Der höchste Kirchenmann des Landes: Erasmus Grüninger
Erasmus Grüninger: Vita und Bezug zu Winnenden
Bild: Heyden, Jacob van der: Erasmus Grüninger, Kupferstich, 1631 |
Erasmus Grüninger kommt am 14. November 1566 in Winnenden zur Welt; sein Großvater, Martin Grüninger, war Bürgermeister zu Winnenden, ebenso sein Vater Erasmus. Als eines von vier Geschwistern beginnt Erasmus ein Studium der Theologie in Heidelberg bei seinem Schwager, dem Mathematikprofessor Michael Mästlin, der seinerseits mit dem Astronomen Johannes Kepler befreundet ist. Als dieser nach Tübingen wechselt, begleitet ihn Grüninger und erwirbt mit 20 den Magistergrad. Im Laufe seines Lebens bekleidete er mehrere Ämter, so ist er Diakon in Kirchheim ob der Teck, Hofprediger und Konsistorialrat in Stuttgart, Abt in Maulbronn sowie mit 48 Jahren Landprobst. Insbesondere als Hofprediger scheut er sich nicht vor Auseinandersetzungen mit dem Herzog. Am 19.12.1631 stirbt Grüninger, ehe die Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges auch Württemberg mit voller Härte treffen. Er hinterlässt eine Stiftung über 2000 Gulden, mit denen Studierende gefördert werden sollen. Nach Börner (1923, S. 220) soll Grüningers Bild noch lange in der Schlosskirche zu sehen gewesen sein. |
Die Bußpredigten des Erasmus Grüninger
Bild: Titelblatt zu Sündenzedell Und Tugendregister, Frankfurt am Main: Berner; Richter, 1614 |
Die Predigtsammlung Sündenzedel und Tugentregister von 1609 belegt eindrucksvoll die klare Haltung und scharfe Rhetorik Erasmus Grüningers als Hofprediger. Das bei Gebhard Grieb in Stuttgart gedruckte Werk versammelt 28 Predigten, die Grüninger in der Hofkapelle im Alten Schloß gehalten hat. Gewidmet ist das Werk Herzog Johann Friedrich von Württemberg und Teck und dessen Frau Sibylla. Er bezieht sich darin auf den Brief des Paulus an die Galater (Gal. 5, 16–26), in dem die Früchte des Geistes den Früchten des Fleisches gegenübergestellt werden. Erasmus beginnt mit dem „Sündenzedel“ und setzt bei einer paulinischen Formulierung an: „Offenbar seind die Werck des Fleisches“. Zunächst werden sexuelle Verfehlungen gegeißelt: „Ehebruch“, „Hurerey“ sowie „Unreinigkeit und Unzucht“ – unter „Unreinigkeit“ versteht Grüninger den Beischlaf vor der Ehe, mit „Unzucht“ meint er Inzest und Homosexualität. Es folgen Verfehlungen gegen Gott „Abgötterey“ und „Zauberey“. Dann kommen die auf den Mitmenschen bezogenen Laster: „“Feindschafft“, „Neyd und Hass“; einen Schwerpunkt bildet mangelnde Selbstkontrolle. Nacheinander behandelt Grüninger verschiedene Formen von Konflikten, die im Totschlag gipfeln. Zuletzt befasst sich Grüninger mit Lastern, die sich auf den Sündigen selbst richten: Hier geht es vor allem um Alkoholmissbrauch und Völlerei. Die Abschlusspredigt konzentriert sich auf die Formel „und dergleichen“. Mit der 18. Predigt ist der Wendepunkt erreicht und Grüninger beginnt ein „Tugentregister“, das bei der Liebe beginnt und bei der Keuschheit endet. |
Bibliographie
Werke Erasmus Grüningers
- Grüninger, Erasmus: Leuchpredigt, Bey der Begräbnus, Deß weilund Edlen und Hochgelehrten, Herrn Oßwald Gabelkhofers […]. Tübingen: Werlin, 1617
- Grüninger, Erasmus: Sündenzedell Und Tugendregister / Das ist: Acht unnd zwantzig Predigten / auß dem Fünfften Capitel der Epistel S. Paulian die Galater / von den Wercken deß Fleisches / und Früchten deß Geistes: Gehalten […]. Frankfurt am Main: Berner; Richter, 1614
- Grüninger, Erasmus: Eine Christliche Predigt, Bey der Fürstlichen Hochzeit Deß Durchleüchtigen Hochgebornen Fürsten und Herrn, Herrn Johann Friderichen, Hertzogen zu Würtemberg und Teck [...] Und [...] Frewlin Barbara. Stutgart: Grieb, 1609
- Grüninger, Erasmus: Sechs Christliche Leucht Predigten / Gehalten Uber dem seeligen Ableiben deß [...] Herrn Johann Friderichen / Hertzogen zu Würtemberg [...] Deren Fürstl: Gn. [... ] den 18. Julij 1628 [...] zu Stutgart [....]. Stuttgardt: Rößlin , 1628
- Grüninger, Erasmus; Weinmann, Erhard: Zwo Christliche Predigten Am Tag der Fürstlichen Leichbegängnuß, Weiland deß [...] Ludwig Friderichen, Hertzogen zu Würtemberg vnd Teck [...]: So den 26. Januarij Anno 1631. zu Montpelgart [...] entschlaffen, vnd [...] den 23. Martij, daselbsten [...] bestattet worden. Stuttgart: Rößlin, 1631
Quellen zu Erasmus Grüninger
- Nicolai, Melchior; Andreä, Johann Valentin: Duae orationes funebres de vita et obitu ... Erasmi Grüningeri. Tübingen: Werlin, 1631