Rechtliche Hinweise gemäß Schulgesetz für Baden-Württemberg (SchG)
Die Beteiligungsrechte und -pflichten der Eltern sind schulgesetzlich verbrieft: „Die Eltern haben das Recht und die Pflicht, an der schulischen Erziehung mitzuwirken“ (Schulgesetz für Baden-Württemberg, §55, Abs. 1).
Elternabende finden „mindestens einmal im Schulhalbjahr“ statt (§56, Abs. 5).
Ein Elternabend (eine „Klassenpflegschaft“) muss stattfinden, wenn „ein Viertel der Eltern, der Klassenlehrer, der Schulleiter oder der Elternbeiratsvorsitzende“ dies beantragt (ebd.).
Vorsitzender der Klassenpflegschaft ist der Klassenelternvertreter, sobald er gewählt ist; Stellvertreter ist jedoch der Klassenlehrer.
Bei Streit über Lernmittel kann sich die Elternvertretung an die Schulkonferenz werden.
Allgemeine Überlegungen
Keine Angst vor Eltern! Wenn Sie nicht gleich ein Klagelied über die prometheischen Leiden des Lehrstands anstimmen oder kein gutes Haar an Ihren Schülern lassen, haben Sie schon gewonnen! Versetzen Sie sich probehalber in die Rolle der Väter und Mütter, die vor Ihnen sitzen werden – und gehen Sie davon ruhig aus, dass die Eltern Ihnen zunächst einmal wohlwollend gegenüberstehen!
Bedenken Sie, dass die Eltern Ihrer Schüler unter Umständen schon jahrelange Erfahrung mit Elternabenden haben und mit vorgeformten Erwartungen zu Ihnen kommen – hilfreich ist es oft, wenn Sie die Erwartungen zugleich bedienen und mit ihnen brechen; ihr persönlicher Akzent und ein kreativer Impuls können Wunder bewirken (sofern Sie es nicht übertreiben und die Eltern den Klassentanz aufführen lassen).
Malen Sie sich bitte auch aus, in welcher Verfassung Sie wären, wenn Sie als Pendler nach acht Stunden Arbeit im Großraumbüro oder am Fließband nun auch noch zum Elternabend „müssen“!
Die Eltern kommen zum Elternabend Ihrer Kinder wegen (und ein wenig auch, um Sie kennenzulernen) – sie kommen sicher nicht wegen der Konjugation der französischen Verben oder wegen des Ortungssystems der Fledermaus. Sprechen Sie also vorrangig über Ihre Schüler und Ihre pädagogische Arbeit, nicht über Lehrplaninhalte!
Vermeiden Sie eine Personality-Show mit Familienbildern aus dem Dunstkreis ihres trauten Heims – überzeugen Sie lieber durch gute Arbeit und authentisches Auftreten!
Die allermeisten Eltern schätzen klare Worte, solange Ihre Wertschätzung für die Klasse deutlich wird – Süßholzraspeln wirkt unglaubwürdig. Seien Sie echt, realistisch und konstruktiv!
Typische Themen eines Elternabends
Von schulischer Seite (gem. §55 Schulgesetz BW)
Entwicklungsstand der Klasse (z.B. Leistung, Verhalten, besondere Probleme);
Besonderheiten der Stundentafel und differenziert angebotene Unterrichtsveranstaltungen (z.B. Fächerwahl, Kurse, Arbeitsgemeinschaften);
Kriterien und Verfahren zur Leistungsbeurteilung;
Grundsätze für Klassenarbeiten und Hausaufgaben sowie Versetzungsordnung und für Abschlussklassen Prüfungsordnung;
in der Klasse verwendete Lernmittel einschließlich Arbeitsmittel, insbesondere Lektüren und alle Materialien, die über 5 Euro kosten;
Schullandheimaufenthalte, Schulausflüge, Wandertage, Betriebsbesichtigungen u. ä. im Rahmen der beschlossenen Grundsätze der Gesamtlehrerkonferenz sowie sonstige Veranstaltungen für die Klasse;
Förderung der Schülermitverantwortung der Klasse,
Durchführung der Schülerbeförderung;
grundsätzliche Beschlüsse der Gesamtlehrerkonferenz, der Schulkonferenz, des Elternbeirats und des Schülerrats.
