Essstörungen: Bulimie, Binge-Eating-Störung und Anorexie
Hinweis: Diese Merkmalsliste soll lediglich das Erkennen einer Essstörung erleichtern, eine Diagnose kann nur der fachkundige Arzt bzw. Jugendpsychiater stellen.
Erkennungsmerkmale von Essstörungen
Eine Person mit einer Esstörung…
- betont ihre Fähigkeit zur Körperkontrolle
- nimmt Laxantien, Diuretika und Appetitzügler ein
- wirkt depressiv, hat Schamgefühle und fühlt sich minderwertig
- gibt viel Geld für Nahrungsmittel aus (Bulimie, Binge-Eating-Störung)
- lässt Mahlzeiten ausfallen
- hortet Nahrungsmittel, insbesondere Süßigkeiten
- holt sich Anregungen auf Pro Mia- und Pro-Ana-Webseiten
- hat oft Heißhungerattacken (Binge-Eating-Störung)
- hält oft Diät, bricht sie aber häufig wieder ab (Binge-Eating-Störung)
- isst zur Belohnung oder zur Dämpfung von Gefühlen (Binge-Eating-Störung)
- isst ohne Hunger und über die Sättigung hinaus (Binge-Eating-Störung)
- bevorzugt einseitige, breiige und kalorienarme Kost
- geht häufig auf die Toilette, riecht nach Erbrochenem (Bulimia nervosa)
- täuscht gegenüber Anderen das essen nur vor
- unregelmäßiges Essverhalten (Binge-Eating-Störung)
- ist übertrieben sparsam oder hygienebewusst, geht selten lustbetonten Aktivitäten nach
- neigt zu Schwarz-Weiß-Denken, polarisiert stark
- leugnet Gefühle, leidet zugleich aber unter Ängsten
- bevorzugt bewegungsarme Tätigkeiten (Binge-Eating-Störung)
- ist extrem abhängig von der Wertschätzung anderer
- zeigt auffälliges Interesse am Essen, an Rezepten und am Kochen (für Andere)
- organisiert und kontrolliert den Tagesablauf
- kontrolliert häufig ihr Gewicht, fühlt sich zu dick
- verliert extrem viel Gewicht , bleibt unter der 10. BMI-Perzentile (Anorexie)
- verhüllt ihre Figur mit weiter, lose fallender Kleidung (Anorexie)
- kritisiert das eigene Aussehen
- pflegt auffällige Essrituale (langsames Kauen, Schlucken, sehr heiß oder kalt essen)
- zieht sich zurück, isst heimlich, erbricht sich (Bulimia nervosa)
- isst rauschhaft, erlebt Fressattacken (Bulimia nervosa)
- teilt Nahrungsmittel in erlaubte und verbotene Nahrungsmittel ein
- beschafft sich große Mengen leicht essbarer Nahrungsmittel (Bulimia nervosa)
- bekundet häufig Ekel vor dem Essen oder bestimmten Nahrungsmitteln
- klagt oft über somatische Beschwerden (Übelkeit, Schlafstörungen)
- entzieht sich in der Pause dem gemeinsamen Essen mit Mitschülern
- macht sich über die Figur von Mitschülern lustig oder bewundert deren Figur
- zeigt einige der folgenden körperliche Merkmale:
- ständiges Frieren
- trockene und schuppige Haut
- Verletzungen im Bereich der Mundwinkel
- brüchige Nägel
- Haarausfall
- kalte Hände
- bei Mädchen: Ausbleiben der Regel (Amenorrhoe)
- Stoffwechselstörungen
- Störungen des Elektrolythaushalts
- Absinken des Pulses, der Körpertemperatur und des Blutdrucks
- nimmt plötzlich verstärkt sportliche Aktivitäten wahr, bevorzugt schwere Schultaschen
- Ist körperlich weniger leistungsfähig
- ermüdet rasch
- zeigt übermäßigen Ehrgeiz
- erledigt Aufgaben perfektionistisch
- verliert das Interesse an sozialen Kontakten
- verweigert therapeutische Angebote und Gespräche zum Essverhalten
- zeigt starke Stimmungsschwankungen
Handlungsmöglichkeiten
- Nicht offensiv auf Essen, die Figur oder das Gewicht ansprechen!
- Austausch mit den Kollegen!
- Schulleitung und Klassenlehrer informieren!
- Nach dem Befinden fragen, Interesse zeigen! Nicht ignorieren!
- Eindrücke behutsam und in der Ich-Form zur Sprache bringen!
- Nicht hinter dem Rücken des Schülers mit den Eltern sprechen!
- Gespräche unter vier Augen, nicht in Gegenwart anderer!
- Adressen von Beratungsstellen und Therapeuten vorhalten!
- Nicht mit der Klasse über den Betroffenen sprechen!
- Angebote zum Reden machen!
- Essstörungen nicht tabuisieren!
- Expertise über Essstörungen aufbauen!
- Informationsveranstaltungen zu Essstörungen an der Schule anbieten!
- Nie in der Pause das Essverhalten des Schülers kontrollieren!
- Keine Witze oder abwertende Bemerkungen über Essgestörte, die Figur oder problematisches Essverhalten!
- Hilfen zur Integration in der Klasse!
- Auf Mobbing schnell und konsequent reagieren!
- Nicht überbehüten, sondern normal behandeln!
- Abweisendes Verhalten aushalten!
- Schulische Präventionsprogramme etablieren (PriMa, Torera, TOPP)!
- Einbeziehen des Fachlehrers für Gesundheitserztiehung!
- Besuch einer spezialisierten Beratungsstelle!
- Einladen eines Betroffenen in den Unterricht!
Literatur
- Menzel, Dirk / Wiater, Werner (Hgg.): Verhaltensauffällige Schüler. Symptome, Ursachen und Handlungsmöglichkeiten. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt, 2009 (Wunderer, S. 149 ff.)
- Castello, Armin: Kinder und Jugendliche mit psychischen Auffälligkeiten in Schule und Kita. Klinische Psychologie für die pädagogische Praxis. Stuttgart: Kohlhammer, 2013, bes. S. 81 ff. (Gebhardt)
- Rausch, Adly: Problembelastete Schülerinnen und Schüler. Begriffe – Umfeld – Handlungsmäglichkeiten. Bad Heilbrunn; Klinkhardt, 2006, S. 17 ff.
Internet
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Essstörungen. Unter: http://www.bzga-essstoerungen.de/index.php (erstellt: o. J., Zugriff: 21.08.2015)