber ist gebürtiger Winnender und verbrachte auch einen Großteil seiner Jugend in Winnenden. Die junge Familie Weber wohnte im Oberstock der Bäckerei an der Ringstraße 48, der damaligen Ortsdurchfahrt der B14. Ein besonders nachhaltiger Beitrag der beiden Weber-Brüder zur Stadtkultur ist über die Grenzen Winnendens hinaus wohlbekannt: Die von den Großeltern 1921 gegründete Bäckerei wandeln die Webers 1983 zu Winnendens erster Bioland-Bäckerei um. Sie ist bislang die einzige reine Biobäckerei in der Gegend und zugleich eine der letzten handwerklichen Bäckereien Winnendens. Den „Weber“ kennt man außerdem für das politische und ökologische Engagement seiner Mitarbeiter. Insbesondere die Sandino-Seelen sind vielen Winnendern noch in Erinnerung: Zur Unterstützung der Sandinisten in Nicaragua wurde den Seelen in den Achtzigern ein geringer Betrag aufgeschlagen; insgesamt sind bereits über 200.000 Euro zusammengekommen. Mittlerweile engagiert sich das Kollektiv der Bäckerei Weber unter anderem für die biologische Landwirtschaft, einen Saatgutfond und den Bienenschutz.
Zopfbrot mit Blaulicht
Webers Zopfbrot mit Blaulicht ist eine Sammlung von autobiographischen Skizzen, Reisebeobachtungen, Gedichten, Anekdoten und Porträts. Ihnen zugeordnet sind jeweils Rezepte, die sich aus den Texten ergeben. Die Texte folgen – allerdings nicht allzu streng – der Chronologie von Webers Leben. Der vorgeschaltete Text Mein Schreibplatz entwirft zunächst verschiedene ideale Schreiborte und benennt dabei Quellen und Störungen des literarischen Prozesses. Den ersten Teil von Webers Buch, Familie, Kindheit und Jugend, eröffnen literarische Porträts der Mutter und des Vaters (Meine Mutter, Der Teigflüsterer). Seiner Frau widmet Weber ein Gedicht auf Schwäbisch (Mei Frau), den Töchtern und seinen Brüdern je eine autobiographische Skizze. Während die kurze Anekdote Das bleibt unter uns in Winnenden und Waiblingen spielt, trägt sich die im nächsten Text geschilderte Mäusejagd auf dem Bauernhof der Großeltern im Schwarzwald zu. Der zweite Teil des Buchs, Als Bäcker auf Reisen, beginnt in Ägypten, wendet sich dann nach Zaire und Äthiopien, ehe er Webers etwas ausführlicher Erlebnisse in Nicaragua behandelt. Ein kurzer Ausflug nach Istanbul schließt die Reise ab. Der dritte Teil von Webers Buch, Leben und Arbeiten auf dem Lorettohof, rückt näher an die Gegenwart heran. Man erlebt die Wechselfälle des Bäckerlebens mit, stille Augenblicke und übereilte. Mit der Sammlung Texte und Gedanken schließt das Buch und belegt Webers Vielseitigkeit: Poetische Skizzen wie Landschaften gehören ebenso dazu wie eine klassische Kurzgeschichte (Torb). Unterschiedliche Formen treffen hier aufeinander: ein essayistischer Text (Geschehen lassen), eine verspielte Groteske (Die Tafel), die Memoiren eines Ziegenkäses (Ein Ziegenkäse von elf Tagen) und ein lautmalerisches Teig-Gedicht (Was der Teig alles kann). Zopfbrot mit Blaulicht ist bei Hädecke in Weil der Stadt erschienen. Die Illustrationen stammen von Rainer Weber, der als freischaffender Künstler in Hamburg lebt. |
Interview (Marisa Früh)
Marisa: Meine erste Frage an Sie bezieht sich auf Ihre Jugend in Winnenden. Was waren da Ihre Lieblingsorte?
Günther Weber: Gute Frage...! Wir waren früher sehr viel im oberen Zipfelbachtal spazieren, das war eine Gegend, die mir sehr gut gefallen hat. Das ist unterhalb von Breuningsweiler, das war sehr schön. Lieblingsplätze hatte ich sonst nicht so, mir haben viele Orte gefallen.