Von Elternseite
Probleme mit Fachlehrern (zu viel Hausaufgaben, zu harscher Umgangston, zu hohe Prüfungsanforderungen, nicht genug Übungsanlässe);
Zu schwere Rucksäcke oder Schulranzen;
Probleme auf dem Schulweg;
Verwendung von Smartphones und damit zusammenhängende Probleme;
Soziale und entwicklungsbedingte Probleme innerhalb der Klasse (Trotzverhalten, Mobbing, Drogen, Ritzen…);
Fragen der Lernmethodik und Vokabelarbeit;
Teilnahme an Förder- und Austauschprogrammen;
Unterstützungsmöglichkeiten und Grenzen der Unterstützung.
Organisieren eines Elternabends
Im Vorfeld
Nur beim ersten Elternabend der Eingangsklassen lädt der Klassenlehrer ein; er überträgt diese Aufgabe dann der Elternvertretung (die man gegebenenfalls daran erinnern muss, wenn die Zeit reif ist für den zweiten Elternabend).
Der erste Elternabend im Jahr sollte dem Klassenlehrer und den Hauptfachlehrern vorbehalten sein.
Verzichten Sie beim ersten Elternabend auf eine Kennenlernrunde – bieten Sie dazu lieber ein zwangloses Treffen auf dem Klassenfest oder einem kleinen Ausflug an; angesichts der Fülle der Pflichten auf dem (und wegen der Tatsache, dass sich auch in neu zusammengesetzten Klasse viele Eltern bereits kennen), sprengen lange Kennenlernrunden den Rahmen eines ersten Elternabends.
Zum zweiten Elternabend sollten auch max. drei Nebenfachlehrer eingeladen werden, sofern die Elternschaft das wünscht. Es ist Ihre kollegiale Pflicht, Nebenfachlehrern zweiminütige Auftritte zu ersparen, wenn die Betroffenen dafür eine halbe Stunde Anfahrt in Kauf nehmen müssten.
Ein Elternabend dauert in der Regel 60-90 Minuten, je nach Gruppendynamik, Programm und Entschlussfreude der Eltern. Es ist hilfreich, wenn man im Vorfeld festlegt, bis wann der Elternabend dauern sollte – und dann das nötige Moderationsgeschick aufbringt, die Zeitvorgaben im Blick zu behalten.
Planen Sie auch eine zehnminütige Pause ein!
Falls Ihr Elternabend nicht zentral geplant wird: Ungeeignet für die Terminfestsetzung sind Freitagabende, Länderspielabende (WM-Finale) und der Vorabend eines Feiertags.
Basteln Sie Namensschilder oder bitten Sie die Eltern, selbst welche anzufertigen. Dazu brauchen Sie einen Satz standfester Kartons und Plakatschreiber; die Namensschilder sollten mit dem Namen des Kindes (und ggf. abweichenden Familiennamen der Eltern) beschriftet sein.
Übertreiben Sie es nicht mit kulinarischen Angeboten, aber halten Sie evtl. Getränke und eine Getränkekasse bereit; auch einige Reservestifte und Blätter zum Mitschreiben sollten Sie in petto haben (daran kann beim zweiten Elternabend auch die Elternvertretung denken).
Von der jeweiligen Elterngruppe hängt es an, ob Sie den Elternabend interaktiv gestalten (mit Unterrichtsproben, Liedern und Ritualen der Klasse etc.). Auflockernde Elemente sollten aber behutsam eingeführt werden.