M: Ach, das ist ja schön. Sie sind ja auch hier zur Schule gegangen. Woran erinnern Sie sich, wenn sie an Ihre Schulzeit zurückdenken?
GW: Ich war am Georg-Büchner-Gymnasium, da ist mir sehr in Erinnerung geblieben, dass wir dort ein Schülerkabarett hatten. Das hat damals Herr Neumahr initiiert, der ist mittlerweile schon längst in Rente (Gustav Neumahr ist mittlerweile verstorben, d. Red.). Das war eine große Aufführung in dem Gymnastiksaal des Gymnasiums und war ein recht großer Erfolg. Es war auch ein relativ „braves“ Kabarett mit zum Teil fertig eingekauften Texten, hat aber trotzdem viel Spaß gemacht. Das war so die Zeit um 1969/70, als relativ viel Rebellion und Unruhe in uns Schülern steckte, im Jahr drauf haben wir verlangt, dass wir Schüler das Kabarett ganz allein gestalten dürfen. Da hat dann aber die Schulleitung Lunte gerochen, dass wir da wahrscheinlich einen großen Eklat inszeniert hätten; die haben das alles verhindert und das war dann das Ende des Schülerkabaretts (lacht).
M: Ah, interessant... - darf ich fragen, was ein Schülerkabarett ist?
GW: Das war ein Abend mit Sketchen und Liedern, sowas wie ein Revueabend mit mehr oder weniger literarischen Texten, zum Teil gereimt, zum Teil als Chanson. Die Texte, die man dazugekauft hatte, waren ganz allgemein über den Zeitgeist, über die 60er Jahre und die Texte, die wir selbst verfasst haben, waren kritisch über unseren Schulalltag, über unsere Lehrer oder über unseren Kampf um eine Raucherecke.
M: Das klingt nach viel Spaß (lacht). Und nun zur Bäckerei Weber. Was waren damals ihre Beweggründe, eine Bio-Bäckerei zu eröffnen?
GW: Zu dem Zeitpunkt hat sich sehr viel in der Gesellschaft bewegt. Mein Bruder und ich sind beide annährend gleich alt und wir wurden schon einige Male gefragt, ob wir die Bäckerei unseres Vaters weiterführen würden. Daran hatten wir aber eigentlich kein Interesse und sind dann mit der damals beginnenden Anti-Atomkraft-Bewegung in Beziehung gekommen, wir waren damals bei den Kämpfen in Wendland zum Teil dabei und da haben wir darüber diskutiert, was anders werden müsste. Dass wir eine andere Landwirtschaft brauchen, einen anderen Umgang mit der Umwelt brauchen, und da ist uns eines Tages ein Licht aufgegangen, dass es, wenn es ökologisch arbeitende Bauern gibt, dass es dann auch Handwerker geben muss, die diese Produkte weiterverarbeiten. Das war der Grund, dass wir gesagt haben, unter solchen Vorzeichen können wir uns das Leben als Bäcker vorstellen. Das hatte also auch einen politischen Hintergrund.
M: Ja, da stimme ich auch zu, es ist schließlich wichtig, auf seine Umwelt zu achten. Wie haben die Winnender dann auf die neue Bio-Bäckerei reagiert? Waren sie begeistert oder waren sie erstmals noch etwas misstrauisch?
GW: Nun ja, die Bäckerei meiner Eltern war ja eine kleine Stadtteilbäckerei an der Ecke, war gut eingeführt und hatte einen guten Ruf. Wir waren klug genug, das weiterzuführen und da nicht so einen harten Schnitt zu machen, sondern wir haben gesagt, dass wir weiterhin Weber heißen und weiterhin auch die berühmten Weber-Brezeln machen. Also, die Leute sind dann gerne weiterhin gekommen, sie haben uns junge Bäcker ja gekannt und gleichzeitig war das der richtige Moment mit einem Öko-Programm anzufangen. Wir haben dann aus der ganzen Stadt die wenigen fortschrittlich und ökologisch denkenden Menschen dann auch als Kunden zu uns in den Betrieb bekommen. Es war ideal, diese beiden Dinge zusammenzubringen, von der Zeit her und wegen der Kombination von traditioneller Bäckerei und wegen des ökologischen Gedankenguts.
M: Ja, ihre Backwaren sind sehr lecker! Aber Sie sind ja auch Autor. Nun ja, einen schreibenden Bäcker findet man ja nicht alle Tage. Wie sind Sie überhaupt zum Schreiben gekommen?
GW: Ich war eigentlich schon immer beim Schreiben. (lacht) Aufsätze schreiben war schon ab der dritten Klasse meine Lieblingsbeschäftigung, das konnte ich gut und das habe ich auch gerne gemacht. Das hat mich dann so mein Leben lang begleitet, als ich auf Reisen war, hab ich immer ausführlich Tagebuch geschrieben und als wir dann die ökologische Kollektivbäckerei gegründet haben, habe ich schnell den Posten zugeschoben bekommen, die Veröffentlichungen zu schreiben. Da hat man dann auch Formen ausprobiert, hat das als Comic gestaltet...! Das war einfach mein Thema.
M: Sehr schön, das war auch meine Lieblingsaufgabe in der Grundschule, mit Aufsätzen kann man so vieles ausdrücken. Aber als Bäcker waren Sie ja zeitlich oft sehr eingespannt. Wie haben Sie dennoch Zeit zum Schreiben gehabt?
GW: Die habe ich natürlich nicht immer gefunden (lacht). Aber als wir die Bäckerei vom Familien- in den Kollektivbetrieb überführt haben, war eigentlich die Zielsetzung, jeder von uns will nicht mehr als vier Tage in der Woche arbeiten, damit man noch Zeit für andere Dinge hat. Das ließ sich nicht gleich in der Anfangszeit verwirklichen, aber in den späteren Jahren, als ich noch in Winnenden war, hat man das so machen können. Da hatte ich dann auch mehr Zeit, mich um mein politisches Engagement oder um das Schreiben zu kümmern. Hier auf dem Lorettohof ist es ganz ähnlich, wir haben immer drei bis vier sehr intensive Arbeitstage in der Woche und zwei bis drei Tage, an denen es ruhig zugeht. In diesen Tagen kann man sich mit Dingen außerhalb der Backstube beschäftigen.
M: Das ist ja auch wichtig, dass man auch mal Zeit für was anderes hat und den Kopf etwas frei bekommen kann.
GW: Ja, ich glaube sonst wäre auch der Beruf Bäcker kein Lebensthema gewesen, wenn das wirklich nur die Beschränkung auf diese handwerkliche Tätigkeit wäre.
M: Auf diesen Punkt würde ich in meiner nächsten Frage gerne noch genauer eingehen. Sie haben ja in Ihrem Buch „Zopfbrot mit Blaulicht“ geschrieben, dass Sie „widerwillig und aus Ratlosigkeit“ das Handwerk ihres Vaters erlernt haben. Was hat sie danach doch noch so an diesem Beruf fasziniert, dass sie dabeigeblieben sind?
GW: Eigentlich war es das, dass ich mit den Leuten, die das mit mir zusammen gemacht haben, dass wir einfach verstanden haben, was für Möglichkeiten in dem Beruf, aber auch in so einem selbstständigen Betrieb stecken. Für uns war immer spannend, was wir unserer Kundschaft vermitteln können, wie weit diese mitgehen, wenn wir uns in politische Dinge einmischen. Ohne das wäre der Beruf für mich nur vorübergehend gewesen. Dass man einspringen konnte, wenn der Vater mal nicht konnte. Ich wusste damals noch nicht, wo es für mich eigentlich hingehen sollte. Aber wenn der der Beruf keine gesellschaftlichen Perspektive geboten hätte, als selbstständiger, kollektiv Betrieb, dann hätte mich der Beruf, glaube ich, nicht so sehr interessiert.
M: Okay, das ist ja ein interessanter und spannender Sinneswandel gewesen. Bleiben wir zunächst bei Ihrem Buch, darin haben Sie ja auch viel von Ihren Reisen erzählt, unter anderem nach Mittelamerika, Afrika und in die Türkei. Welche der Reisen hat Sie am meisten geprägt?
GW: Puh... Schwierig. Vermutlich die erste lange Reise, die nach Afrika. Da war ich damals 15 Monate unterwegs, das war die Zeit nach der Schule und Berufsausbildung, wo ich zum ersten Mal ganz alleine in der Welt stand und mich durch ziemlich wilde Gegenden allein durchwühlen musste. Ich glaube, das hat mich persönlich am meisten geprägt.