Wenn Sie Schüler einladen wollen, sprechen Sie unbedingt mit der Elternvertretung – manche Eltern möchten problematische Situationen lieber zunächst auf der Erwachsenenebene besprechen. Im Übrigen können die Eltern Schüler auch selbst einladen!
Was die Vorbereitung des Klassenzimmers angeht, gibt es zwei abweichende Standpunkte: Manche Kollegen wollen den Eltern ein möglichst authentisches Bild des Klassengeschehens bieten (inklusive lebensechter Phalloi auf Schülertischen und dem Unrat der vorhergehenden Relistunde); andere wollen lieber den bestmöglichen Eindruck machen und unterrichten schon drei Doppelstunden vorher „für die Wand“. Es ist in jedem Fall ratsam, den Raum rechtzeitig (je nach Anspruchsniveau) herzurichten!
Weitere Elternabende können zu spezifischen Themen angeboten werden: Pubertät, Medien, Gewalt…!
Teilen Sie den Eltern schon im Vorfeld alles schriftlich mit, was man gefahrlos schriftlich kommunizieren kann (Übersicht über die Notenkonferenz, Materialienbeschaffung); andere wichtige Informationen können Sie auf einem Handout zusammenfassen.
Sprechen Sie sich mit den Elternvertretern ab, wenn es sich nicht um eine Eingangsklasse handelt. Klären Sie, welche Themen angesprochen werden sollen.
Falls Sie das typische Programm der Elternabende an Ihrer Schule nicht kennen, fragen Sie beim Schulleiter nach! Manche Schulleiter machen gerade in Eingangsklassen einen kurzen Rundgang, um sich vorzustellen.
Rechnen Sie vor allem zu Schuljahresbeginn mit Kollegen, die für AGs und Projekte werben – es wäre natürlich besser, wenn Sie vorher Bescheid wüssten, aber das ist nicht immer vorauszusetzen.
Pflegen Sie insgesamt ein offenes, konstruktives Verhältnis zu den Elternvertretern. Gehen Sie auch selbst auf die Elternvertreter zu.
Sprechen Sie mit den eingeladenen Lehrkräften – informieren Sie ihre Kollegen, falls Ihnen im Vorfeld Gesprächsanlässe zugetragen wurden. Schlagen Sie eine Präsentationsdauer vor und geben Sie an, was Sie (und die Eltern) von der jeweiligen Lehrkraft brauchen.
Wenn Sie vereinzelte Eltern bereits kennen (unter Umständen sogar aus Ihrem privaten Umfeld), verzichten Sie darauf, den betreffenden Eltern eine Sonderstellung zuzusprechen.
Während des Elternabends
Gastgeber ist im Grunde der Schulleiter, Sie aber sind für die Moderation verantwortlich. Seien Sie nicht zu zaghaft! Lassen Sie sich nicht hetzen, achten Sie auf eine gleichmäßige Verteilung der Redebeiträge und dringen Sie höflich auf die Einhaltung der Zeitvorgaben.
Kritisieren Sie NIEMALS Ihre Klasse – zeigen Sie, wie Sie bestehende Probleme gemeinsam mit den Eltern lösen!
Auch Konfrontationen mit Eltern sollten Sie vermeiden; laden Sie zum persönlichen Gespräch ein und bleiben Sie professionell!
Seien Sie inklusiv und bemühen Sie sich um eine einfache, klare Sprache ohne pädadogischen Slang oder komplizierte Fachbegriffe! Denken Sie insbesondere an Eltern, die Deutsch als Fremdsprache sprechen oder an Eltern ohne akademische Vorbildung! Versuchen Sie, den Doktor der Philosophie und dem angelernten Hilfsarbeiter gleichermaßen gerecht zu werden!
Greifen Sie als Klassenlehrer ein, wenn Eltern den Klassenpflegschaftsabend zum Standgericht für Ihre Kollegen machen! Nehmen Sie das Anliegen ernst, verweisen Sie aber auf die Möglichkeit eines separaten Gesprächs und leiten Sie zum nächsten Tagesordnungspunkt über!