M: Die Reisen, von denen Sie in Ihrem Buch erzählen, hören sich sehr interessant und spannend an, man bekommt viel von anderen Ländern mit. Welche Art von Leserinnen und Lesern wünschen sie sich und was wollen sie mit Ihren Büchern bewirken?
GW: Hm...! Es ist ja die Kombination aus einem Bäckerleben und aus dem Zusatznutzen. Ich habe auch aus meiner Praxis ein paar Rezepte dazugegeben, beispielsweise, wie man was ohne Backmittel backen kann. Das ist so ein bisschen das Anregende. Ich habe nicht wirklich ein Zielpublikum vor Augen, sondern ich denke, Leute, die die beide Dinge interessieren, die sich einfach gerne eine Geschichte erzählen lassen und die sich fürs Backen und einen ökologischen Lebensstil interessieren, für die dürfte das Buch interessant sein. Was ich damit bewirken möchte, ist da ja auch schon ein bisschen miteingeschlossen.
M: Genau. Und wie fühlen Sie sich, wenn Sie hören, dass die Bäckerei Weber bis heute sehr erfolgreich in Winnenden vertreten ist?
GW: Ich freue mich natürlich sehr. Ich bin ja persönlich noch sehr verbunden, es gibt immer noch vier Personen, die da heute noch arbeiten, mit denen ich vor 23 Jahren schon zusammengearbeitet habe. Deshalb sieht man mich da auch immer mal wieder, in unserer Winterpause komm ich gerne mal wieder runter nach Winnenden. Es gab kritische Zeiten, gerade kurz nachdem meine Frau und ich 1997 weggegangen sind. Da dachten wir, wir hätten ein ganz geordnetes Erbe hinterlassen, dann haben aber zwei bis drei andere Personen im Konflikt die Gruppe verlassen und dann sah es sehr schwierig aus...! Wir hatten wenig Hoffnung, dass der Betrieb über die ganze Zeit zu halten ist und dann haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Bäckerei Weber einer von diesen großen „Tankern“ zu sein scheint. Wie ein großes Schiff, das auf seinem Kurs ist, das wird durch kleine Schwankungen oder durch ein kleines Bremsmanöver gar nicht aus der Spur gebracht, sondern trägt sich praktisch selber, das war damals so mein Eindruck. Ich bin immer wieder sehr positiv überrascht, wenn ich nach Winnenden komme, von der Qualität der Backwaren und auch von der Stimmung her, die sich, wie das ganze Programm, bis heute gehalten hat.
M: Ja, das ist sehr bemerkenswert, dass so ein Familienunternehmen so lange fortgeführt werden konnte und sich so gut hält. Ich würde gerne auf eine ihrer Backwaren ganz besonders eingehen, die Sandino-Seelen. Die sind bis heute den älteren Bürgern von Winnenden bekannt. Was hat es damit auf sich?
GW: Das ist eine Geschichte für sich. (lacht) Diese Seelen hat ein junger Kollege mitgebracht, der damals eingestiegen ist, der kam aus Oberschwaben, dort sind die Seelen eigentlich her. Er hat uns die Vollkornversion als Rezept gegeben und wir fanden sie alle gut. Dann war die Frage, was diese Seelen für einen Namen bekommen sollten und wie wir sie interessant machen könnten. Ich war damals sehr in der Solidaritätsarbeit mit Mittelamerika engagiert, ich hatte sehr viel mit Nicaragua zu tun. Ich saß eines Sonntagmorgens am Schreibtisch und hatte einfach die Aufgabe, für das nächste Plenum ein Konzept zu erarbeiten, wie man diese Seelen vermarkten kann. Es ging darum, dass diese Seelen, wenn sie gebacken waren, sich sehr lange frisch halten. An dieser Idee habe ich dann ein wenig rumgesponnen, es war so eine Schnapsidee. (lacht) Ich kam dann auf Augusto César Sandino aus Nicaragua der in den 1930er Jahren ein Revolutionär war und ich habe gesagt: So wie sich seine Ideen bis 1979 frisch gehalten haben, so halten sich auch unsere Seelen frisch und dann war mein Vorschlag an unser Plenum, dass wir die Sandino-Seelen nennen. Weil das so ein Name war, der in aller Munde war und weil es ein bisschen moralisch bedenklich ist, so einen politischen Namen einfach auszuleihen, war dann die Idee, dass damals 10 Pfennig (heute 10 Cent) an die Revolution in Nicaragua gingen. Also ging sechs oder acht Jahre lang das Geld, das wir mit diesen Seelen zusätzlich verdient haben, nur nach Nicaragua. Später hat man dann in der Gruppe beschlossen, dass wir die Spenden, die sich ansammeln, jährlich neu an fortschrittliche Projekte vergeben. Der Ursprung war diese Schnapsidee, die Frischhaltung der Seelen mit der Frischhaltung der Ideen von Augusto César Sandino zu vergleichen.