Unterbrechen Sie Diskussionen über Separatanliegen einzelner Eltern und verweisen sie auf Informationsmittel!
Auch Grundsatzdiskussionen sollte man vertagen – ein Dauerbrenner elterlicher Erregung ist die beispielsweise Frage, wie die ideale Medienerziehung aussieht. Absprachen dazu sollte man gut planen und separat durchführen!
Verhindern Sie, dass über Abwesende gesprochen wird – auch über einzelne Schüler sollte nicht verhandelt werden.
Verraten Sie nicht unabsichtlich Interna! Sie haben das Recht, bestimmte Fragen an die Schulleitung oder die Abteilungsleitung weiterzugeben!
Zum Ablauf eines ersten Elternabends (Vorschlag)
Schuljahresanfang: Die Schulleitung gibt der Schulöffentlichkeit das Zeitfenster für die Klassenpflegschaft bekannt. Falls es zu Änderungen kommen sollte: Rücksprache mit der Schulleitung, den Stundenplanern und ggf. dem Hausmeister!
Vier Wochen vorher: Falls die Elternvertretung schon im Vorjahr bestimmt wurde: Rücksprache wegen möglicher Themen.
Drei Wochen vorher: Der Klassenlehrer lädt Eltern und Kollegen zum Elternabend ein! Falls sinnvoll: Evaluation des Unterrichtsgeschehens durch die Schüler, Rücksprachen mit den Kollegen!
Eine Woche vorher: Die Eltern bestätigen ihre Teilnahme.
19:15: Der Klassenlehrer ist bereits anwesend und stellt sich den allmählich eintreffenden Eltern persönlich vor;
19:30: Begrüßung durch den Klassenlehrer, der sich bei dieser Gelegenheit kurz einführt. Der stellvertretende Klassenlehrer übernimmt das Protokoll; beim zweiten Elternabend übernimmt diese Aufgabe die Elternvertretung;
19:35: Eindruck von der Klasse (immer wertschätzend formulieren), vielleicht mit Bild oder Werkproben garnieren;
19:40: Agenda des Elternabends; Herumgeben einer E-Mail-Liste und der Klassenliste (zum Abhaken und zur Kontrolle); weitere Formalitäten (z. B. Schulversicherung);
19:45: Pause.
19:55: Vorstellung der Hauptfachlehrer (die danach entlassen werden);
20:10: Vorstellung des eigenen Fachs; pädagogische Ziele mit der Klasse;
20:15: Besonderheiten des Jahrgangs und Vorhaben mit der Klasse,
20:20: Elternfragen;
20:30: Wahl der Elternvertretung (falls nötig durch Wahl, oft durch Akklamation);
20:45: Vermischtes; beim zweiten Elternabend folgt hier oft ein Bericht der Elternvertretung aus den Gremien der Elternschaft;
20:55: Verabschiedung; Bitte um Mithilfe beim Herrichten des Raums für die kommenden Unterrichtsstunden.
Nach dem Elternabend
Falls nicht Ihr Stellvertreter oder die Elternvertretung diese Pflicht übernimmt: Fertigen Sie eine Reinschrift des Protokolls und lassen Sie es der zuständigen Stelle zukommen (Sekretariat, Abteilungsleitung, Schulleitung).
Denken Sie auch daran, das Protokoll und die E-Mail-Liste an die Elternvertretung weiterzuleiten!
Recherchieren Sie Antworten auf die offenen Fragen der Eltern.
Informieren Sie die Schulleitung kurz über Probleme, falls es welche gab.
Reflektieren Sie auch selbst, was Ihnen gelungen ist und woran Sie noch arbeiten müssen.
Überlegen Sie sich, welche Inhalte Sie in welcher Form an die Schüler weitergeben!