M: Das ist ja mal eine Namensgebung der anderen Art. Vor allem, dass Sie durch diesen Namen den Seelen etwas Politisches und Historisches mitgegeben haben.
GW: Genau, etwas Inhaltliches mit zu verkaufen. (lacht)
M: Eine sehr gute Verkaufsidee. Jetzt sind Sie aber im wohlverdienten Ruhestand, werden sie weiterhin backen, wenn ja, was werden Sie backen?
GW: Für dieses Jahr bzw. diese Saison werde ich noch im Betrieb dabei sein, meine Frau noch etwas länger. Damit wir die Nachfolger gut einarbeiten und mit der Kundschaft bekannt machen können. Ich denke, ich kann ganz gut auch ohne das Backen leben. Ich bin nicht der, der dann aus Langeweile einmal in der Woche ein Brot backen muss. Wenn man das im großen Stil lange gemacht hat, muss man das nicht auf Haushaltsniveau zwanghaft weiterführen. Ich werde es wahrscheinlich nur machen, wenn ich eine Idee habe, die ich gerne mal ausprobieren will.
M: Das ist auch gut so, man hat dann lange genug ich dem Beruf gearbeitet, irgendwann reicht es auch. Arbeiten Sie schon an einem neuen Projekt?
GW: Nicht wirklich, aber ich habe natürlich eine Schublade, in der noch einige unveröffentlichte Sachen drin sind. Ich werde auch dieses Jahr, wie schon seit vier Jahren, eine kleine Lesung im Sommer in unserer Gartenwirtschaft machen, dafür sammle ich jetzt schon Geschichten, die man da vorlesen könnte. Aber das hat jetzt noch kein konkretes Ziel, ein neues Buchprojekt oder so. Das lasse ich auf mich zukommen.
M: Ich bin gespannt, was noch von Ihnen kommt. Zum Schluss habe ich noch eine Frage: Gibt es etwas, das Sie sich für Winnenden wünschen?
GW: Ich bin in den letzten Jahren sehr verbunden mit den Leuten, die dieses Mehrgenerationen-Projekt „Mittendrin, Nahdran“ auf die Beine gestellt haben, das ist ja direkt neben der Bäckerei Weber errichtet worden ist. Denen wünsche ich einen guten Start, wenn die da jetzt einziehen. Die haben ja durchaus auch so Ambitionen, mit Veranstaltungen auch ein bisschen gesellschaftliche Arbeit zu machen. Das, denke ich, würde der Stadt recht guttun.
Bibliographie
Werke
- Weber, Günther: Gut Brot will Weile haben: Der Bäcker vom Lorettohof und seine besten Rezepte. Weil der Stadt: Hädecke: 2019, 5. Aufl.
- Weber, Günther: Zopfbrot mit Blaulicht: Zwischen Alb und Afrika. Backgeschichten vom Lorettohof. Weil der Stadt: Hädecke, 2020
- Weber, Günther: Teiggeflüster: Die leisen Töne vom Lorettohof. Lorettohof (Zwiefalten): Selbstverlag, 2014
- Weber, Günther: Ein Ziegenkäse von elf Tagen – Lebenserinnerungen: Lorettohof (Zwiefalten): Selbstverlag, 2011
- Weber, Günther: Die trotzigen Mühen um die Freiheit. Nicaraguas Bauern kämpfen um ihr Land. Peter-Hammer-Verlag, Edition Nahua, Wuppertal, 1985
Zu Werk und Autor
- Fischer, Cordula: Loretto-Bäcker Günther Weber hat sein zweites Buch veröffentlicht. Reutlinger Generalanzeiger, 07.2020
- Reich, Simone: Handwerkskunst! Wie man ein echt gutes Brot backt. SWR, 30.10.2018 (EA), auch hier: https://www.youtube.com/watch?v=KmMySW-6Q-o)